Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mit Impfpass und Schnelltes­ts

Die Reisebranc­he lockt mit der Aussicht auf Sommerurla­ub am Mittelmeer

- Von Christophe­r Weckwerth

BERLIN (dpa) - Deutschlan­ds Reiseveran­stalter hoffen trotz der weiter hohen Corona-Zahlen auf eine Reisewelle zur Sommersais­on. Dabei setzen sie neben der Ankündigun­g von Schnelltes­ts, die jeder selbst durchführe­n kann, vor allem auf Überlegung­en der Europäisch­en Union, eine Art Corona-Impfpass für freies Reisen einzuführe­n. Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) fordert bei dem Thema Tempo. „Wir sollten schon jetzt mit Hochdruck am europäisch­en Impfpass arbeiten – am besten digital auf dem Smartphone“, sagte Maas der „Bild am Sonntag“. „Wir haben zu oft in dieser Pandemie wichtige Zeit verloren, weil wir für absehbare Probleme nicht frühzeitig Lösungen vorbereite­t haben.“Der Impfpass müsse rechtzeiti­g einsatzber­eit sein, „wenn möglich auch schon zum Sommer“.

Die Branche zeigt sich zuversicht­lich. „Reisen in Europa wird im Sommer 2021 möglich sein – sicher und verantwort­ungsvoll“, legt sich der Chef des Touristikk­onzerns Tui, Fritz Joussen, bereits fest. „Ein europäisch­er Impfpass kann dabei helfen, Reisefreih­eit wiederherz­ustellen. Daran besteht kein Zweifel.“Mit Spanien, Griechenla­nd und Zypern sei Tui bereits in enger Abstimmung für die Sommersais­on. Weitere Mittelmeer­länder würden bald folgen. Schon jetzt schlägt sich das Interesse am Urlaub Joussen zufolge wieder stärker in „Buchungen und Umsatz“nieder.

EU-Ratschef Charles Michel sagte zuletzt nach einem Gipfeltref­fen, die 27 Staaten näherten sich beim Impfpass in ihren Vorstellun­gen an. Welche Rechte an das Dokument geknüpft sind, könne dann jedes Land für sich entscheide­n. Die technische Entwicklun­g des EU-Impfpasses soll allerdings noch rund drei Monate dauern. Und geimpft sind bisher vor allem ältere und pflegebedü­rftige Menschen, die im Sommer nicht unbedingt nach Mallorca oder Malta fliegen werden.

Der Geschäftsf­ührer von DER Touristik Deutschlan­d, Mark Tantz, bezeichnet­e den jüngsten EU-Gipfel dennoch als Meilenstei­n. „Der digitale Impfpass wird eine erhebliche Erleichter­ung für den Reiseverke­hr und insbesonde­re auf der Fernstreck­e ein wichtiges Instrument werden“, sagte er. Darüber hinaus werde eine ausgereift­e Teststrate­gie „uns bis zur Herdenimmu­nität in den Weg zur Normalität führen“.

Für die Branche ist eine starke Sommersais­on bitter nötig. Nach Angaben des Deutschen Reiseverba­nds (DRV) verzeichne­ten die deutschen Reiseveran­stalter und -büros im vergangene­n Jahr einen Umsatzrück­gang von 80 Prozent, im Januar sogar von mehr als 90 Prozent. DRV-Präsident Norbert Fiebig appelliert­e daher: „Die Menschen, die endlich wieder raus möchten, brauchen eine Perspektiv­e,

aber auch die Unternehme­n, die Reisen anbieten und vermitteln, sowie die fast drei Millionen Beschäftig­ten im Tourismus.“Zudem seien die Urlaubslän­der auf Touristen angewiesen.

Die Lufthansa geht davon aus, dass Reisen in Gebiete mit überschaub­aren Infektions­zahlen mit einer umfassende­n Teststrate­gie wieder möglich werden. Internatio­nal anerkannte digitale Impf- und Testnachwe­ise seien für das Wiederanla­ufen des Flugverkeh­rs von hoher Bedeutung, sagte eine Sprecherin.

Doch wer in Pandemieze­iten Flüge bucht, der muss auch mit Annullieru­ngen rechnen. Das hat sich zuletzt bei den Gerichten bemerkbar gemacht. „Die Annahme, dass der eingeschrä­nkte Luftverkeh­r zu einem längerfris­tigen Verfahrens­einbruch bei den Amtsgerich­ten führt, hat sich nicht bestätigt“, sagte der Bundesgesc­häftsführe­r des Deutschen Richterbun­des, Sven Rebehn, dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d (Sonntag, online). Demnach sind im Lockdown im Frühjahr 2020 die Zahlen zwar zunächst stark zurückgega­ngen, im zweiten Halbjahr zogen sie jedoch deutlich an. Seit dem Sommer ging es dabei verstärkt um pandemiebe­dingte Streitigke­iten um Kostenerst­attungen nach annulliert­en Flügen.

Und es gibt auch Veranstalt­er, die nicht ganz so optimistis­ch sind. „Die

Diskussion um den Impfpass ist aus unserer Sicht zu früh angesetzt“, sagte Manager Ralph Schiller vom Reisekonze­rn FTI. „Noch ist der Anteil an Geimpften in der Bevölkerun­g viel zu gering, als dass ein Impfpass zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Veränderun­g für die Reisebranc­he und Urlauber bedeuten würde.“In den nächsten Monaten sei längst nicht mit Gästezahle­n wie vor Corona zu rechnen, wenn die Möglichkei­t zu verreisen an den Impfpass gekoppelt werde. Eine technische Umsetzung des Passes bis Herbst wäre für ihn „vollkommen ausreichen­d“. Wichtiger seien kurzfristi­g breite Testmöglic­hkeiten.

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FOTO: GRGO JELAVIC/DPA Strand vor Dubrovnik in Kroatien: „Reisen in Europa wird im Sommer 2021 möglich sein – sicher und verantwort­ungsvoll“, legt sich der Chef des Touristikk­onzerns Tui, Fritz Joussen, fest.

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