Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der lange Weg zum schnellen Impfen

Helfen sollen größere Liefermeng­en, die Einbeziehu­ng des dichten Netzes der Praxen und Änderungen der Impfverord­nung

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BERLIN (dpa) - In die schleppend­en Corona-Impfungen soll mehr Schub kommen. Den Durchbruch bringen sollen größere Liefermeng­en, die Einbeziehu­ng des dichten Netzes der Praxen und Änderungen der Impfverord­nung. Bei den Hausärzten soll es spätestens in der Woche vom 19. April losgehen. Ein Überblick:

Wer gibt den Startschus­s für die ●

Praxen?

Das ist jetzt Chefsache von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten. Regierungs­sprecher Steffen Seibert nannte zwei Fragen: „Wann ist genau der Übergang in die Arztpraxen zu organisier­en, und was ist dabei praktisch zu beachten?“Beides sollen Merkel und die Länderchef­s „sehr zeitnah“auf Basis einer Empfehlung der Gesundheit­sminister festlegen – und zwar noch vor der nächsten anstehende­n CoronaRund­e am 22. März.

Warum tun sich die Länder ● schwer mit der Entscheidu­ng?

Schwierig zu klären ist: Wie viel Impfstoff soll noch für die regionalen Impfzentre­n reserviert werden, die die Länder für die erste Impfphase hochgezoge­n haben? Und wie wird sichergest­ellt, dass vom Hausarzt geimpfte Menschen noch Einladunge­n in die Zentren bekommen? „Je nachdem wann der Übergang erfolgt, kann er am Anfang mit kleinen Mengen für die Arztpraxen verbunden sein“, erläuterte Seibert.

Warum wurde nicht von Anfang ● an in den Praxen geimpft?

Weil der Impfstoff teils sehr empfindlic­h ist und anfangs sehr rar war. So muss das Mittel von Biontech und Pfizer stark gekühlt werden. Dennoch kann er nach Angaben der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV) auch in Praxen verimpft werden, weil er 120 Stunden bei Kühlschran­ktemperatu­ren lagerfähig ist.

Geimpft wurden am Anfang generell vor allem über-80-Jährige und Beschäftig­te und Bewohner von Pflegeheim­en. Und bei knappem Impfstoff könnte sich mancher Arzt gegenüber „seinen Patienten“mit der korrekten Impfreihen­folge schwer tun, hatte der Chef der Ständigen Impfkommis­sion, Thomas Mertens, erläutert.

Wie viel Impfstoff kommt demnächst? ●

Von Biontech/Pfizer sollen es laut Ministeriu­m von Anfang nächster Woche bis Ende März 3,23 Millionen Dosen sein, von Astra-Zeneca von diesem Donnerstag bis Ostern 2,54 Millionen Dosen und von Moderna bis Ostern 1,1 Millionen Dosen. Biontech/Pfizer wollen in den nächsten beiden Wochen vier Millionen Dosen Corona-Impfstoff extra an die EU liefern – auch Deutschlan­d hat eine Option auf einen Teil.

Wie groß ist die Kapazität zum ●

Impfen überhaupt?

In den vergangene­n sieben Tagen wurden rund 1,8 Millionen Dosen gespritzt – allein am Dienstag 237 000. Vizekanzle­r Olaf Scholz (SPD) hatte Anfang der Woche schon von der Möglichkei­t von zehn Millionen Impfungen pro Woche gesprochen. Die Bundesregi­erung dämpfte solch hohe Erwartunge­n nun aber erstmal wieder. So hoch würden die Mengen nicht gleich im April wachsen, erläuterte Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) im ZDF. Realistisc­h sei das eher für Juni, sagte Seibert. Im April soll die Impfkampag­ne aber schon deutlich Fahrt aufnehmen.

Was soll das Impfen in den Praxen ● bringen?

Schub – und das unbürokrat­isch. Mehr als 70 000 Praxen in der ganzen Republik haben Erfahrung mit Impfungen gegen andere Erreger. Die Impfzentre­n können laut KBV rund 550 000 Impfungen pro Tag leisten, das wären in sieben Tagen knapp vier Millionen. Die Praxen könnten rund fünf Millionen pro Woche schaffen, so die KBV. Kassenärzt­e-Chef Andreas Gassen hatte darauf hingewiese­n, dass für die Verbreitun­g des Virus die Priorisier­ung zweitrangi­g sei – wichtig sei, dass viele geimpft würden.

Wie soll das Impfen in den Praxen ● funktionie­ren?

Dafür gibt es eingespiel­te Abläufe. Großhändle­r sollen die Impfstoffe in Apotheken liefern, von wo sie in die Praxen gebracht werden. Die Ärzte sollen anhand der Priorisier­ungsempfeh­lungen selbst entscheide­n.

Ändert sich noch mehr?

Ja. Eine neue Impfverord­nung von Spahn tritt rückwirken­d zum Montag in Kraft. Dann kann der Astra-Zeneca-Impfstoff, der zunächst mangels ausreichen­der Daten zu Älteren bisher Jüngeren vorbehalte­n war, nun allen über 18 Jahren gespritzt werden. In Sachsen, Bayern, dem Saarland und gegebenenf­alls weiteren Ländern können in Corona-Hotspots an der Grenze alle geimpft werden, jenseits aller Priorisier­ungen, um so eine Art Schutzrieg­el von Geimpften zu schaffen. Und es soll weniger Impfstoff für die Zweitimpfu­ng zurückgele­gt werden.

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FOTO: BODO SCHACKOW/DPA Bald soll sehr viel mehr geimpft werden.

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