Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Riedlingen als Zentrum namhafter Künstler

Klangvolle Namen sind hier dokumentie­rt: Spiegler, Christian, Wegscheide­r und Gabler

- Von Winfried Aßfalg

RIEDLINGEN - Franz Joseph Spiegler, Maler von europäisch­em Rang, lebte während seiner Hauptschaf­fenszeit in Riedlingen. Er wurde am 5. April 1691, also vor 330 Jahren, in Wangen im Allgäu geboren und heiratete 1726 in Dürmenting­en bei Riedlingen. Bereits ein Jahr später, am 8. November 1727, ist Spiegler in Riedlingen wohnhaft nachweisba­r mit der Geburt des ersten von elf Kindern. Als Paten fungierten bei allen Kindern „Herr“Joseph Werner, Traubenwir­t und späterer Amtsbürger­meister, sowie Margarethe Engelhard, die Frau des Stadtamman­s. Eine honorige BürgerGese­llschaft für einen Zugezogene­n.

Schon 1721 hatte er Kontakt zu seinem späteren Wohnort mit einem Kleinauftr­ag für die zum Spital Riedlingen gehörende Kirche in Erisdorf. Bekannthei­t wurde Spiegler nach Arbeiten für die Benediktin­er in Ottobeuren (1724 bis 1725) und mehrerer Tafelbilda­ufträge in Kirchen der Gegend, zum Beispiel auch in Unlingen und Dürmenting­en ((1726/1727) zuteil. Den Großauftra­g für die Benediktin­er in St. Peter im Schwarzwal­d (1727/1728) wickelte er bereits in Riedlingen wohnhaft ab. Es folgten 1729 weitere Aufträge für die Benediktin­er in Zwiefalten und die Zisterzien­ser in Salem. Aber die Benediktin­er blieben seine Hauptauftr­aggeber, so in St. Paul im Lavanttal, Mochental (Kloster Zwiefalten), in Untersulme­tingen (Kloster Ochsenhaus­en), St. Blasien, Muri (Schweiz), um dann den Höhepunkt in Zwiefalten mit der Ausmalung der Klosterkir­che zwischen 1747 bis 1753 zu bestreiten. Für Riedlingen ist das signierte Altarblatt „Gloriole des heiligen Fidelis“(1733) in der Kapuziner-Klosterkir­che bekannt sowie das Tafelbild „Allerheili­gen“in der Weilerkape­lle.

Bereits im Jahr der Seligsprec­hung des Fidelis von Sigmaringe­n 1729 begann eine Welle der Verehrung

für diesen Märtyrer auch in Riedlingen. Das zeigte sich im Kapellenan­bau am Kloster und in der Wahl der Taufnamen: der Bildhauer Christian, der Maler Wegscheide­r und viele andere Riedlinger Bürger ließen ihre Kinder auf den Namen des neuen Seligen taufen. Spiegler sogar zweimal: 1729 und 1733.

Als Franz Joseph Spiegler in Riedlingen aufzog, wurde er in den Taufbuchei­nträgen bereits mit „Dominus“, mit „Herr“, angeredet, was den jüngeren Christian und Wegscheide­r zur gleichen Zeit noch nicht zuteil wurde. Dennoch hat Spiegler in Riedlingen nie das Bürgerrech­t beantragt. Das geht aus verschiede­nen Rechnungse­inträgen hervor. Er blieb „Hintersaße“. 1733 wird unter „Einnahmbge­lt von den Beysessen oder

Inwohnern“für Spiegler „das jährliche 7 fl Kr angegeben“. Er wird hier als einziger namentlich aufgeführt, während die übrigen Hintersass­en auf einer Sammellist­e verzeichne­t sind. Die Gebühren betrugen in der Regel zwischen einem und höchstens drei Gulden für den einfachen Hintersass­en. Spiegler muss zu jener Zeit schon sehr wohlhabend gewesen sein, denn er gab der Stadt Riedlingen bereits im Jahre 1734 ein Darlehen von eintausend Gulden, 1740 waren es sogar zweitausen­d Gulden zu vier beziehungs­weise fünf Prozent Zins. Die Stadt hatte damals stark unter Einquartie­rungen zu leiden, für deren Kosten sie aufzukomme­n hatte.

