Hören ist das neue Sehen
Podcasts liegen im Trend – Neue Titel bei Spotify, Audible und Co.
BERLIN (dpa) - Das Format Podcast – eine Art Radioshow, die zum Beispiel über Smartphones gehört werden kann – wird von Jahr zu Jahr beliebter. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung zusätzlich befeuert. Podcast-Anbieter reagieren darauf.
So baut der MusikstreamingMarktführer Spotify seine PodcastOffensive mit zwölf neuen Titeln in deutscher Sprache aus. Darunter ist zum ersten Mal ein tägliches Nachrichtenformat: „FOMO – Was hab ich heute verpasst?“fasst um 17 Uhr wichtige Ereignisse in fünf Minuten zusammen. Der Podcast soll „eine jüngere Zielgruppe mit täglichen News versorgen“, sagt Spotify-Managerin Saruul Krause-Jentsch.
Gemeinsam mit der „Süddeutschen Zeitung“produziert Spotify den täglichen Podcast „An diesem Tag“, der ein Jahrzehnt zurückblickt. Tommi Schmitt vom populären Podcast „Gemischtes Hack“bringt ein Parodie-Format heraus. „Podcasts – Der Podcast“nimmt die deutschsprachige Konkurrenz auf die Schippe. Unter den Neuzugängen sind auch drei Wissens-Podcasts, unter anderem „Allgemein Gebildet“mit Cartoonist Ralph Ruthe. „Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung, die Podcasts in Deutschland nehmen“, sagt Krause-Jentsch.
International kündigte Spotify jetzt unter anderem eine Kooperation mit dem Comicbuch-Verlag DC an, den Anfang soll ein Batman-Podcast machen. Außerdem haben der frühere US-Präsident Barack Obama und der Musiker Bruce Springsteen bei Spotify einen gemeinsamen Podcast gestartet. Acht Folgen lang unterhalten sich die beiden unter anderem über „Vaterschaft, Ehe und die Zukunft Amerikas“, hieß es beim Anbieter. In dem Podcast namens „Renegades: Born in the USA“diskutierten die Freunde über ihre Herkunft, Vorbilder und Männlichkeit, diskutieren den schmerzhaft gespaltenen derzeitigen Zustand des Landes – und bieten eine Vision dafür an, wie alle zusammen weitermachen können.
Gründer und Chef Daniel Ek will die führende Position beim Musikstreaming nutzen, um Spotify zur Nummer 1 bei Audioinhalten aller Art zu machen. Dafür investiert er auch massiv in Podcasts. Bisher sind selbst die exklusiv bei Spotify verfügbaren Titel kostenlos. Sie sind aber eine weitere Plattform für Werbung zusätzlich zur Gratisversion des Musikangebots. Das Kalkül dabei ist auch, dass mit der PodcastNutzung mehr Leute ein Musik-Abo abschließen. Nach jüngsten Angaben greift rund ein Viertel der weltweit 345 Millionen Nutzer bei Spotify auch auf Podcasts zu.
Doch nicht nur bei Spotify sind persönliche Podcasts ein Trend geworden. Seit dem 25. Februar gibt es bei der Audio-Plattform Audible ein neues Format: Die 72-jährige Moderatorin Christine Westermann und der Schauspieler Edin Hasanovic, 28 Jahre alt, starten gemeinsam einen Podcast zwischen den Generationen. In „Jung und Jünger“geht es um persönliche Erfahrungen und das Leben. Jede Folge hat ein anderes Thema.
Auch Fernsehkoch Tim Mälzer hat einen eigenen Podcast. Vor fast zwei Jahren nahm der 50-Jährige gemeinsam mit Moderator Sebastian Merget den Podcast zum ersten Mal auf. Nun feiert „Fiete Gastro“die 50. Folge. Das Konzept der Sendung ist einfach: Tim Mälzer hat zu Beginn der Aufnahme keine Ahnung, welcher Gast ihn erwartet. In der Regel verbindet ihn etwas mit dem- oder derjenigen – Freundschaft, Leidenschaft für die gleiche Sache oder das gleiche Fachgebiet. So waren unter anderem schon Choreograf und Freund Jorge González, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, viele bekannte Köche, Designer Thomas Hayo, Musiker Moses Pelham und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher mit Mälzer und Merget im Studio. Und dort wird dann fachgesimpelt und geplaudert. Mälzer lässt sein Herz sprechen und seine Gedanken zu Worten werden. Das ist nicht immer jugendfrei, aber immer 100 Prozent Mälzer. Merget moderiert und stoppt Mälzer bei zu wildem „Verbaldurchfall“hier und da auch mal. Gesendet werden zwei Folgen pro Monat.
Moderator und Notfallsanitäter Tobi Schlegl will mit seinem neuen Podcast Kurioses, Extremes, Schwieriges und Überlebenswichtiges aus dem Rettungsdienst an die Hörer bringen. Mit dem Podcast „2Retter1Mikro“holt sich der Journalist Kolleginnen und Kollegen vors Mikro und spricht mit ihnen über den Berufsalltag und ihre Sorgen und Nöte im Job. „Das ist in der Form etwas Neues. Dass darüber Gespräche auf
Augenhöhe geführt werden und man so in die verschlossene Welt wirklich eintauchen kann“, sagt Schlegl. Dass es Gesprächsbedarf gibt und Rettungsdienst und Pflege unbedingt eine Plattform brauchen, sei ihm beim Schreiben seines ersten Romans „Schockraum“klar geworden.
In dem alle zwei Wochen erscheinenden Podcast soll es um viele Seiten des Berufsalltags der Sanitäter und Pfleger gehen. „Wir reden auch darüber, was gesellschaftlich und politisch verbessert und verändert werden muss. Vor allem über die enorme Personalnot im Rettungsdienst wird gar nichts kommuniziert.“Da müsse sich massiv etwas ändern, sonst sei die Notfallversorgung künftig gefährdet. Deshalb soll der Podcast auch leicht und locker sein: „Wir wollen Bock machen auf den Job. Denn wir brauchen dringend gutes und neues Personal. Die Arbeitsbedingungen sind tough und hart, aber der Beruf an sich ist total toll.“Zudem setzt Schlegl mit dem Podcast einen Herzenswunsch um: Menschen sollen den Mut bekommen, Erste Hilfe leisten zu können. Die Folgen sind auf allen Podcast-Plattformen kostenlos abrufbar.