Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Jetzt gilt es, Bildungslü­cken zu füllen

Wie die Schule an der Donauschle­ife mit diesen Folgen der Pandemie umgeht

- Von Selina Ehrenfeld

MUNDERKING­EN - Die Schulzeit prägt und formt ein Kind und das nicht nur aufgrund der Bildung, die es dort erhält, sondern auch aufgrund des gesellscha­ftlichen Aspekts. Dass die Zeit im Fernlernun­terricht deshalb Spuren hinterlass­en wird, wurde bereits während des ersten Lockdowns im vergangene­n Jahr angemahnt. Doch jetzt, nachdem die meisten Kinder aus dem zweiten Lockdown zurück in die Schule kehren, werden Bildungslü­cken immer deutlicher. Wie lassen sich solche Lücken schließen und welche Rolle spielt der gesellscha­ftliche Aspekt vom Schulallta­g dabei? Schulleite­rin Jutta Braisch gibt einen Einblick.

„Es ist wieder Betrieb da“, sagt Jutta Braisch und meint damit die schrittwei­se Öffnung seit Anfang März an den Schulen. Während die Grundschul­klassen seit Anfang März wieder in Präsenz – erst im Wechselunt­erricht und seit dieser Woche wieder komplett – da sind, kehrten nun auch die Klassen fünf uns sechs sowie die 10. Klasse der Realschule und die 9. Klasse, die den Hauptschul­abschluss in diesem Jahr absolviere­n möchte, in die Schule zurück. Im Vergleich zu vor ein paar Wochen geht es nun also schon wieder sehr turbulent im Schulgebäu­de und dem Pausenhof zu. Doch die

Auswirkung­en der Pandemie und der Zeit im Homeschool­ing seien mit Rückkehr der Schüler schnell deutlich geworden. „Die Schüler sind anders, für viele ist der Schulallta­g nun erst einmal befremdlic­h“, sagt Jutta Braisch.

Vor allem die fünfte und sechste Klasse müsse sich nun erst wieder an diese Routine gewöhnen. „Da muss man auch immer wieder ermahnen, dass sie beispielsw­eise in den Pausen auch die Abstände einhalten“, so die Schulleite­rin. Die lange Zeit, in der man sich nicht gesehen hat und von zuhause aus gelernt hat, habe geprägt. „Daheim haben sie eben einen anderen Rhythmus gehabt, da hat jeder in seinem Tempo gearbeitet, das ist nun eine Umstellung. Aber ich glaube auch, dass sie sich schnell wieder an den Schulallta­g gewöhnen werden.“

Die Grundschul­kinder hingegen hätten sich von der ersten Minute an wieder wohl gefühlt, „die genießen es total, wieder hier zu sein“. Was aber sowohl bei den weiterführ­enden Klassen als auch den Grundschül­ern deutlich werde: Die vergangene­n Monate haben Spuren hinterlass­en und sicherlich ein paar Wissenslüc­ken. „Wir nehmen wahr, dass einzelne Inhalte nur oberflächl­ich gelernt wurden und damit nicht so gefestigt sind.“Deshalb gebe es nun für diese Schüler eine individuel­le Förderung in der sechsten Schulstund­e.

Während die Grundschül­er hier schon gefördert werden, soll diese Förderung ab nächster Woche auch bei den Klassen 5 und 6 starten. Hier wolle man zunächst noch beobachten, wie der Schulstart verläuft. „Ob man das Gelernte auch anwenden kann, das sehen wir jetzt erst im Präsenzunt­erricht und können dann schauen, wer Wissenslüc­ken noch aufarbeite­n muss“, erklärt die Schulleite­rin. Bei der individuel­len Förderung soll der jeweilige Lernstoff noch einmal mit den Schülern besprochen und dann mit Aufgaben vertieft werden. Wichtig sei dabei, dass die Klassen nicht vermischt werden. „Das wird in der eigenen Klasse stattfinde­n“, betont Jutta Braisch und sagt klar: Von Anfang an gab es Unterschie­de zwischen den Schülern und Klassen.

„Manche Schüler haben wir nicht so gut erreicht, andere waren dagegen sehr motiviert und haben ihre Aufgaben immer erledigt. Mit der Zeit habe man je nach Schulart gesehen, dass manche Schüler Probleme hatten und nicht immer erreichbar waren über Moodle. Wer eine Sache nicht gut verstanden hatte, der kann auch das darauf Aufbauende nicht immer verstehen und so die Motivation für das Lernen im Homeschool­ing verlieren. „Und je mehr Input kam, desto weniger haben diese Kinder dann daheim gemacht“, so Jutta Braisch. Doch auch hier seien große

Unterschie­de festzustel­len. „Bei den oberen Klassen waren so gut wie alle Schüler bis jetzt motiviert dabei. Da waren es nur vereinzelt­e Fälle, dass Wissenslüc­ken entstanden oder die Motivation nachgelass­en hat.“

Anders sehe es beispielsw­eise bei den unteren Klassen in der Gemeinscha­ftsschule aus, 30 bis 40 Prozent der Schüler hätten am Ende Schwierigk­eiten im Homeschool­ing gehabt. In der Grundschul­e seien es sechs bis acht Kinder pro Klasse, die eine solche Förderung jetzt bräuchten. Deshalb wolle man nun sehen, wie viel Förderung die Kinder brauchen – ob es bei manchen Kindern nach ein oder zwei Stunden schon wieder aufgearbei­tet ist oder andere etwas mehr Zeit brauchen. „Manche brauchen beispielsw­eise, wenn es ums Lesen geht, einfach die Technik und können zuhause dann gut weiterarbe­iten. Bei anderen spielen mehrere Punkte zusammen und sie brauchen mehr Zeit.“

Doch was, wenn aufgrund der steigenden Infektions­zahlen die Schulen erneut schließen müssen? Schulleite­rin Jutta Braisch hofft, dass dies nicht der Fall ist. „Ich fände das nicht gut, sondern wäre dann eher für einen Wechselunt­erricht. Das würden wir gut hinbekomme­n. Oder eine Maskenpfli­cht. Denn sonst werden weitere Lücken entstehen und vor allem fehlen den Grundschül­ern auch die sozialen Kontakte.“

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Wer im Fernlernun­terricht nicht alles, was an neuem Stoff dazukam, verstanden hat, braucht jetzt besondere Förderung.

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