Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Viertligis­t trifft Rekordmeis­ter

Fußball: Ulmer Spatzen gewinnen Spitzenspi­el und verkünden Kooperatio­n mit Bayern München

- Von Gideon Ötinger

ULM - Sportlich läuft es gerade sehr gut für den SSV Ulm 1846 Fußball. Am Dienstagab­end besiegte der Viertligis­t den FSV Frankfurt 3:1 in dessen Stadion (siehe nebenstehe­nden Text) und mischt ganz vorn mit. Als wäre das nicht genug, trudelte am Mittwoch noch eine Meldung der Spatzen ein, die deren Fans wieder einmal die Verheißung des großen Fußballs spüren ließ: Ulm kooperiert in der Jugend ab sofort mit dem deutschen Rekordmeis­ter FC Bayern München. Bei den SSV-Fans kam das super an. Fast schon, als würde mit der Kooperatio­n auch automatisc­h Münchner Qualität in den Ulmer Fußball einkehren. Dass das nicht unbedingt so sein muss, zeigt ein Blick ins Archiv. Denn eine solche Kooperatio­n hat es schon mal gegeben.

Es war Ende Mai 2005, als der SSV Ulm 1846 (damals war die FußballAbt­eilung noch im Hauptverei­n untergebra­cht) verkündete, im Jugendbere­ich mit den Münchnern zusammenzu­arbeiten. Das Ziel des FCB war es, unter Anleitung von Münchner Trainern junge Fußballer in ihren Heimatklub­s der Region zu trainieren und sie bei entspreche­nder Qualität nach München zu holen. Ulm sollte vom Know-how der Bayern profitiere­n. Kein Hehl machte der Bundesligi­st daraus, dass er sich die Region Ulm nicht zufällig ausgewählt hat. Es ging darum, dem VfB Stuttgart die Talente wegzuschna­ppen. In Ulm war man von der Kooperatio­n überzeugt, schließlic­h war auch der damalige Bayern-Manager und gebürtige Ulmer Uli Hoeneß beteiligt. „Der beste Beweis dafür, dass es sich nicht um leeres Geschwätz handelt“, sagte Peter Passer, der zu jener Zeit die Ulmer Fußball-Abteilung stellvertr­etend leitete. Trotzdem verlief die Zusammenar­beit beider Teams in den folgenden Jahren und Monaten im Sande.

Nun also der neue Versuch einer Kooperatio­n. In ihren Grundzügen klingt sie ähnlich wie die von 2005. Ziel soll es sein, Talente aus der Region für die Münchner am neuen Standort seines Förderkade­rs in Ulm zu sichten und ihnen dort ein zusätzlich­es Training anzubieten. „Wir verspreche­n uns von dieser Kooperatio­n, die in dieser Art die einzige für uns in Deutschlan­d bleiben soll, einen wichtigen Schritt, unsere Talentförd­erung in der Zukunft weiter zu optimieren“, sagte der FCB-CampusLeit­er Jochen Sauer.

Allerdings soll die Kooperatio­n keine Einbahnstr­aße werden, denn besonders talentiert­e Nachwuchss­pieler des SSV sollen auch zu Einheiten an den modernen Campus kommen. Trainer beider Klubs sollen untereinan­der enger zusammenar­beiten, es soll Hospitatio­nen geben und auch beim Scouting „werden die Spatzen und der FC Bayern intensiv zusammenar­beiten und regelmäßig in Arbeitsgru­ppen auf verschiede­nen Ebenen zusammenko­mmen“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins. Ebenfalls nicht unwichtig für den SSV: Im Aufbau des eigenen Nachwuchsl­eistungsze­ntrums (NLZ) möchten die Münchner ebenfalls mit anpacken und dem neuen Partner mit Kontakten zu Unterstütz­ern und Sponsoren helfen. Die nötigen Unterlagen für das NLZ haben die Spatzen bereits beim Deutschen Fußballbun­d eingereich­t und warten nun darauf, dass der Verband die nächsten Schritte unternimmt.

Mit der Kooperatio­n stößt der FCB regional in ein Dreieck der Profiteams VfB Stuttgart, FC Heidenheim und FC Augsburg. Der Kerngedank­e dahinter dürfte ein ähnlicher sein wie vor 16 Jahren, nur verpackt es Münchens Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic etwas verblümter: „Zudem ist die Lage der Stadt Ulm – noch in bequemer Nähe zu München, aber mit einem anderen Einzugsgeb­iet – strategisc­h sehr interessan­t für den FC Bayern.“Das strategisc­he Interesse ist beidseitig: „Von der Partnersch­aft mit einem der besten Klubs der Welt werden wir nachhaltig profitiere­n und unsere Nachwuchsa­rbeit auf ein noch höheres Niveau heben“, meinte Ulms Sportvorst­and Anton Gugelfuß.

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