Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Über Bohrlöcher in der Mietwohnun­g

Beim Einrichten wird oft der Bohrer angesetzt – Beim Auszug sorgen die Löcher für Streit

- Von Katja Fischer

● er zum Bohrer greift, sollte vorher genau überlegen, ob dieses Loch in der Wand wirklich notwendig ist. Denn es könnte sein, dass alle Dübellöche­r beim Auszug aus der Mietwohnun­g wieder verschloss­en werden müssen. Das gilt unter Umständen selbst dann, wenn der Mietvertra­g nicht explizit zur Ausführung von Schönheits­reparature­n verpflicht­et.

WMüssen Mieter beim Auszug alle ●

Bohrlöcher schließen?

„Grundsätzl­ich hat der Mieter eine Dekoration­sfreiheit für seine Wohnung“, stellt Rechtsanwä­ltin Beate Heilmann von der Arbeitsgem­einschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltvere­in in Berlin klar. „Zum vertragsge­mäßen Gebrauch gehört es auch, Dinge an der Wand zu befestigen. Für daraus entstehend­e Schäden und Abnutzunge­n muss der Mieter nicht einstehen. Er braucht die Dübellöche­r nicht zu schließen, wenn er auszieht.“

In gewissem Umfang gehören Dübellöche­r also zum vertragsge­mäßen Gebrauch und lösen keinen Schadenser­satzanspru­ch des Vermieters aus. Der Deutsche Mieterbund weist auf eine Entscheidu­ng des Bundesgeri­chtshofs hin. Demnach ist eine Regelung im Mietvertra­g, wonach der Mieter bei Beendigung des Mietverhäl­tnisses verpflicht­et ist, Dübeleinsä­tze zu entfernen, Löcher ordnungsge­mäß und unkenntlic­h zu verschließ­en und durchbohrt­e Kacheln zu ersetzen, unwirksam.

Das Landgerich­t Wuppertal entschied allerdings in einem aktuellen Urteil, dass Mieter immer zur Beseitigun­g von Dübel- oder Bohrlöcher­n verpflicht­et seien. Denn Bohrlöcher seien grundsätzl­ich eine Substanzve­rletzung der Wohnung. Mieter seien bei Beendigung des Mietverhäl­tnisses verpflicht­et, die Wohnung in einen Zustand zu versetzen, der dem Vermieter eine normale Renovierun­g ermöglicht. „Das ist allerdings ein einzelnes Urteil, das keine allgemeine Gültigkeit hat“, sagt Beate Heilmann. „Mieter und Vermieter müssen sich nicht generell daran halten. Es gilt das normale Mietrecht.“

Was gilt, wenn der Mieter zu

Schönheits­reparature­n verpflicht­et ist?

Sind Mieter beim Auszug verpflicht­et, Schönheits­reparature­n in der Wohnung auszuführe­n, gehört dazu auch das Beseitigen der Dübellöche­r, so der Deutsche Mieterbund. Das hat auch praktische Gründe, meint Siegmund Chychla, Geschäftsf­ührer des Mietervere­ins zu Hamburg.

„Wenn der Mieter zu Schönheits­reparature­n verpflicht­et ist, muss er in der Regel die Wände streichen oder tapezieren“, sagt er. „Werden vorher die Bohrlöcher nicht fachgerech­t verschloss­en, kann ein frischer Anstrich die Unebenheit­en der Wand oder der Tapete nicht beseitigen. Das ist dann keine ordnungsge­mäße Schönheits­reparatur.“

Wie viele Bohrlöcher muss ein ●

Vermieter dulden?

Dafür gibt es keine einheitlic­he Zahl. Die Auffassung­en der Gerichte, wie viele Bohrlöcher noch zum vertragsge­mäßen Gebrauch der Wohnung zählen, gehen weit auseinande­r. „Es gilt der Grundsatz: So viel wie nötig und so wenig wie möglich“, sagt Siegmund Chychla.

Wer seine Wände aber durchlöche­rt wie einen Schweizer Käse, muss mit Schadeners­atzforderu­ngen rechnen. „Dann ist die Grenze zum atypischen Gebrauch der Wohnung überschrit­ten und sie wurde beschädigt“, sagt Beate Heilmann.

In welcher Qualität sind

Bohrlöcher zu verschließ­en?

„Sie müssen unsichtbar sein“, sagt Siegmund Chychla. Die Löcher einfach mit Silikon zu verschließ­en, ist keine gute Idee. Denn Silikon ist wasserabwe­isend, sodass man die Stellen sieht, wenn Farbe oder Tapete aufgetrage­n wird.

Geeignet sind dagegen Gips oder andere Spachtelma­ssen. „Aber Vorsicht“, warnt Chychla. „Sie ziehen sich beim Trocknen zusammen und müssen deshalb notfalls mehrmals aufgetrage­n werden, um eine glatte Oberfläche zu bekommen.“

Was muss man beim Anbohren

● von Fliesen beachten?

Beim Arbeiten an Fliesen in Bad oder Küche sollten Mieter besonders vorsichtig sein und möglichst in eine Fuge statt mitten in die Keramik bohren. „Aber wenn es nicht anders geht, kann natürlich auch in die Fliese gebohrt werden, um Zahnputzbe­cher, Hängeschrä­nke oder Spiegel zu befestigen“, sagt Julia Wagner. „Diese Löcher sind sinnvoll und der Vermieter muss sie hinnehmen.“

Anders als Bohrlöcher in den Wänden müssen Mieter Löcher in Fliesen nicht schließen, wenn sie ausziehen. Übersteigt die Anzahl der beschädigt­en Fliesen allerdings ein normales Maß über Gebühr, kann es auch hier sein, dass der Mieter Fliesen ausbessern muss. Ist das nicht möglich, muss er sogar einzelne Fliesen austausche­n. „Das sind aber immer Einzelfall­entscheidu­ngen“, sagt Wagner. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Regale und Halterunge­n dürfen angebracht werden. Dafür dürfen Mieter auch Löcher bohren.

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