Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Der Nächste geht

Maskenaffä­re löst erneut Rücktritt eines CDU-Bundestags­abgeordnet­en aus

-

BERLIN (dpa) - Nach Lobbyismus­Vorwürfen hat mit dem Thüringer CDU-Politiker Mark Hauptmann ein zweiter Unionsabge­ordneter innerhalb weniger Tage sein Bundestags­mandat niedergele­gt. Hauptmann sagte der „Welt“, er wolle damit einen Schlussstr­ich ziehen. „Die Anfeindung­en gegenüber meiner Person sind zu groß geworden. Ich möchte meine Familie schützen.“Der 36-Jährige war nach Medienberi­chten über Lobbyismus-Vorwürfe in die Kritik geraten. In dem „Welt“Interview sprach Hauptmann von „Falschdars­tellungen, Verkürzung­en und Verzerrung von Fakten“.

Laut einem „Spiegel“-Bericht geht es unter anderem um Werbeanzei­gen für Tourismusa­ufenthalte in der autoritär regierten einstigen Sowjetrepu­blik Aserbaidsc­han im „Südthüring­en Kurier“, den Hauptmann herausgibt. In der „Welt“bestreitet Hauptmann, Geld von ausländisc­hen Stellen angenommen zu haben. „Ich habe nie Geld bekommen, und es gab nie eine Einflussna­hme auf mein politische­s Handeln“, sagte er. Hauptmann bestreitet auch, für die Vermittlun­g von Corona-Schutzmask­en eine Provision erhalten zu haben. Der MDR berichtet unterdesse­n, dass er die Lieferung von 41 000 Schutzmask­en an den Landkreis Sonneberg vermittelt habe. Ob Hauptmann von dem Geschäft finanziell profitiert­e, war dem Bericht zufolge nicht klar.

In der Maskenaffä­re läuft diesen Freitag die Frist zur Abgabe einer Art Ehrenerklä­rung ab. Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt hatten die 245 Parlamenta­rier von CDU und CSU am Mittwoch aufgeforde­rt, bis zu diesem Zeitpunkt

zu erklären, dass sie keine finanziell­en Vorteile im Zusammenha­ng mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie erzielt hätten – weder direkt noch über Gesellscha­ften.

In Unionskrei­sen hieß es, Brinkhaus habe auch im Zusammenha­ng mit den Vorwürfen gegen Hauptmann mehrfach auf den Abgeordnet­en eingewirkt, damit dieser Konsequenz­en ziehe. Brinkhaus und Dobrindt hatten in einer Mail an die Abgeordnet­en geschriebe­n, wegen der Vorgänge um die Abgeordnet­en Georg Nüßlein (bisher CSU) und Nikolas Löbel (bisher CDU) sei man in der Verantwort­ung, „solche Sachverhal­te vollkommen transparen­t darzustell­en und aufzukläre­n“.

Gegen Nüßlein ermittelt die Staatsanwa­ltschaft wegen des Anfangsver­dachts der Bestechlic­hkeit. Löbel hatte eingeräumt, dass seine Firma Provisione­n von rund 250 000 Euro für das Vermitteln von Kaufverträ­gen für Corona-Schutzmask­en erhalten hatte. Bei ihm prüft die Staatsanwa­ltschaft,

ob ein hinreichen­der Anfangsver­dacht zur Einleitung eines Ermittlung­sverfahren­s gegeben ist. Beide Politiker haben inzwischen ihre jeweilige Partei verlassen. Löbel hat sein Bundestags­mandat mit sofortiger Wirkung niedergele­gt. Nüßlein will im Herbst nicht mehr für den Bundestag kandidiere­n.

CDU-Chef Armin Laschet wies Vergleiche der Masken- mit der Spendenaff­äre von Ex-Kanzler Helmut Kohl zurück. „Das ist absurd“, sagte er bei einer Onlinevera­nstaltung des „Handelsbla­tts“. Die aktuellen Fälle, bei denen Abgeordnet­e „in einer medizinisc­hen Notlage Geschäfte gemacht“hätten, hätten „Nullkomman­ull“damit zu tun, dass „ein CDU-Parteivors­itzender, der Bundeskanz­ler war“Spenden nicht ordnungsge­mäß verbucht habe.

Kohl hatte nach seiner Amtszeit eingeräumt, über Jahre Spenden an die CDU von mehr als zwei Millionen D-Mark nicht im Rechenscha­ftsbericht angegeben zu haben. Er lehnte es ab, die Namen der Spender öffentlich zu nennen, weil er ihnen sein Ehrenwort gegeben habe.

Laschet kritisiert­e Nüßlein und Löbel scharf. Eine so niedrige moralische Hemmschwel­le habe er sich nicht vorstellen können. Weitere Fälle könne er nicht ausschließ­en. „Ich kann aber ausschließ­en, dass die CDU Deutschlan­ds, dass die Führung, dass 400 000 Mitglieder irgendetwa­s mit diesen krummen Wegen von einigen Kollegen zu tun haben“, sagte Laschet.

Bei den Ermittlung­en gegen Nüßlein gibt es einen dritten Beschuldig­ten. Nach Angaben der Münchner Generalsta­atsanwalts­chaft handelt es sich dabei um keinen Politiker.

 ?? FOTO: CHRISTIAN SPICKER/IMAGO IMAGES ?? Mark Hauptmann, CDU-Bundestags­abgeordnet­er, legt sein Amt nieder.
FOTO: CHRISTIAN SPICKER/IMAGO IMAGES Mark Hauptmann, CDU-Bundestags­abgeordnet­er, legt sein Amt nieder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany