Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Planen mit angezogene­r Handbremse

Neue Räume und Ausstellun­gskonzepti­on kommen im Urmu gut voran – Bei Veranstalt­ungen wird auf Sicht gefahren

- Von David Drenovak

BLAUBEUREN - Gerade einmal vier Tage lang hatte das Urgeschich­tliche Museum in Blaubeuren (Urmu) nach langer Schließung durch den Lockdown geöffnet. Dann übersprang die Inzidenz im Alb-Donau-Kreis wieder den Grenzwert von 100 und das Urmu musste wieder schließen. Eine schwierige Grundlage für die Verantwort­lichen, das Museum sinnvoll und sicher zu führen. Was den Ausbau neuer Ausstellun­gsräume und Konzeption­en angeht, ist die Schließung teilweise zwar förderlich, in Sachen Regelbetri­eb oder Veranstalt­ungen muss das Urmu-Team weiterhin auf Sicht fahren. Darin liegt natürlich auch eine große Unsicherhe­it für die Mitarbeite­r.

Planungssi­cherheit ist etwas, was sich die geschäftsf­ührende Direktorin des Urmu, Stefanie Kölbl, sehnlichst wünscht. In naher Zukunft wird dieser Wunsch aber wohl nicht in Erfüllung gehen. „Wir haben uns so darauf gefreut, wieder zu öffnen. Wir haben extra unser Hygienekon­zept nochmals weiterentw­ickelt und alles hat gut funktionie­rt. Dann kam die Nachricht, das wir wieder schließen müssen“, sagt die MuseumsChe­fin, die zusammen mit ihrem Team in der Zeit der Schließung zahlreiche Projekte angestoßen und Teile der Ausstellun­g neu konzeption­iert hat.

So werden aktuell Räume im Obergescho­ss des Museums umgestalte­t, welche den Fokus auf den Dreiklang Musik, Tanz, Malerei und Handwerk legen. „Diese Themengebi­ete waren in der Steinzeit eng miteinande­r verknüpft. Wir setzen gerade verschiede­ne Installati­onen dafür um. Eine mit einem echten präpariert­en Schwan und eine andere, in der die Besucher durch ihre Körperbewe­gungen die unterschie­dlichsten Klänge auslösen“, erklärt Stefanie Kölbl. Die umfangreic­he Umgestaltu­ng der Ausstellun­gsräume, die beispielsw­eise auch den Raum im Erdgeschos­s betrifft, der den Besuchern das tägliche Leben der Eiszeitmen­schen näher bringen soll, ersetzt für das kommende Jahr die hauseigene Sonderauss­tellung. Jeany Weisheit, Assistenz der Geschäftsf­ührung und verantwort­lich für Sonderauss­tellungen, ist mit Feuereifer bei den Umgestaltu­ngsarbeite­n mit dabei und freut sich darauf, wenn die Besucher endlich wieder ins Museum nach Blaubeuren kommen und das neue Angebot bestaunen können.

Im vergangene­n Jahr habe das Museumstea­m durch Corona nicht so viele Menschen mit seinem Angebot begeistern können wie eigentlich geplant. Echte Knaller, wie beispielsw­eise die Ausstellun­g „Fürsorge“zu 600 Jahre Heilig-Geist-Spital samt dazugehöri­ger Archäowerk­statt mit Vorträgen und Führungen, hätte teilweise ins Internet verlegt werden oder ausfallen müssen. Die Publikatio­n zum Jubiläum wird zudem erst in diesem Jahr erscheinen.

Auch die sensatione­llen Entdeckung­en wie der steinzeitl­iche Werkzeugka­sten oder der unerwartet­e Glücksfall des Meteoriten „Blaubeuren“, der ebenfalls im Urmu ausgestell­t worden ist, hätten durch die Beschränku­ngen des Besucherve­rkehrs

beziehungs­weise durch die zeitweilig­en Schließung­en ebenfalls nicht von so vielen Menschen bestaunt werden können wie eigentlich erhofft. „Wir hatten den Meteor extra verlängert, durch den Lockdown hat das aber leider gar nichts gebracht. Dabei war der Andrang riesengroß. Im vergangene­n Jahr hatten wir unter unseren Besuchern viele aus allen Teilen der Republik“, sagt Stefanie Kölbel.

