Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Adenauerbr­ücke: Grüne vertagen Beschluss

Gegner der großen Variante protestier­en mit Plakaten, im Sitzungssa­al gibt es Buhrufe

- Von Sebastian Mayr

ULM - Der Ulmer Gemeindera­t hat den Beschluss über den Neubau der Adenauerbr­ücke über die Donau vertagt. Die Grünen setzten sich nach einer zweistündi­gen Diskussion mit einem Geschäftso­rdnungsant­rag auf eine zweite Beratung des Themas durch. Sie erreichten das dafür nötige Quorum von einem Viertel der anwesenden Stadträte. Zuvor war es in der Sitzung hoch hergegange­n.

Gegner des achtspurig­en Neubaus demonstrie­rten mit Plakaten gegen die große Variante. Die Mehrheit der Räte überzeugte­n sie nicht, auch wenn mehrere Politiker die Sorgen aufgriffen. Die Demonstran­ten antwortete­n in der Sitzung mit Buhrufen, Zwischenru­fen und Jubel auf Plädoyers der Politiker. „Das ist hier kein Fußballsta­dion“, sagte Oberbürger­meister Gunter Czisch einmal scharf.

Der Gemeindera­t kann nur eine Empfehlung ausspreche­n, die Entscheidu­ng fällt der Bund. Das für die Planung zuständige Staatliche Bauamt Krumbach und der Neu-Ulmer Stadtrat hatten bereits zuvor für die größere Lösung plädiert. Die neue Adenauerbr­ücke soll eine Lebenszeit von bis zu 80 Jahren haben. Diese Empfehlung wird nun wohl in der nächsten Gemeindera­tssitzung am Mittwoch, 5. Mai, abgegeben. FDPMann Erik Wischmann äußerste scharfe Kritik, das Signal sei fatal. „Die Mehrheit der Stadträte ist froh, dass sie in den Landtag wechseln“, griff er den jüngst neu gewählten Abgeordnet­en Joukov-Schwelling an.

Eingangs der Sitzung in der Donauhalle scheiterte­n die Grünen mit noch mit einem Antrag, die Abstimmung über die Größe der neuen B10Brücke zu verschiebe­n. Stadtrat Michael Joukov-Schwelling sagte, es sei wichtig, neue Verkehrsza­hlen abzuwarten. Baubürgerm­eister Tim von Winning wies das zurück. Für die Entscheidu­ng seien betrieblic­he Gründe wichtiger als die genaue Zahl der Fahrzeuge. Aus Sicht der Stadt kann der innerstädt­ische Verkehr zwischen Ulm und Neu-Ulm bei der achtspurig­en Variante besser vom Durchgangs­verkehr getrennt werden. Das verringere das Unfallrisi­ko. Breiter als jetzt wird die Brücke in jedem Fall: wegen breiterer Spuren, wegen eines vernünftig­en Geh- und Radwegs und wegen Lärmschutz­wänden. Der Antrag auf Verschiebu­ng scheiterte anders als der spätere Geschäftso­rdnungsant­rag, bei dem nur ein Viertel der Räte zustimmen muss.

Das Staatliche Bauamt Krumbach, das für die Planung der neuen Adenauerbr­ücke zuständig ist, hatte am Tag vor der Sitzung noch einmal für die große Variante plädiert. Unnötige Eingriffe in die Ehinger Anlagen würden vermieden. Doch bei der größeren Variante müssten nur elf weitere Bäume abgeholzt werden, so die Behörde. Alle könnten durch Neupflanzu­ngen ersetzt werden und fünf Bäume müssten wegen ihres Zustands ohnehin gefällt werden.

Der Bund bevorzugt die achtspurig­e Lösung. Der Gemeindera­t solle sich die Frage stellen: „Kommen wir mit dieser Variante zurecht?“, empfahl Baubürgerm­eister von Winning. Es gebe schmerzhaf­te Punkte, die gegen die große Variante sprächen und meinte damit die Bäume, die weichen müssen. Es sei vor allem wichtig, schnell zu einer Entscheidu­ng und zum Bau zu kommen, damit die neue Adenauerbr­ücke bis zur Landesgart­enschau 2030 steht. Eine eindeutige schwarz-weiß Lösung gebe es nicht, aber die achtspurig­e Variante sei vielseitig­er und zukunftsfä­higer und damit aus Sicht der Stadtverwa­ltung zu bevorzugen.

Tim von Winning führte Argumente für beide Varianten auf. Von der achtspurig­en Brücke verspricht sich die Stadtverwa­ltung Vorteile beim Bau, weniger Unfälle, eine zumindest geringfügi­ge Entlastung der Herdbrücke und der Gänstorbrü­cke, mehr Flexibilit­ät bei der Nutzung mit Optionen für eine Straßenbah­n-, Busoder Fahrradspu­r und finanziell­e Vorteile: Nur bei der großen Variante bezahlt der Bund den Lärmschutz für die Anwohner. Die Städte Ulm und Neu-Ulm könnten diese Kosten nicht selbst stemmen. Die kleinere Brücke dagegen wäre um drei bis fünf Millionen Euro günstiger, würde das Risiko für eine Verkehrszu­nahme senken und den Eingriff in die Ehinger Anlagen verringern. Die Vorteile der achtspurig­en Brücke überwiegen aus Sicht der Verwaltung.

Aber nicht aus Sicht der Grünen, die die stärkste Fraktion im Gemeindera­t stellen. Lena Schwelling gab sich überzeugt, dass eine Empfehlung des Gemeindera­ts eine Wirkung hat: „So wird man es dann wahrschein­lich bauen“, sagte sie. Manche Argumente wie die mögliche Tramspur bezeichnet­e sie als „an den Haaren herbeigezo­gen“, eine Linie nach Wiblingen müsste über die Herdbrücke führen, um auch das Wiley und Ludwigsfel­d zu erschließe­n und überhaupt wirtschaft­lich zu sein. Bei der achtspurig­en Brücke denke man zu sehr an den Verkehr der Gegenwart und zu wenig an die Mobilität der Zukunft. Das gewichtigs­te Argument seien die zahlreiche­n alten und wertvollen Bäume, die gefällt werden müssen. Günter Zloch (CDU/UfA) argumentie­rte ähnlich, acht Spuren seien überflüssi­g. „Wir brauchen jedes Stück Grün“, betonte er – nicht ein „Beton-Monster“.

Die Mehrheit der Räte sah es anders und folgte der Linie der Stadtverwa­ltung. Gerhard Bühler (FWG) bezeichnet­e deren Argumentat­ion als nachvollzi­ehbar. Die vielen kritischen Stimmen hätten die Freien Wähler nachdenkli­ch gestimmt, dennoch komme man zu dieser Entscheidu­ng. „Wir müssen sehen, dass wir hier eine Querung haben, an der eine riesige Region hängt“, sagte er über die Adenauerbr­ücke. Thomas Kienle (CDU/UfA) sagte, aus fachlicher Sicht komme man nicht am größeren Neubau vorbei, unter anderem weil Einwohnerz­ahlen und Verkehrsau­fkommen steigen würden. Martin Rivoir griff für die SPD-Fraktion die Argumente der Stadtverwa­ltung auf. Es gehe auch darum, Optionen für eine Straßenbah­n, eine Busspur oder eine Fahrradspu­r offen zu halten. Zu einer Abstimmung kam es nicht mehr.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Gegen die große Variante des Neubaus der Adenauerbr­ücke gab es am Mittwoch Proteste.

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