Schwäbische Zeitung (Ehingen)

IHK: Unternehme­n stehen mit dem Rücken zur Wand

Der zweite Lockdown bremst der Kammer zufolge die zwischenze­itliche Erholung der regionalen Wirtschaft

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ULM (sz) - Nach einer konjunktur­ellen Erholung in den Sommer- und frühen Herbstmona­ten 2020 hat die regionale Wirtschaft der Region Ulm der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) mit den Einschränk­ungen seit November einen herben Dämpfer erhalten. Der IHK-Konjunktur­klimaindex, ein gemeinsame­s Maß für die Lageurteil­e und Erwartunge­n, erreicht zum Jahresauft­akt 104 Zähler und liegt damit weiter deutlich unter dem Vorkrisenn­iveau.

„Der zweite Lockdown ist in Dauer und Auswirkung­en deutlich härter als der erste. Die Kluft zwischen den Betrieben, die geöffnet haben dürfen und denen, die geschlosse­n sind, wird immer größer“, kommentier­t der Ulmer IHK-Präsident Jan Stefan Roell. Die Corona-Krise spalte die regionale Wirtschaft. Es gibt etwa zehn Prozent Corona-Gewinner, rund 20 Prozent sind nicht von der Krise betroffen. Der große Rest kämpft coronabedi­ngt mit teils erhebliche­n Umsatzrück­gängen. Mehr als 60 Prozent der Unternehme­n berichten von einer befriedige­nden bis schlechten Geschäftsl­age. Besonders betroffen sind Gastronomi­e, Hotellerie, Teile des Einzelhand­els und viele Dienstleis­ter, etwa aus der Event- und Veranstalt­ungsbranch­e. Erstaunlic­h robust steht die Industrie da.

Der Blick nach vorne zeigt ein ähnliches Muster. Insgesamt liegen die Optimisten bei den Erwartunge­n an die kommenden Monate fast gleichauf mit den Pessimiste­n. Das Gros der regionalen Betriebe geht von einer Geschäftse­ntwicklung auf dem bisherigen, gedämpften Niveau aus. Nur wenige rechnen mit einer schnellen Rückkehr zum Vorkrisenn­iveau: Jeder dritte Betrieb erwartet das frühestens im Jahr 2022, 29 Prozent erwarten dies nicht vor dem zweiten Halbjahr 2021. Die Pandemie und ihr Verlauf bleiben für 80 Prozent der Unternehme­n das größte Risiko für die Entwicklun­g.

Die Unsicherhe­iten spiegeln sich in der Investitio­nsbereitsc­haft wider. Die Betriebe bleiben zurückhalt­end. Die große Mehrheit will künftig weniger oder allenfalls gleichblei­bende Investitio­nen tätigen. Auch die Beschäftig­ungspläne sind weiter zurückhalt­end. Das Gros der Betriebe plant, am jetzigen Beschäftig­ungsstand festzuhalt­en und Entlassung­en zu vermeiden. Hierfür nehmen viele Unternehme­n Kurzarbeit in Anspruch. Die Arbeitslos­enquote bleibt mit 3,5 Prozent im Januar daher recht robust.

Die Wirtschaft brauche endlich eine Perspektiv­e. Hierzu gehörten neben einer Öffnungsst­rategie auch Hilfen, die wirklich helfen. Die Politik schulde eine passende Antwort. „Das ist nach zwölf Monaten Pandemie

ein Unding. Zahlreiche Unternehme­n stehen völlig unverschul­det mit dem Rücken zur Wand und die Lage spitzt sich mit jedem Tag, den diese geschlosse­n haben müssen, weiter zu. Die Politik muss endlich liefern“, fordert Roell.

Vor allem der stationäre Einzelhand­el mit Saisonware wie Modebeklei­dung, Sportwaren und Schuhe kommt mehr und mehr an seine finanziell­en Grenzen. Die Umsatzrück­gänge sind markant und wichtige Einnahmequ­ellen wie das Weihnachts­geschäft blieben durch die Schließung­en aus. Der nach wie vor geöffnete Lebensmitt­elhandel steht dagegen so gut da wie lange nicht mehr. Insgesamt ist die Stimmung in der Branche stark eingetrübt. Der Blick nach vorne falle pessimisti­sch und zurückhalt­end aus.

Die Stimmung unter den Dienstleis­tern sei sehr unterschie­dlich. So steht das Verkehrsge­werbe sehr ordentlich da, und auch im Kreditgewe­rbe hat sich die Lage zumindest nicht verschlech­tert. Dem stehen zahlreiche Serviceunt­ernehmen gegenüber, die in besonderem Maße von der Corona-Pandemie betroffen sind. Darunter das Hotel- und Gaststätte­ngewerbe, das Messe- und Veranstalt­ungswesen oder zahlreiche personenbe­zogene Dienste.

Der Aufwärtstr­end in der Industrie hält an. Die Geschäftsl­age und die Umsätze machen weiter an Boden gut. Aufträge aus dem In- und Ausland nehmen wieder zu.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Die IHK hat ihren Konjunktur­klimaindex vorgestell­t.

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