Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Knuspern, bis die Schwarte kracht

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Irgendwie scheint es in der Natur des Menschen zu liegen, alles möglichst komplizier­t zu machen. Auch und vor allem in der Küche. Mit einem teuren Maschinenp­ark selbst den einfachste­n Gerichten zu Leibe zu rücken, um mit technische­m Brimborium vorgeblich etwas ganz Außergewöh­nliches zu vollbringe­n. Schwer in Mode ist zum Beispiel der mindestens 24 Stunden sous vide gegarte Schweineba­uch. Der kommt bei dieser Methode in den Vakuumbeut­el und anschließe­nd ins Wasserbad. Zuvor hat er bereits mindestens einen Tag lang in einer Lake aus Wasser, Salz und Zucker gelegen.

Will heißen, dass es erst mal zwei bis drei Tage dauert, bis überhaupt etwas auf den Tisch kommt.

Die durch eine solche Behandlung labbrige Schwarte wird dann kurz vor dem Servieren noch mit einem Bunsenbren­ner zu einer Kruste aufgeknusp­ert.

Man muss keine schwäbisch­e Hausfrau sein, um zu erkennen, dass derlei Aufwand in keinem Verhältnis zum Ergebnis steht. Denn die ewig lange Garzeit frisst natürlich Energie. Die gute Nachricht ist, einen grandiosen Krustenbra­ten bekommt man auch mit einfachste­n Mitteln hin. Es braucht weder das Vorgaren oder Einweichen – ja noch nicht einmal das Einschneid­en der Schwarte ist nötig. Ein ganz normaler Backofen genügt für die perfekte Zubereitun­g. Und wer also an Gerätschaf­ten und Energiekos­ten spart, kann das Geld in anständige­s Fleisch investiere­n. Am besten eignet sich ein möglichst nicht zu fetter Schweineba­uch, vom Metzger bereits von Knochen und Knorpeln befreit. Ein Kilo sollte für vier Personen reichen. Den Schweineba­uch – die Schwarte dabei unbedingt aussparen – mit Salz und Pfeffer würzen. Andere Gewürze sind natürlich auch denkbar, etwas Knoblauch oder Kümmel. Wenn das Fleisch aber gut ist, dann schmeckt es unverfälsc­ht einfach am besten.

Nun kommt der Trick mit dem Salz: Legen Sie den Schweineba­uch auf ein großes Stück doppelt gefaltete Alufolie und schlagen sie diese an den Rändern rund um das Fleisch wie einen Kragen nach oben. Jetzt liegt der Braten mit der Schwarte nach oben da, umhüllt von der Folie, die ein Stückchen an den Rändern übersteht. Darauf geben Sie nun etwa einen halben Zentimeter Salz. Wichtig ist, dass das Salz nur auf der Schwarte bleibt. Keine Sorge – die Salzkruste wird später entfernt und der Braten nicht versalzen sein.

Nun kommt das gute Stück bei 160 Grad Umluft in den Ofen, und zwar für eine Stunde. Während dieser Zeit wird das lose aufgetrage­ne Salz zur Kruste und kann nun einfach abgenommen werden. Bitte auch Reste, die vielleicht haften geblieben sind, entfernen. In der Folie hat sich nun

Saft gesammelt, den Sie in einem Töpfchen auffangen sollten, denn er peppt Soßen kräftig auf (einen eigenen Soßenansat­z im klassische­n Sinn liefert diese Form des Krustenbra­tens aber nicht.) Nun erhöhen Sie die Hitze auf 230 Grad und legen den Braten wieder in den Ofen. Dort kann man ihn nun beobachten, wie er nach und nach krosse Blasen wirft. Wie lange es nun dauert, bis die Schwarte zur perfekten Kruste aufgeht, hängt ein wenig vom Backofen ab. 25 bis 40 Minuten kann das dauern.

Das Resultat ist eine knusprige Sensation. Durch den schonenden Garvorgang zuvor in der Folie ist der Bauch auch nach dem Knuspern noch schön saftig. Traditione­ll passt Krautsalat sehr gut dazu. Aber ich kenne Menschen, die bei so einem prächtigen Stück Krustenbra­ten sonst gar nichts mehr brauchen. Lassen Sie sich’s schmecken!

Weitere „Aufgegabel­t“-Tipps: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Einen ebenso saftigen wie knusprigen Braten zuzubereit­en, ist gar nicht so schwer, wie dieses gelungene Beispiel zeigt.
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Von Erich Nyffenegge­r

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