Ulm verschiebt Schulöffnungen, auch Kirchen leer
ULM - Endet diese Pädagogen-Ära im Zwist? 30 Jahre unterrichtete Fritz P. (Name geändert) an der Ulmer Waldorfschule in der Römerstraße. Bis ihm die Schule inmitten der Pandemie kündigte. Grund: Der Lehrer weigerte sich, Maske zu tragen, legte auch ein Attest vor. Nun wird der Fall vor dem Ulmer Arbeitsgerichts verhandelt.
Wie andere Schulen auch, hat das Coronavirus die Waldorfschule in der Römerstraße (es gibt zwei Waldorfschulen in Ulm) wie aus heiterem Himmel getroffen. Und gleichzeitig für ein ebenso unvermitteltes Zerwürfnis mit einem langjährigen Pädagogen gesorgt. 30 Jahre unterrichtete Fritz P. an der Schule, eine bewährte Zusammenarbeit.
Wer mit Hartmut Semar, dem Geschäftsführer der Schule telefoniert, erlebt einen etwas zerknirscht wirkenden Leiter. Es habe sich nicht abgezeichnet, dass seine Schule und der langjährige Pädagoge mittlerweile nur noch über Anwälte kommunizieren. Was ist passiert?
Angesichts der Gefahr, die von dem Virus ausgeht, hatte sich die Waldorfschule im vergangenen Jahr eigene Hygienestandards auferlegt. Zu denen gehört: Auch Lehrer müssen Maske tragen. Fritz P. protestierte und lehnte ab – aus medizinischen Gründen. Worauf die Schule eine Lösung präsentierte: Sie bot P. an, ein Gesichtsschild aufzuziehen, das nicht direkt auf Mund und Nase aufliegt. Der „Schwäbischen Zeitung“sagt P.: Auch das Schild vertrage er gesundheitlich nicht.
Nachdem ihn die Schule abgemahnt hatte, und P. sich trotzdem weiter weigerte, Maske oder Schild zu tragen, sprach sie um den Jahreswechsel die Kündigung aus. Weil es sich bei der Waldorfschule um eine private Einrichtung handelt, war P. nicht beim Land, sondern über den Verein angestellt, der hinter der Waldorfschule steht.
Im März der Versuch, die Sache ohne Gerichtsentscheidung zu lösen. Eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht verlief vielversprechend. Man einigte sich auf eine Abfindung, 27 500 Euro sollte der Lehrer bekommen, inklusive späterer Betriebsrente. Konkret lautete die Forderung des Lehrers aber: Dass er wieder eingestellt wird. Einer seiner Anwälte ist der „Querdenken“-Anwalt Markus Haintz.
Doch aus der Einigung wurde nichts. Innerhalb der Frist widersprach P. der Lösung, mit der er einen Schlussstrich hätte ziehen können. Begründung: Das Vorgehen der Schule, die selbst auch von Corona und Quarantänefällen betroffen war, sei „rechtswidrig“gewesen.
ULM (dpa/sz/köd) - Ulm hat wegen stark steigender Infektionszahlen die geplante Wiedereröffnung der Schulen für alle Kinder und Jugendlichen verschoben. Zwar liegt die Stadt noch knapp unter dem Schwellenwert von 200 Neuinfektionen pro 100 000 in einer Woche, ab dem Schulen wieder geschlossen werden sollen. Der für Bildung zuständige Stadtdirektor Gerhard Semler teilte am Freitag jedoch mit, den Schulen werde empfohlen, „dass vorerst von einem Präsenzunterricht Abstand genommen werden soll“. Semler erklärte, Hintergrund sei die Erfahrung der vergangenen Tage und aus der letzten Corona-Welle, die den Schluss nahelegten, „dass wir die Inzidenz von 200 rasch erreichen werden“. Der Abteilungsleiter betonte aber, dass es sich um eine Empfehlung handele, da die rechtliche Grundlage für ein Verbot des Präsenzunterrichts ab Inzidenz 200 noch gar nicht vorhanden sei. Die
Bei Lehrern an staatlichen Schulen verhält es sich diesbezüglich „einfacher“. Wer verbeamtet ist – in der Dienstpflicht gegenüber dem Land steht –, hat wenig Spielraum.
Benedikt Reinhard vom Kultusministerium stellt klar: Gilt an einer staatlichen Schule Maskenpflicht (was aktuell der Fall ist), hat dies zur Folge, dass das Schulgelände auch nur Menschen betreten können, die Maske tragen. Lehrer, die sich widersetzen und deshalb die Schule nicht mehr betreten können, können schwerlich ihrer Dienstpflicht – dem Unterrichten – nachkommen. Sie
Landesregierung will ihre CoronaVerordnung aber am Wochenende aktualisieren und dann die vom Bund verlangte Notbremse einarbeiten. Diese sieht vor, dass Schüler in Hotspots mit einer Inzidenz von 200 erneut von zuhause lernen müssen. Allerdings ist die Voraussetzung, dass ein Kreis an drei Tagen hintereinander den Schwellenwert von 200 überschreitet – dann muss am übernächsten Tag der Präsenzunterricht untersagt werden. Auch die Kirchen in Ulm bleiben zu: Angesichts hoher Inzidenzwerte in der Stadt appellierten OB Czisch und Landrat Scheffold an Kirchen und Religionsgemeinschaften, in Ulm auf Präsenzgottesdienste und religiöse Veranstaltungen zu verzichten. Sowohl Dekan Ernst-Wilhelm Gohl als auch sein katholischer Kollege Ulrich Kloos unterstützen den Aufruf. Dazu Kloos: „Bitte weichen Sie auf Angebote im Fernsehen oder in digitaler Form aus.“
verletzten diese vielmehr und laufen Gefahr, so Reinhard, dass sie keine Bezüge mehr bekommen. Und obendrein Pensionsansprüche verlieren.
Die Lust, in einen solchen Konflikt einzutreten, scheint an staatlichen Schulen im Südwesten wenig ausgeprägt. Weder Benedikt Reinhard, noch Katja Kleiner, stellvertretende Leiterin des Staatlichen Schulamts in Biberach, wissen konkret von solchen Fällen. Wenn überhaupt, sagt Kleiner, gebe es sie „nur ganz vereinzelt“. Zuständig ist das Schulamt Biberach für Ulm, den Kreis Biberach und den Alb-Donau-Kreis.