Die Situation im Businesspark Ehingen Donau
- Die Gründungslaune hat die Corona-Pandemie bisher kaum getrübt, stellt Michael Reichert von der Industrie- und Handelskammer in Ulm fest. Er leitet das Starter-Center, eine der ersten Anlaufstellen für alle, die Ideen haben. Trotzdem gibt es Unterschiede zur Zeit vor der Pandemie.
Weniger soziale Kontakte, Handel und Gastronomie ganz oder zum Teil im Lockdown: Zukunftsprognosen sind derzeit nicht einfach. Wer sich da mit einem eigenen kleinen Unternehmen selbstständig machen will, braucht gute Beratung und vielleicht auch starke Nerven. Trotzdem ist der Gründungswille in der Region ungebrochen. Auch wenn die Zahlen zeigen, dass die Gründer momentan mehr auf Neben- als auf Vollerwerb setzen. „Aber Corona ist eine exogene und keine strukturelle Krise“, sagt Michael Reichert.
In blanken Zahlen gesehen ist die Zahl der Gründer momentan sogar höher als vor der Pandemie. 3219 Gründungen alleine im vergangenen Jahr in der Region Donau-Iller. Ein Plus von 3,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Aber: Die Anzahl der Gründungen aus Arbeitslosigkeit nimmt gefühlt zu“, ergänzt Michael Reichert.
„Sobald die Krise wegfällt, wird sich die Wirtschaft erholen“, davon geht Michael Reichert fest aus, und das ist auch die Prämisse für all diejenigen, die in der aktuellen Situation den Schritt in Richtung Selbstständigkeit wagen. „Es ist eine Frage des Durchhaltevermögens“, ergänzt Reichert und macht das am Beispiel Gastronomie fest. Wann Kneipen, Bars und Restaurants wieder öffnen dürfen, steht derzeit in den Sternen. Wer aber ein innovatives Konzept in der Tasche hat und einen guten Plan mitbringt, der verschiedenste Szenarien berücksichtigt, kann daraus eine gute Chance ziehen. Denn: „Es wird einen Nachholbedarf geben und das Angebot wird wohl ausgedünnt sein“, prognostiziert Reichert. Wichtig ist aber, dass die Gründer ein gutes finanzielles Polster mitbringen, um durchzuhalten.
Doch das galt auch schon vor Corona, sagt Reichert und gibt ein konkretes Beispiel. Wer eine Eisdiele eröffnen wolle, könne nicht mit fixen Einnahmen von Juni bis September rechnen. Denn wenn der Frühsommer kalt und verregnet ist, hält sich auch der Appetit auf Eis in Grenzen. Werden August und September dann sehr heiße Monate, zieht der Eis-Absatz vielleicht erst dann an und Verluste vom Frühsommer können wettgemacht werden. Wer allerdings vor Eröffnung knapp kalkuliert hat, kann die karge Zeit vielleicht nicht durchstehen.
Reichert hat daher einen Tipp für alle Gründungs-Willigen: „Feedback von außen ist immer wichtig, damit man nicht von der eigenen Euphorie geblendet wird.“Das bringe zum einen neue Ideen und zum anderen kämen Risiken ans Tageslicht, an die man selbst vielleicht gar nie gedacht hätte. Die IHK ist eine erste Anlaufstelle für Leute mit Ideen. Hier können alle relevanten Fragen geklärt werden, wie beispielsweise Fragen zu Fördergeldern oder zur Krankenversicherung. Zwei Infonachmittage gibt es pro Woche, einen für Menschen, die sich im Vollerwerb selbstständig machen wollen, und eine für Gründer im Nebenerwerb. Michael Reichert und seine Kollegen schauen sich die Ideen und Pläne der Gründungswilligen genau an. „Abraten würde ich dann, wenn eine Geschäftsidee oder ein Modell unplausibel sind“, sagt Reichert.
Beispielsweise wenn Modellrechnungen nicht aufgehen. Gemeinsam mit den Experten der IHK können die potenziellen Gründer dann auch nochmal kritisch auf ihre Ideen schauen. Längst nicht jede ist auch eine passable Geschäftsidee. Es kommt darauf an, ob es auf dem Markt dafür auch Chancen gibt, wie
Im Businesspark Ehingen Donau (BED) sind aktuell rund mit Gründern belegt. Zwölf „Startups“haben sich demnach im Businesspark eingemietet und belegen Flächen zwischen 23 und 350 Quadratmeter, wie Professor Michael Gaßner als Chef des Businessparks deutlich macht. Die Start-up-Unternehmen kommen dabei aus den unterschiedlichsten Branchen, darunter Medizintechniker, Ingenieurbüros, Onlineshops, Personalberatungen und mehr. Zudem hat der Businesspark vor wenigen Wochen rund 300 Unternehmen zwischen Ulm/Biberach und Tübingen angeschrieben, um auf ein besonderes Projekt in Sachen Unternehmensgründungen aufmerksam zu machen. „Wir haben viele Mitbewerber mit einem gleichen oder ähnlichen Produkt am Start sind, und natürlich nicht zuletzt, ob es überhaupt eine Nachfrage gibt. Was aber nicht heißt, dass sich Produkte und Dienstleistungen nach Unternehmensgründung nicht verändern dürfen.
Anhand dieser detaillierten Prüfung reduziert sich die Zahl der möglichen Gründer im Laufe des Prozesses dann auch erheblich. Etwa ein Viertel derer, die Interesse gezeigt und bei der IHK angefragt haben, taucht dann auch wirklich bei den Infonachmittagen auf. Die wie fast alles momentan inzwischen online stattfinden, was auch Vorteile birgt, denn über die Chatfunktion ist die Hemmschwelle, eine Frage zu stellen, niedriger als die Befangenheit, die sich in einem Raum voller Leute beim Infonachmittag in Präsenz die
entwickelt“, erklärt Michael Gaßner. Dabei geht es darum, dass erfolgreiche größere Unternehmen und Gründerinnen und Gründer kooperieren sollen – um neue Ideen, Dienstleistungen, Produkte, Geschäftsmodelle, gerade auch im digitalen Bereich, voran zu bringen. Dies hilft beiden, weil es echte Innovation in größeren Unternehmen mit ihren festen Strukturen oft schwer hat und andererseits es Gründerinnen und Gründern entscheidend hilft, Zugang zu Infrastruktur, Aufträgen und Mentoren zu haben. Dabei stellt der BED für entsprechende Kooperationen jeweils bis zu 100 Quadratmeter Büro- bzw. Laborfläche bis zu einem Jahr mietfrei zur Verfügung. (tg)
1000 Quadratmeter
ergibt. „An sich sind die Fragen aber noch die gleichen“, sagt Reichert.
Reichert hat dabei für alle Gründer einen konkreten Tipp: Die Idee strukturiert aufschreiben, alle Annahmen und Risiken auflisten, damit man genau sieht, wo eventuelle Schwachstellen im Plan sind. „Ich sehe es als meinen Job an, den Leuten zu zeigen, wo ihre Geschäftsideen Risiken haben“; erklärt er.
Die, die erfolgreich gegründet haben, haben sich über die IHK inzwischen in einem Netzwerk startup-region-ulm.de zusammengeschlossen und tauschen sich dort aus. Die Community hat in letzter Zeit immer mehr Eigendynamik bekommen, sagt Reichert. Und viele Startups, die sich auf der Plattform vorstellen, sind im Dunstkreis der Hochschulen entstanden.
Idee des kooperativen Gründens