Wertvolles Nass
Der Klimawandel stellt die Wasserversorgung im Land vor Herausforderungen
STUTTGART
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- Sauberes Trinkwasser ist in Baden-Württemberg eine Selbstverständlichkeit – zumindest noch. Denn der Klimawandel betrifft inzwischen nicht nur trockene Regionen der Erde. Er bereitet auch Wasserversorgern im Südwesten Kopfzerbrechen. Das berichten Bernhard Röhrle von der Landeswasserversorgung (LW) und Teresa Brehme von der Bodensee-Wasserversorgung (BWV) anlässlich des Weltwassertags am kommenden Montag. Damit aus dem Hahn auch in Zukunft sauberes Wasser fließen kann, haben die kommunalen Zweckverbände klare Erwartungen an die Politik.
Noch mache sich der Klimawandel hierzulande bei der Wasserversorgung zwar nicht stark bemerkbar, betont Röhrle. In anderen Gegenden Deutschlands wie im niedersächsischen Lauenau ging während des heißen Sommers im vergangenen Jahr jedoch bereits das Wasser aus. „So weit soll es in Baden-Württemberg nicht kommen“, mahnt der LWSprecher.
Zurzeit arbeiten beide Wasserversorger deshalb daran, die Versorgung mit H20 auch in Zukunft sicherzustellen. Und das vor dem Hintergrund steigender Temperaturen und geringerer Niederschlagsmengen, die sich in den vergangenen vier Jahren bereits stark auf den Grundwasserstand ausgewirkt haben. Trinkwasser werde zu rund 70 Prozent aus Grundwasser entnommen, erklärt Röhrle. Wegen der seltener werdenden Niederschläge versickere aber bereits weniger Wasser im Boden. Gleichzeitig verdunste durch die höheren Temperaturen mehr.
Die Folge: Die Grundwasserstände sinken. Ein Problem sei das auch deshalb, weil zeitgleich der Wasserverbrauch im Land seit Jahren kontinuierlich steige. So lag er 2011 bei der LW noch bei rund 90 Millionen Kubikmetern pro Jahr und jetzt bei 100 Millionen, Tendenz steigend. Bei der BWV sehe die Situation ähnlich aus.
Die LW sieht sich deshalb im Handlungszwang: „Aktuell entnehmen wir mehr Trinkwasser aus der Donau, um die Grundwasserressourcen für Notzeiten zu sparen“, erklärt Röhrle. Das bedeute Aufwand und Kosten – etwa für Filteranlagen zur Trinkwasseraufbereitung. Zudem sucht der Versorger nach neuen Wasserressourcen im Land. Erste Gespräche dazu seien bereits angelaufen. Bestehende Wasserflächen wolle die LW bestmöglich schützen. Dafür sieht sie auch die Landwirtschaft in der Verantwortung, mit der es immer wieder zu Reibereien kommt. Ein Kritikpunkt des Wasserversorgers ist dabei der Einsatz von Spritzmitteln zum Pflanzenschutz.
Die LW hat davon Rückstände im Oberflächengewässer gefunden und das Land verklagt, um Daten über die verwendeten Mengen der Mittel zu bekommen. Gleiches könnte sie nun wegen der Nitratwerte im Grundwasser tun. Diese seien laut LW immer noch zu hoch.
Das Landwirtschafts- und Umweltministerium widerspricht dieser Darstellung. Als einziges Bundesland weise Baden-Württemberg signifikant fallende Nitratwerte auf, nur noch 1,5 Prozent der Gesamtfläche gelten als nitratbelastet. Zudem reguliere die Anfang des Jahres in
Kraft getretende Düngeverordnung Zeiten und Mengen, in denen gedüngt werden darf. Bauern würden außerdem daran arbeiten, den Nährstoffeinsatz zu optimieren.
Die LW zweifelt an diesen Aussagen. Sie will die Nitrat- und Spritzmittelmengen weiter reduzieren, damit es in Zeiten mit hohem Wasserbedarf nicht zu einem Ausfall der Ressource kommt. Sie plädiert deshalb dafür, dass mehr landwirtschaftliche Betriebe auf Bio umstellen. Auch der Versorger selbst möchte „grüner“werden und kündigt an, bis 2030 klimaneutral zu werden.
Unterstützung bedarf es laut LW aber auch vonseiten der Politik. Das Land Baden-Württemberg erarbeitet derzeit zwar einen Masterplan zur Wasserversorgung – laut Röhrle soll dessen Fertigstellung nun aber von 2023 auf 2027 verschoben werden. Das könne eng werden, weil die Planung und Errichtung neuer Anlagen zur Trinkwassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung gut fünf bis zehn Jahre dauere. „Der Klimawandel ist schnell“, warnt Röhrle. „Wir fordern das Land deshalb auf, mehr Geschwindigkeit an den Tag zu legen, mehr Personal bereitzustellen und entsprechende Finanzmittel als Fördermittel für die Wasserversorgung der Zukunft bereitzustellen.“
Die Bodensee-Wasserversorgung sieht sich indes mit anderen Problemen konfrontiert. Da er sich aus Quellwasser speise, enthalte der See zwar ausreichend Wasser, sagt Teresa Brehme. Allerdings erhöhen sich durch den Klimawandel die Wassertemperaturen und führen unter anderem zur Ausbreitung neuer Arten wie der Quagga-Muschel. Diese stellt laut Brehme ein echtes Problem dar, weil sie sich an die Rohre der BWV zur Wasserentnahme anlagere und diese komplett verschließe – sofern die Rohre nicht viermal im Jahr gereinigt werden. „Derzeit machen wir das noch alles händisch“, sagt die BWV-Sprecherin. Künftig sollen aber neue Technologien das Putzen übernehmen.
Außerdem möchte die BWV in Zukunft an mehr Stellen Wasser aus dem Bodensee entnehmen. Bislang läuft dies nur über den Standort Süßenmühle zwischen Überlingen und Sipplingen. Der Versorger plant nun in den kommenden 15 Jahren drei weitere Entnahmestellen, damit man künftig auch bei einem Ausfall der Technik auf Reserven zurückgreifen kann. Vorgesehen sei für das „Projekt Zukunftsquelle“ein „mittlerer bis dreistelliger Millionenbetrag“, der Bau soll frühestens 2022 beginnen.
Auch die Verbraucher nehmen Röhrle und Brehme in die Pflicht. Sie sollten bewusster mit dem kostbaren Gut Wasser umgehen und auf Verschwendung – beispielsweise durch einen Swimmingpool – verzichten.