Andere Projekte, wie die Aufnahme

der im Archiv entdeckten Notenblätt­er aus dem 15. Jahrhunder­t, konnten trotz Pandemie umgesetzt werden und manche Vorträge waren auch per Internetst­ream besuchbar. Generell habe man versucht, je nach Pandemiest­and, so viel wie möglich aus dem Repertoire des Museums anzubieten. Beispielsw­eise habe das Team anstatt der Steinzeitw­erkstätten dann Boxen für Familien angeboten, mit denen ganz im Sinne und mit der Technik unserer Vorfahren kunstvolle kleine Objekte entstehen konnten. Eine konzeption­elle Weiterentw­icklung, die das Urmu auch nach Corona weiter anbieten möchte. So gab es einen „Amulett-Baukasten“, dessen Vorlage von Jeany Weisheit nach kirgisisch­em Vorbild ausgearbei­tet worden ist.

Die Museumslei­terin ist sich auch deswegen sicher, dass das Jahr nicht nur seine schlechten Seiten hatte. Viele deutsche Touristen hätten gerade wegen der Corona-Bestimmung­en, die Auslandsre­isen schwierig machten, die Schwäbisch­e Alb entdeckt. Sie hofft, dass die positiven Erfahrunge­n auch in den kommenden Jahren anhalten werden und weitere Gäste in die Region und nach Blaubeuren und damit auch ins Urmu kommen.

Finanziell gehe es dem Museum vorerst gut, trotzdem spüre die Einrichtun­g auch die finanziell­en Einbußen,

bedingt durch die geringere Besucherza­hl. Stefanie Kölbl sagt: „Für unsere Umstruktur­ierungen bekommen wir Fördergeld­er von Bund und Land. Zudem haben wir natürlich auch Rücklagen gebildet. Trotzdem werden wohl auch wir sehen müssen, wie viel uns der Lockdown gekostet hat und wo wir noch sparen können. Ein endgültige­s Ergebnis werden wir haben, wenn der Jahresabsc­hluss Ende April vorliegt.“

Bis dahin möchte das Team, welches teilweise auch zu 100 Prozent in Kurzarbeit war, weiterhin fleißig sein. Es wartet sehnsüchti­g darauf, dass die Besucher wieder kommen, das bestätigt auch Jeany Weisheit. Besonders die Guides würden sehr darauf warten, wieder Führungen anbieten zu können. Gerade aber was Veranstalt­ungen angeht, „fahren wir weiterhin auf Sicht“, bestätigen Stefanie Kölbl und Jeany Weisheit. „Wir organisier­en gerade sozusagen mit angezogene­r Handbremse, weil wir einfach keine sicheren Rahmenbedi­ngungen haben.“

Planungssi­cherheit gebe es aktuell eben keine und in der momentanen Situation gehen die beiden Wissenscha­ftlerinnen auch nicht von einer schnellen Verbesseru­ng der Corona-Lage oder von Lockerunge­n aus. Zahlreiche Anrufer, die jetzt nach Terminen für die Osterferie­n fragen, müssten vertröstet werden.

 ?? FOTO: DKD ?? Jeany Weisheit (links) und Stefanie Kölbl hoffen darauf, bald wieder viele Besucher im Museum begrüßen zu dürfen. In der Zeit der Schließung hat das Team viele neue Projekte begonnen und auch Umgestaltu­ngen angestoßen. Auch hier im Raum, der den Besuchern das tägliche Leben der Eiszeitmen­schen näher bringen soll, wird es bald Veränderun­gen geben.
FOTO: DKD Jeany Weisheit (links) und Stefanie Kölbl hoffen darauf, bald wieder viele Besucher im Museum begrüßen zu dürfen. In der Zeit der Schließung hat das Team viele neue Projekte begonnen und auch Umgestaltu­ngen angestoßen. Auch hier im Raum, der den Besuchern das tägliche Leben der Eiszeitmen­schen näher bringen soll, wird es bald Veränderun­gen geben.

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