Hier verläuft die Corona-Grenze
Nicht nur die Donau, auch Inzidenzen und Regeln trennen aktuell Ulm und Neu-Ulm
● ULM/NEU-ULM - Was früher der Blick auf die Wetterkarte war, ist nun die Info zu den Inzidenzen: Während in Ulm am Donnerstag (Inzidenz 52,1) viele Geschäfte nur für Terminshopping-Angebote („Click and Meet“) geöffnet sind, braucht man im Kreis NeuUlm (45,7) keine Termine, um in die Läden zu gehen. Doch es gibt noch andere corona-bedingte Unterschiede. Ein Überblick.
Einkaufen: Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte werden dem Einzelhandel des täglichen Bedarfs zugerechnet und haben so in Ulm und Neu-Ulm relativ normal geöffnet. Erst wenn die Inzidenz an fünf Tagen unter 50 liegt, öffnen auch in Ulm die Geschäfte wie in Neu-Ulm.
In Neu-Ulm wird im Gegensatz zu Ulm aber nur eine an drei aufeinanderfolgenden Tagen verlangt. Wie Guido Reuter, der Centermanager des Blautalcenters in Ulm sagt, wäre bei „Click and Meet“auch oftmals eine spontane Terminvergabe möglich. Wenn etwa Decathlon noch „freie Plätze“auf der Fläche hat, könnte der Einlass nach Registrierung am Eingang spontan erfolgen.
Überhaupt wird das in Ulm alles sehr locker gehandhabt: Auch bei Reischmann in der Ulmer Fußgängerzone etwa, nimmt eine Art Empfangsdame auch ohne Terminvereinbarung die Kundendaten auf, bevor es zum Einlass kommt. Natürlich nur, wenn die vorgeschriebenen 40 Quadratmeter pro Kunde noch nicht ausgeschöpft sind.
Treffen: Sowohl in Ulm, als auch im Kreis Neu-Ulm, dürfen sich bei Inzidenzen zwischen 35 und 100 zwei Hausstände treffen. Es dürfen aber maximal fünf Personen sein, wobei erst ab 14 Jahren gezählt wird.
Dienstleistungen: In Ulm sind im Gegensatz zu Neu-Ulm Dienstleistungen „mit körperlicher Nähe zum Kunden“in mehr Fällen erlaubt. Geöffnet sind etwa Tattoo-Studios und Massagepraxen, im Kreis Neu-Ulm nicht. Fuß- und Nagelpflege ist in Ulm und Neu-Ulm mit dem Hinweis auf einen „pflegerisch erforderlichen Umfang“erlaubt.
Schulen: Im Kreis Neu-Ulm und Ulm ist für die Jahrgangsstufen 1 bis 4 der Grundschule und der Förderschule sowie alle Abschlussklassen Wechselunterricht
oder Präsenzunterricht mit Mindestabstand zugelassen. Auch Kindergärten haben offen. Während in Grundschulen im Kreis Neu-Ulm Maskenpflicht herrscht, ist das Tragen eines Mundschutzes in Ulm für Kinder an Grundschulen freiwillig.
Änderungen gibt es im Kreis NeuUlm ab kommendem Montag, 15. März. Sollte die Inzidenz unter 50 bleiben, findet voller Präsenzunterricht auch ohne Mindestabstand – statt. Ab den 5. Klassen der weiterführenden Schulen findet bei einer Inzidenz von unter 100 Wechsel- oder Präsenzunterricht mit Mindestabstand von 1,5 Metern statt. Die Schulen regeln die Ausgestaltung selbst, je nach verfügbarem Platz- und Lehrerangebot.
In Ulm sieht es da nicht viel anders aus. Auch die Klassen 5 und 6 werden ab dem 15. März mit einem eingeschränkten Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen beginnen. Auch die Schüler der weiterführenden Schulen in Ulm haben im Gegensatz zu den Grundschülern die Pflicht zum Tragen einer nicht medizinischen Alltagsmaske auch im Unterricht. Schüler ab Klassenstufe 7 bleiben in Baden-Württemberg bis zu den Osterferien – mit den Ausnahmen für die Abschlussklassen, die auch für die beruflichen Schulen gelten – bis auf Weiteres im Fernunterricht. Für Schüler der Klasse 7 wird weiterhin eine Notbetreuung angeboten. In Bayern hingegen findet, sobald eine 7-Tage-Inzidenz von 50 nicht überschritten wird, Präsenzunterricht statt. Zumindest wenn die Schulen den Mindestabstand von 1,5 Metern durchgehend und zuverlässig einhalten können.
