Sicherheit gewinnt keinen Schönheitspreis
Geologe und Vermessungstechniker erarbeiten Geländeprofil für die Felsen Rechtensteins
● RECHTENSTEIN – Dass der Felsen oberhalb der Karl-Weiss-Straße in Rechtenstein gesichert werden muss, hat im vergangenen Jahr ein Gutachten bestätigt, nachdem in einem unterhalb des Felshangs neu errichteten Wohnhaus ein großer Steineinschlag zu verzeichnen war. Am Mittwoch haben ein Geologe und zwei Vermessungstechniker das Gelände erfasst. Das Ergebnis der Vermessungsarbeiten wird in Form zweier Geländeschnitte und eines Lageplans eine der Grundlagen der Entscheidung des Landratsamts über notwendige Sicherungsmaßnahmen.
„Wunderschön hier oben“, sind die ersten Worte von Geologe Marcel Strasser vom Tübinger Ingenieurbüro Menzel, nachdem er von der zweiten von drei Klettertouren in der Felslandschaft oberhalb der Karl-Weiss-Straße zurückgekehrt ist. „Eigentlich wollten wir letzten Freitag kommen, aber aufgrund der schlechten Wettervorhersage haben wir alles auf heute verschoben“, ergänzt er, und erläutert: „Ich habe beschlossen, dass es ungeachtet des Wetters heute sein muss, denn bald schlagen die Blätter der Bäume aus, dann können wir nicht mehr durchpeilen.“
Mit „wir“meint er sich selbst und die beiden Vermessungstechniker Andreas Schmitt und Felix Weber vom Vermessungsbüro Grießhaber + Obergfell aus Rottweil, die von seinem Ingenieurbüro für die Vermessungsarbeiten hinzugezogen wurden. „Unsere gemeinsame Aufgabe heute ist ein Aufmaß des Geländes zu fertigen, wir erfassen sozusagen die Gegebenheiten, also die Geländeform beziehungsweise das Geländeprofil“, erläutert Andreas Schmitt.
„Die Geländedaten umfassen auch die Steilheit und die Stufen des Hangs“, ergänzt Marcel Strasser, der im Vorjahr schon den Hang untersucht hat, um die Gefährdungslage zu erfassen und die Größe möglicher Sturzkörper zu ermitteln. „Wurzeln machen den Stein porös, hinzu kommen Frost und Tauwetter, die ihn sprengen. Das ist ein normaler Vorgang, nur dass hier in Rechtenstein unterhalb eines steilen Hangs Wohnhäuser stehen“, erläutert Geologe Strasser.
Andreas Schmitt steht ganz unten, auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Sein Arbeitsgerät ist
„Wurzeln machen den Stein porös, hinzu kommen Frost und Tauwetter, die ihn sprengen.“Geologe Marcel Strasser
ein Instrument für Vermessungsarbeiten, Tachymeter genannt. Neben ihm erfasst Felix Weber digital die Daten, die Andreas Schmitt laufend erhält und an ihn weitergibt. 34 Meter oberhalb der Straße befindet sich die Felsoberkante. Von dort aus hat sich Marcel Strasser abgeseilt, um per Funk laufend seine Ergebnisse nach unten zu übermitteln. Auf den 50 entscheidenden Metern Felshang, die abgesichert werden müssen, hat das Trio, das an diesem Tag erstmals zusammengearbeitet hat, drei separate Klettertouren unternommen, um das Gelände vollständig zu erfassen. „Angst habe ich keine. Wenn ich mich erstmals an einem Hang abseile, habe ich aber den notwendigen Respekt, ehe sich rasch alles entspannt“, sagt Marcel Strasser, dessen Hobby die Höhlenforschung ist. „Dort sagen wir Glück tief, beim Klettern haben wir keinen Leitspruch“, gesteht der Mann mit dem stabilen und gut profilierten Schuhwerk.
Auch beobachte er, dass dem Geldgeber bei Felssicherungsmaßnahmen die Ausgaben immer schmerzlich treffen würden, zumal man mit Sicherungsmaßnahmen keine Ästhetikpreise gewinnen könne. Er warnt jedoch davor, von notwendige Maßnahmen abzusehen. In Rechtenstein sei es so, dass die Anbringung getesteter und genormter Steinschutzzäune im Raum stehe, die im Bausatz angeboten werden und individuell ausgerichtet werden können. Eine größere Stelle sei am Hang jedoch vorhanden, die anderweitig abgesichert werden müsse, eventuell durch Abtragung. „Die Gefahr an dieser spezifischen Stelle ist nicht akut, aber mittel- bis langfristig ist der Abgang eines großen Felsbrockens zu befürchten. Kleinere Steine können jederzeit herunterdonnern, da reicht es schon, wenn ein Reh entlang läuft.“
Die Einschätzung des Geologen muss von der Naturschutzbehörde ergänzt werden im Wege von separaten Untersuchungen, ob Eidechsen oder Fledermäuse durch eventuelle Maßnahmen in Mitleidenschaft gezogen werden können. Aus der Gesamterkenntnis heraus entscheidet die Naturschutzbehörde dann über die konkreten Maßnahmen. Dazu fließen auch die Ergebnisse ein, die das Ingenieurbüro durch Steinschlagsimulationen im Computer erzielt. „Man lässt im PC Tausende Male einen Stein den Hang hinunterfallen, um zu ermitteln, wie er reagiert und wo er unten aufschlägt“, sagt Andreas Schmitt, und ergänzt: „Das geschieht unter Einbezug der heutigen Erkenntnisse, die Gebäude eingeschlossen.“
„Wir haben auch eine Film- und Fotodrohne dabei“, verrät Marcel