Planen mit angezogener Handbremse
Neue Räume und Ausstellungskonzeption kommen im Urmu gut voran – Bei Veranstaltungen wird auf Sicht gefahren
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BLAUBEUREN - Gerade einmal vier Tage lang hatte das Urgeschichtliche Museum in Blaubeuren (Urmu) nach langer Schließung durch den Lockdown geöffnet. Dann übersprang die Inzidenz im Alb-Donau-Kreis wieder den Grenzwert von 100 und das Urmu musste wieder schließen. Eine schwierige Grundlage für die Verantwortlichen, das Museum sinnvoll und sicher zu führen. Was den Ausbau neuer Ausstellungsräume und Konzeptionen angeht, ist die Schließung teilweise zwar förderlich, in Sachen Regelbetrieb oder Veranstaltungen muss das Urmu-Team weiterhin auf Sicht fahren. Darin liegt natürlich auch eine große Unsicherheit für die Mitarbeiter.
Planungssicherheit ist etwas, was sich die geschäftsführende Direktorin des Urmu, Stefanie Kölbl, sehnlichst wünscht. In naher Zukunft wird dieser Wunsch aber wohl nicht in Erfüllung gehen. „Wir haben uns so darauf gefreut, wieder zu öffnen. Wir haben extra unser Hygienekonzept nochmals weiterentwickelt und alles hat gut funktioniert. Dann kam die Nachricht, das wir wieder schließen müssen“, sagt die MuseumsChefin, die zusammen mit ihrem Team in der Zeit der Schließung zahlreiche Projekte angestoßen und Teile der Ausstellung neu konzeptioniert hat.
So werden aktuell Räume im Obergeschoss des Museums umgestaltet, welche den Fokus auf den Dreiklang Musik, Tanz, Malerei und Handwerk legen. „Diese Themengebiete waren in der Steinzeit eng miteinander verknüpft. Wir setzen gerade verschiedene Installationen dafür um. Eine mit einem echten präparierten Schwan und eine andere, in der die Besucher durch ihre Körperbewegungen die unterschiedlichsten Klänge auslösen“, erklärt Stefanie Kölbl. Die umfangreiche Umgestaltung der Ausstellungsräume, die beispielsweise auch den Raum im Erdgeschoss betrifft, der den Besuchern das tägliche Leben der Eiszeitmenschen näher bringen soll, ersetzt für das kommende Jahr die hauseigene Sonderausstellung. Jeany Weisheit, Assistenz der Geschäftsführung und verantwortlich für Sonderausstellungen, ist mit Feuereifer bei den Umgestaltungsarbeiten mit dabei und freut sich darauf, wenn die Besucher endlich wieder ins Museum nach Blaubeuren kommen und das neue Angebot bestaunen können.
Im vergangenen Jahr habe das Museumsteam durch Corona nicht so viele Menschen mit seinem Angebot begeistern können wie eigentlich geplant. Echte Knaller, wie beispielsweise die Ausstellung „Fürsorge“zu 600 Jahre Heilig-Geist-Spital samt dazugehöriger Archäowerkstatt mit Vorträgen und Führungen, hätte teilweise ins Internet verlegt werden oder ausfallen müssen. Die Publikation zum Jubiläum wird zudem erst in diesem Jahr erscheinen.
Auch die sensationellen Entdeckungen wie der steinzeitliche Werkzeugkasten oder der unerwartete Glücksfall des Meteoriten „Blaubeuren“, der ebenfalls im Urmu ausgestellt worden ist, hätten durch die Beschränkungen des Besucherverkehrs
beziehungsweise durch die zeitweiligen Schließungen ebenfalls nicht von so vielen Menschen bestaunt werden können wie eigentlich erhofft. „Wir hatten den Meteor extra verlängert, durch den Lockdown hat das aber leider gar nichts gebracht. Dabei war der Andrang riesengroß. Im vergangenen Jahr hatten wir unter unseren Besuchern viele aus allen Teilen der Republik“, sagt Stefanie Kölbel.
Andere Projekte, wie die Aufnahme
der im Archiv entdeckten Notenblätter aus dem 15. Jahrhundert, konnten trotz Pandemie umgesetzt werden und manche Vorträge waren auch per Internetstream besuchbar. Generell habe man versucht, je nach Pandemiestand, so viel wie möglich aus dem Repertoire des Museums anzubieten. Beispielsweise habe das Team anstatt der Steinzeitwerkstätten dann Boxen für Familien angeboten, mit denen ganz im Sinne und mit der Technik unserer Vorfahren kunstvolle kleine Objekte entstehen konnten. Eine konzeptionelle Weiterentwicklung, die das Urmu auch nach Corona weiter anbieten möchte. So gab es einen „Amulett-Baukasten“, dessen Vorlage von Jeany Weisheit nach kirgisischem Vorbild ausgearbeitet worden ist.
Die Museumsleiterin ist sich auch deswegen sicher, dass das Jahr nicht nur seine schlechten Seiten hatte. Viele deutsche Touristen hätten gerade wegen der Corona-Bestimmungen, die Auslandsreisen schwierig machten, die Schwäbische Alb entdeckt. Sie hofft, dass die positiven Erfahrungen auch in den kommenden Jahren anhalten werden und weitere Gäste in die Region und nach Blaubeuren und damit auch ins Urmu kommen.
Finanziell gehe es dem Museum vorerst gut, trotzdem spüre die Einrichtung auch die finanziellen Einbußen,
bedingt durch die geringere Besucherzahl. Stefanie Kölbl sagt: „Für unsere Umstrukturierungen bekommen wir Fördergelder von Bund und Land. Zudem haben wir natürlich auch Rücklagen gebildet. Trotzdem werden wohl auch wir sehen müssen, wie viel uns der Lockdown gekostet hat und wo wir noch sparen können. Ein endgültiges Ergebnis werden wir haben, wenn der Jahresabschluss Ende April vorliegt.“
Bis dahin möchte das Team, welches teilweise auch zu 100 Prozent in Kurzarbeit war, weiterhin fleißig sein. Es wartet sehnsüchtig darauf, dass die Besucher wieder kommen, das bestätigt auch Jeany Weisheit. Besonders die Guides würden sehr darauf warten, wieder Führungen anbieten zu können. Gerade aber was Veranstaltungen angeht, „fahren wir weiterhin auf Sicht“, bestätigen Stefanie Kölbl und Jeany Weisheit. „Wir organisieren gerade sozusagen mit angezogener Handbremse, weil wir einfach keine sicheren Rahmenbedingungen haben.“
Planungssicherheit gebe es aktuell eben keine und in der momentanen Situation gehen die beiden Wissenschaftlerinnen auch nicht von einer schnellen Verbesserung der Corona-Lage oder von Lockerungen aus. Zahlreiche Anrufer, die jetzt nach Terminen für die Osterferien fragen, müssten vertröstet werden.