Sport: In Ulm und Neu-Ulm ist der kontaktarme Freizeit- und Amateurindividualsport, innen und außen, mit maximal fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten wieder erlaubt. Zudem ist kontaktarmer (in Bayern heißt es „kontaktfreier“) Sport in Gruppen von bis zu 20 Kindern bis einschließlich 14 Jahren im Freien möglich. Schwimmbäder sind zu. Genau definiert ist der kontaktfreie Sport nicht. Unstrittig ist, dass Tennis und Golf dazuzählen. In Ulm wird auch pro Tennishalle wieder ein Platz bespielt. In Bayern hingegen gibt es eine Öffnungsperspektive für die Tennishallen erst für den 22. März. Doch da dürften die Freiplätze wieder bespielbar sein.
Impfzentren: Stand Montag, 9. März, wurden vom Impfzentrum Ulm und dessen mobilen Impfteams bislang mehr als 83 400 Impfstoffdosen verimpft, und zwar:
- 52 700 Impfungen im Zentralen Impfzentrum
- 24.800 Impfungen in Pflegeheimen (Bewohner und Mitarbeiter)
- 5900 Impfungen für Klinikpersonal
Positiv ist aus Sicht von Professor Bernd Kühlmuß, dem medizinischen
Leiter des Impfzentrums in Ulm, dass zunehmend Klarheit über die Impfberechtigung erzielt werden konnte, die Altersgrenzen nach unten (Biontech ab 16 Jahren) und nach oben (AstraZeneca ohne Altersbeschränkung) angepasst wurden.
Problematisch erscheint dem Impfzentrum, dass die Priorisierung mit einer so großen Zahl an zeitgleich Berechtigten nur schwer einzuhalten ist. Dennoch ist klar: In allen 172 Pflegeheimen, die dem Impfzentrum Ulm zugeordnet waren, konnten die Erstimpfungen und in einem großen Teil dieser Heime auch die Zweitimpfungen abgeschlossen werden.
Die mobilen Impfteams des Impfzentrums Ulm haben dabei bisher knapp 25 000 Impfungen durchgeführt.
Konstant ist bei diesem Thema nur der Wandel: Eine aktualisierte Coronavirus-Impfverordnung erwartet das Impfzentrum zeitgleich mit der europäischen Zulassung des Vakzins von Johnson&Johnson für Donnerstag.
Impfungen: Im Freistaat Bayern wird eine andere Impfstrategie verfolgt. Im Landkreis Neu-Ulm sind drei Impfzentren in Betrieb – seit Mittwoch, 9. März, auch eins in Illertissen. In den Impfzentren in Weißenhorn und Neu-Ulm sollen die Impfkapazitäten derweil ausgebaut werden.
Die Impfzentren sollen auch beibehalten werden, wenn die Arztpraxen impfen können. Wann es hier soweit ist, ist derzeit noch unklar. Geplant ist ab Anfang April. Ab kommender Woche sollen Hausärzte bettlägerige Patienten, die ihr Zuhause nicht verlassen können, in einem Pilotprojekt geimpft werden.
Insgesamt wurden im Landkreis Neu-Ulm bis jetzt (Stand 9. März) 17 071 Impfungen vorgenommen. Davon 10 616 Erstimpfungen und 6456 Zweitimpfungen. Die Senioren- und Pflegeheime im Kreis Neu-Ulm gelten nach Ansicht des Landratsamtes als „durchgeimpft“.
Geht es nach dem Pfuhler Hausund Impfarzt Dr. Christian Kröner, der einst mit einem Info-Zettel zur Corona-Impfung für Furore im Netz sorgte, könnten Hausärzte schon jetzt mit dem Impfen beginnen. Er spricht von einer Politik „im Kriechgang“. Was ihn ebenfalls an der Impfstrategie in Bayern stört: Impfstoff landet im Müll. Dagegen geht der Allgemeinmediziner jetzt mit einer Petition vor.