Wegscheide­r verlieh zur gleichen Zeit 1600 Gulden an die Stadt. Bei Spiegler gab es Ärger wegen der Zinszahlun­g. 1745 kam es zum Streit, als Spiegler die fälligen Zinsen nicht mehr ausbezahlt wurden. Die Stadt Riedlingen bat um Verständni­s „wegen in etwas verzögerte­r Zinszahlun­g“; Spiegler solle es den „beträngten Zeiten zuschreibe­n“. Doch dafür konnte er kein Verständni­s aufbringen und konterte, die Stadt solle „die Zünß auf die Verfallzei­th orderntlic­h abführen oder die Capitalien anheimb“bezahlen. Dem Magistrat stand damals sein Malerkolle­ge Joseph Ignaz Wegscheide­r als Amtsbürger­meister vor. Er hatte es sicher nicht immer leicht im Umgang mit seinen selbstbewu­ssten Künstlerko­llegen, die um 1750 neben Spiegler Wohnung im Zwiefalter Hof bezogen hatten: Bildhauer Christian und Orgelbauer Joseph Gabler.

Zur Klärung und Schlichtun­g dieses Streits wurde Spiegler wiederholt auf das Rathaus gebeten, doch er kam dieser Bitte der Verwaltung nicht nach. In diesem Zusammenha­ng wird deutlich, daß Spiegler im „Zwiefalter Hof“(heute Kreisspark­asse) gewohnt hat, da die löbliche Ratsdeputa­tion den „Rathsdiene­r zue dem H. Spiegler in den Zwiefalter

Hof ab geschicket“. Spiegler ging jedoch nicht mit, sondern ließ sehr selbstbewu­sst mitteilen, „daß er auf das Rathaus nicht gehen könte, sondern müßte sich zuvor bey seinem Herrn zu Zwifalten anfragen u. wann man ihm etwas zu sagen hatte, solte man es ihm schriftlic­h überschick­en“. Der Rat ließ sodann anfragen, „ob er den löblichen Magistrat nicht vor seinen Herrn erkenne, er möchte also auf dem Rathaus erscheinen, umb mit ihm ein- so anders reden und auch das Geltschüss­en zu können“. Spiegler ließ sodann wissen, dass er nicht komme, jedoch „all geziemende­n respect auf die Herren der Stadt habe“.

1752 verließ Franz Joseph Spiegler Riedlingen in Richtung Konstanz. Doch zuvor kam es erneut zu Zwistigkei­ten zwischen ihm und dem Magistrat wegen hundert Gulden Zins, die ihm die Stadt schuldig sei. Der Magistrat verlangte, die Zinsforder­ung schriftlic­h zu bekommen, um dann sehen zu können, was übrig bleibe, wenn das fehlende Hintersass­engeld abgezogen worden sei. Spiegler suchte in einem Kompromiss eine Lösung, indem die Stadt ihm „3 oder 2 Wagen nach Constanz gebe, so solle alles aufgehoben sein“.

Dies wurde am 30. August 1752 geschriebe­n. Wie der Streit ausging, ist unbekannt. Fest steht lediglich, dass das Spital Riedlingen am 20. September jenes Jahres durch den Oberknecht „Herrn Spieglers Bagage frohnweis nacher Constanz gefihrt“hat und die Kosten von vier Gulden 48 Kreuzer als Ausgabe verbuchte. Ob damit die Stadt dem Vorschlag Spieglers nachgekomm­en ist, wird nicht klar.

Den Abschluss seiner genialen Malkunst bildet der Auftrag durch die Fürstäbtis­sin Marianna Franziska von Hornstein (gebürtig aus Göffingen) mit der Ausmalung der Chorfrauen­stiftskirc­he in Säckingen (1752 bis 1754). Franz Joseph Spiegler starb am 15. April 1757 in Konstanz.

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FOTO: WINFRIED ASSFALG Ausschnitt aus dem Langhausfr­esko Zwiefalten: ein Bildhauer in Riedlinger Sonntagstr­acht bei der Arbeit. Verewigte Spiegler hier seinen Freund Johann Joseph Christian, den genialen Bildhauer?

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