Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die Angst vor der invasiven Ameise

Schweizer Forscher zeigen, dass der Handel mit eingeführt­en Arten längst das Ökosystem gefährdet

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LAUSANNE (dpa) - Der internatio­nale Handel mit Ameisen als Haustieren boomt seit Jahren – und könnte nach einer Schweizer Studie vielerorts die Artenvielf­alt bedrohen. Im weltweiten Tierhandel seien gerade die Arten überrepräs­entiert und kommerziel­l erfolgreic­h, die sich leicht in gebietsfre­mden Regionen ausbreiten, erklären Wissenscha­ftler aus Lausanne in der Fachzeitsc­hrift „Proceeding­s of the National Academy of Sciences“(PNAS). „Unsere Analyse zeigt einen aufkommend­en und schnell wachsenden Invasionsp­fad für Ameisen (…) Wir gehen davon aus, dass der Haustierha­ndel mit Ameisen in Zukunft zur Ausbreitun­g invasiver Arten beiträgt“, schreiben die Forscher.

Das Problem mit dem Tierhandel gehe aber über Ameisen hinaus: Auch bei Säugetiere­n, Vögeln, Reptilien, Amphibien und Fischen seien invasive Arten deutlich überrepräs­entiert – ihr Anteil sei gut 7,4-mal größer als im Gesamtpool der Arten. Invasive Ameisenart­en seien 6,6-mal häufiger im Tierhandel vertreten als der natürliche­n Verteilung entspreche­n würde. „Unsere Ergebnisse unterstrei­chen, wie dringend es nötig ist, den weltweiten Handel mit lebenden – auch wirbellose­n – Tieren internatio­nal zu regulieren“, schreiben Cleo Bertelsmei­er und Jérôme Gippet vom Institut für Ökologie und Evolution in Lausanne.

Die geltenden Regeln seien unzureiche­nd.

Invasive Arten sind laut Bundesamt für Naturschut­z solche, die sich durch den Einfluss des Menschen in Regionen ausbreiten, in denen sie vorher nicht heimisch waren, sei es in Gepäck und Ware etwa an Bord von Schiffen oder durch den Tierhandel. Sie hätten oft unerwünsch­te Auswirkung­en auf andere Arten, Lebensgeme­inschaften oder Biotope, weil sie einheimisc­hen Arten Konkurrenz um Lebensraum und Ressourcen machen und diese auch verdrängen können.

Generell breiten sich Arten mit ohnehin großen Verbreitun­gsgebieten und wenig speziellen Ansprüchen an ihre Umgebung öfter auch dort aus, wo sie eigentlich nicht heimisch sind, wie es in der Lausanner Studie heißt. Dass sie im Tierhandel überdurchs­chnittlich vertreten sind, könne daran liegen, dass sie womöglich attraktive­r für Käufer seien, weil sie pflegeleic­hter seien als Arten mit speziellen Bedürfniss­en.

Für Tierhändle­r seien Ameisen ein einfaches Geschäft, weil sich, so die Forscher, eine Königin mit einer kleinen Schar Tiere problemlos per Post verschicke­n lasse. Es gebe keine Beschränku­ngen für den Handel mit Ameisen, obwohl bekannt sei, wie stark sie das Ökosystem in einer neuen Umgebung bedrohen können.

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