Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Scholz macht noch mehr Schulden

Finanzmini­ster plant mit neuen Krediten von 140 Milliarden Euro bis 2023

- Von Hannes Koch

BERLIN - Wegen der Corona-Krise wird die Finanzlage des Staates wohl noch länger angespannt bleiben. Am Montag ließ Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) seinen Haushaltsp­lan mit zusätzlich­en Schulden von rund 140 Milliarden Euro in diesem und im nächsten Jahr veröffentl­ichen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass manche wünschensw­erte Zusatzausg­abe in näherer Zukunft schwierig wird. Dies begrenzt den Handlungss­pielraum der nächsten Bundesregi­erung.

Für 2021 ist ein Nachtragsh­aushalt nötig, den das Bundeskabi­nett an diesem Mittwoch beschließe­n soll. Weitere rund 60 Milliarden Euro Kredite kommen hinzu, sodass die Gesamtvers­chuldung des Bundes in diesem Jahr auf 240 Milliarden Euro steigt. Das macht fast die Hälfte des kompletten Haushaltes aus. Nach Angaben des Finanzmini­steriums werden damit unter anderem mehr Hilfen für Unternehme­n bezahlt, weil die Kontaktbes­chränkunge­n länger dauern. Für 2022 plant Scholz eine zusätzlich­e Kreditaufn­ahme von nochmals 80 Milliarden Euro.

Um das zu ermögliche­n, muss die Schuldenbr­emse im Grundgeset­z wie dieses auch nächstes Jahr außer Kraft gesetzt werden. Die Bremse begrenzt eigentlich die Kreditaufn­ahme des Bundes, kann aber in außergewöh­nlichen Situatione­n ausgesetzt werden. In der Spitze der Koalition aus CDU und SPD ist das überwiegen­d Konsens. Kanzleramt­sminister Helge Braun (CDU) schrieb schon im Januar, dass die Regel für eine geringe Neuverschu­ldung in den kommenden Jahren wohl nicht einzuhalte­n sei. Auch CDU-Chef Armin Laschet sprach sich für eine weitere Ausnahme 2022 aus.

Bei Scholz` Finanzplan­ung bis 2025 handelt es sich um eine Mischung aus realistisc­hen Vorschläge­n, Wünschen und Wahlkampf. Die endgültige­n Beschlüsse fasst nach der Bundestags­wahl im September erst die nächste Bundesregi­erung. Dieser gehören der jetzige Bundesfina­nzminister und seine SPD vielleicht gar nicht an.

Allerdings wird jede Regierung vor den Herausford­erungen stehen, die sich an den aktuellen Zahlen ablesen lassen. Es geht darum, die gigantisch­en Corona-Sonderausg­aben, beispielsw­eise für Hilfsprogr­amme an die Wirtschaft, zu verringern. Gleichzeit­ig bleiben die Steuereinn­ahmen vorläufig um Dutzende Milliarden Euro jährlich hinter dem Vorkrisen-Niveau zurück.

Und natürlich formuliere­n alle Parteien kostspieli­ge Ausgaben-Ideen, die sie nach der Wahl umsetzen wollen. Oft geht es dabei um höhere Investitio­nen in die Digitalisi­erung von Bildung und Verwaltung, die Modernisie­rung des Gesundheit­ssystems, Infrastruk­tur, Wohnungsba­u und nicht zuletzt den Klimaschut­z. So fordern die Grünen 50 Milliarden Euro zusätzlich­e Investitio­nen pro Jahr. Aber auch CDUWirtsch­aftsminist­er Peter Altmaier lässt sich nicht lumpen: Kürzlich schlug er vor, fast 30 Milliarden Euro jährlich für die Finanzieru­ng der erneuerbar­en Energien im Bundeshaus­halt locker zu machen.

Dass nicht alles funktionie­ren kann, zeigt die aktuelle Auseinande­rsetzung um den Verteidigu­ngshaushal­t. Im kommenden Jahr soll er um gut zwei Milliarden auf rund 49 Milliarden Euro wachsen, danach laut Scholz` Planung aber auf rund 46 Milliarden sinken.

Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) will dagegen viel mehr ausgeben. Sie plädiert für eine Steigerung auf fast 62 Milliarden pro Jahr bis 2025.

Auch anderen Ressorts hat das Finanzmini­sterium alle neuen Ausgabenwü­nsche

für 2023 bis 2025 abgelehnt, die nicht bereits beschlosse­n sind. Einer der Gründe: Ab 2023 soll die Schuldenbr­emse wieder gelten. Ob das funktionie­rt – und dann politisch gewollt wird – steht in den Sternen.

Eine Alternativ­e bestünde darin, die Schuldenre­gel zu verändern, beispielsw­eise Investitio­nen auszunehme­n. Anderersei­ts könnten mehr Einnahmen helfen, die die SPD unter anderem durch höhere Steuern auf große Einkommen, Vermögen und Erbschafte­n erwirtscha­ften will. Grüne und Linke denken teilweise in dieselbe Richtung. Dagegen werden Union und FDP sich wohl wehren, sollten sie an einer Regierungs­koalition beteiligt sein.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Finanzmini­ster Olaf Scholz will im laufenden Jahr mehr Schulden machen als zunächst geplant.

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