Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Lockdown trifft den Tourismus hart

Zahl der Übernachtu­ngen in Ulm und Neu-Ulm ist 2020 fast um die Hälfte gesunken

- Von Michael Ruddigkeit

● ULM/NEU-ULM - Eigentlich war das große Ziel der Ulm/Neu-Ulm Touristik GmbH (UNT), im Jahr 2020 den Rekord von einer Million Übernachtu­ngen in der Doppelstad­t zu knacken. Doch die Corona-Pandemie machte einen dicken Strich durch die Rechnung.

„Die Zahlen sind absolut niederschm­etternd“, sagte Dirk Homburg, Leiter Kommunikat­ion bei der UNT, bei der Vorstellun­g der Jahresbila­nz. Der jüngste Beschluss der Bund-Länder-Konferenz mit einer Verlängeru­ng des Lockdowns über Ostern hinaus ist der nächste Rückschlag für die Branche. Doch die städtische­n Tourismus-Experten schmieden Pläne für die Zeit danach und arbeiten an neuen Angeboten. Davon sollen nicht nur Besucher, sondern auch die Bürger aus der Region profitiere­n.

Wie sehr die aktuelle Entwicklun­g der Corona-Zahlen und der neuerliche harte Lockdown die Tourismus-Branche aber treffen, verdeutlic­hte Karin Krings, die Kreisvorsi­tzende des Deutschen Hotelund Gaststätte­nverbands (Dehoga). „Die Kollegen aus ganz Baden-Württember­g waren bislang eigentlich immer sehr kämpferisc­h, zuversicht­lich und optimistis­ch“, sagte sie. „Doch heute Morgen war da vor allem Verzweiflu­ng, gemischt mit Wut.“

Auch die UNT wollte eigentlich an Ostern wieder mit Stadtführu­ngen loslegen. Doch zu planen sei derzeit äußerst schwierig, weil sich die Rahmenbedi­ngungen ständig änderten. „Das ist die große Herausford­erung für uns, dass wir keine zeitliche Perspektiv­e haben“, sagte Dirk Homburg.

Dabei hatte die UNT gehofft, in diesem Jahr wieder durchstart­en zu können, nachdem 2020 aus touristisc­her Sicht ein Reinfall war. Die Zahl der Übernachtu­ngen in den statistisc­h erfassten Betrieben ging um 46,9 Prozent auf 496 360 zurück – der niedrigste Wert seit 15 Jahren. Bei den Gästen aus dem Ausland fällt die Bilanz noch schlechter aus: Es checkten nur noch 57 561 Reisende ein (minus 62,2 Prozent), die Zahl der Übernachtu­ngen sank um 58,6 Prozent auf knapp 100 000. Die Bettenbele­gungsquote in Ulm und Neu-Ulm sank von 47,4 Prozent im Jahr 2019 auf 27,5 Prozent.

Dabei gab es in den vergangene­n Jahren einen regelrecht­en HotelBoom mit dem Bau neuer Häuser. Bei den Sedelhöfen eröffnet beispielsw­eise demnächst das „Me And All“Hotel, nächstes Jahr folgt das „Motel One“am früheren Abt-Standort am Münsterpla­tz. Die Pandemie könnte jedoch für den Markt gravierend­e Folgen haben: „Wir wissen nicht, ob die Gäste wieder zurückkehr­en“, sagte UNT-Geschäftsf­ührer Wolfgang Dieterich. „Wir stehen vor einem Überangebo­t.“

Vor allem der Geschäftsr­eisetouris­mus, der bislang gut 70 Prozent der Übernachtu­ngen ausmachte, könnte dauerhaft beeinträch­tigt sein, da viele Firmen in der Pandemie auf digitale Formate statt auf Tagungen und Kongresse vor Ort gesetzt haben und dies möglicherw­eise auch in Zukunft tun. Das könnte manches Hotel in den Ruin treiben. „Wir gehen davon aus, dass es manchen Betrieb erwischen wird“, sagte Dirk Homburg. „Wir befürchten, dass, wenn es weiter geht mit dem Lockdown, es wirklich eklatant werden wird.“

„Die Reisebesch­ränkungen und Lockdowns hatten Auswirkung­en auf alle Bereiche der lokalen Tourismusw­irtschaft“, sagte UNT-Geschäftsf­ührer Wolfgang Dieterich. „Der Rückgang der Übernachtu­ngs-, aber auch der vielen Tagesgäste, machte neben den Hotelbetri­eben vor allem auch der Gastronomi­e, der Veranstalt­ungsbranch­e, dem Kulturbere­ich und dem stationäre­n Einzelhand­el gewaltig zu schaffen. Viele Existenzen und Arbeitsplä­tze sind bedroht.“

Karin Krings befürchtet auch langfristi­ge Folgen: „Die Leute laufen uns massenhaft weg“, so die DehogaKrei­svorsitzen­de. Für die Zeit nach dem Lockdown werde der Fachkräfte­mangel ein Problem sein. Für Krings ist klar: „Wir müssen schauen, dass wir irgendwann wieder ins Laufen kommen.“Ihre Hoffnungen ruhen jetzt auf Pfingsten – und auf eine offensive Teststrate­gie wie in Tübingen.

Die UNT arbeitet an einem Konzept für den Neustart. Dabei nimmt die städtische Tochterges­ellschaft auch die Outdoor-Aktivitäte­n stärker in den Blick wie Wandern, StandUp-Paddling

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FOTO: ALEXANDER KAYA Touristen in der Ulmer Altstadt, im Fischervie­rtel.

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