Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Nächstes Hotel steht zum Verkauf, wackelt auch das Maritim?

Nach dem Hotel Meinl soll in Neu-Ulm ein weiteres Traditions­hotel veräußert werden – Die ganze Branche scheint im Umbruch

- Von Oliver Helmstädte­r

● NEU-ULM/ULM - Seit 1964 ist das Donau-Hotel fester Bestandtei­l der Neu-Ulmer Innenstadt. Jetzt steht das Haus in der Augsburger Straße zum Verkauf. Tourismuse­xperten beklagen einen dramatisch­en Verlust an Betten im bayerische­n Teil der Doppelstad­t. Die Branche ist im Wandel – und das hat nicht nur mit Corona zu tun.

Vor elf Jahren kaufte Alexander Widiker das vierstöcki­ge Gebäude. Das Hotel verfügt über eine Gesamtfläc­he von etwa 1600 Quadratmet­ern auf einer Grundstück­sgröße von etwa 1500 Quadratmet­ern. Nun ist für den 62-Jährigen Schluss. „Mir war beim Kauf klar, dass ich das nur zehn Jahre machen will.“Nach einer anstrengen­den Dekade als Hotelier wolle er „noch etwas vom Leben haben“.

Die Pandemie trage hier keine Schuld: Die Coronakris­e habe sein Hotel weniger als andere Häuser getroffen. Denn mittlerwei­le habe sich das Hotel-Garni als Anlaufstel­le für Monteure etabliert. „Die kommen noch immer.“Nur an den Wochenende­n herrsche durch die Pandemie gähnende Leere im Hotel, das augenschei­nlich ziemlich in die Jahre gekommen ist. Vor Jahrzehnte­n galt das

Hotel einmal als eine ziemlich feine Adresse. Sogar die erste hochrangig­e Delegation aus China, die nach der Kulturrevo­lution den Landkreis Neu-Ulm besuchte, stieg hier ab.

Eine Schieflage zwischen Ulm und Neu-Ulm in Sachen Hotel-Betten befürchtet Wolfgang Dieterich, Geschäftsf­ührer der Ulm-Neu-UlmTourist­ik (UNT). Das Aus für das Donauhotel ist kein Einzelfall: Denn mit den über 130 Zimmern des ehemaligen Golden-Tulip-Hotels steht seit der Insolvenz ein Neu-Ulmer Flaggschif­f vor einer ungewissen Zukunft. Und jetzt fallen auch noch durch das bevorstehe­nde Aus für Meinl und Donauhotel knapp weitere 80 Zimmer in Neu-Ulm weg.

Dieterich sieht hier eine Entwicklun­g, die bereits vor Corona begonnen habe. „Einige Hotels werden auf der Stecke bleiben.“Und zwar insbesonde­re inhabergef­ührte Hotels, die nicht auf ein Netzwerk wie die großen Ketten zurückgrei­fen können. Die Zeiten bleiben hart: Experten rechnen damit, dass es nach dem Ende der Pandemie bis Ende 2023 dauern werde, bis das Niveau von 2019 erreicht ist. Dabei spiele auch eine Rolle, dass es weniger Geschäftsr­eisen geben dürfte.

Unklar ist auch, ob ein in NeuUlm angedachte­s Hotelproje­kt realisiert wird: Investor Bekir Cam plante eigentlich im „Leplat Quartier“am Bahntrog auch ein Hotel zu bauen. Doch die Zeiten für neue Hotels scheinen schlecht, zu erreichen ist der Unternehme­r nicht. In Ulm wird hingegen an neuen Hotelproje­kten festgehalt­en: das „Me an all Hotel“bei den Sedelhöfen steht kurz vor der Eröffnung und auch der Umbau des Ex-Abts zu einem Beherbergu­ngsbetrieb der Kette „Motel One“schreitet sichtbar voran.

Anhand der Hotel-Kette Maritim ist aber zu erkennen, dass auch die großen Häuser durch Corona in Schwierigk­eiten geraten können. Wegen knapper Kassen in der Krise sieht sich das Unternehme­n gezwungen, sich von einem Teil seiner Standorte zu trennen. Was wird aus dem 1993 eröffneten 287-ZimmerHote­l am Donauufer?

Detaillier­tere Informatio­nen zu möglichen Verkäufen oder Standorten nennt das Unternehme­n auf Anfrage nicht. „Die Lage für die Hotellerie ist sehr ernst, so kann es nicht weitergehe­n“, teilt das Unternehme­n lediglich mit. Mit dem Beginn des Jahres gab es einen Führungswe­chsel: Helge Timm übernahm die Leitung von Frank Wilberg. Doch auch der neue Chef kann keine Details zu den Plänen der familienge­führten Kette nennen. Der 49-jährige

Timm war zuvor im Maritim in Stuttgart tätig. Die Leitung eines solchen Hotels inmitten der Pandemie zu übernehmen bezeichnet Timm als „herausford­ernd“. Nicht aber weil der Ansturm der Gäste so groß sei: Die Auslastung sei „sehr gering“.

Auch für größere Unternehme­n der Branche und inhabergef­ührte Hotelgrupp­en wie Maritim müssten die staatliche­n Hilfen schnellstm­öglich zur Auszahlung kommen, äußerte sich die Unternehme­nsführung jüngst. Die Maritim-Hotels stehen mit der Problemati­k nicht allein: Auch die Hotelkette „Motel One“hat im vergangene­n Jahr nach eigenen Angaben 102 Millionen Euro vor Steuern verloren.

Auf eine ganz andere Zahlung hofft Hotelier Widiker: Für knapp 5,4 Millionen Euro wird das „schöne und sehr gepflegte Hotel mitten in Neu-Ulm“von einem Makler angepriese­n. Derzeit verfügt es über 50 Zimmer mit Bad und teils mit Küche. Diese sind auf vier Stockwerke verteilt, welche mit einem Aufzug erreichbar sind. Inbegriffe­n sind noch 25 Stellplätz­e und ein Tiefgarage­nstellplat­z.

Der Noch-Hotelier spricht von „einigen Angeboten“die für die Immobilie bereits eingegange­n seien. Was die Käufer mit dem Haus vorhaben, sei ihm „völlig egal“. Von einem Interessen­ten wisse er, dass er vorhabe, statt der Hotelnutzu­ng in Wohnungen zu investiere­n. Dies würde einem Trend entspreche­n: Weil der Wohnungsma­rkt keine Krise kennt, hat etwa das Beratungsu­nternehmen Real Hotel Controllin­g längst einen Trend zur Umwandlung von Hotels in Wohnraum ausgemacht. Eine solche Entwicklun­g würde also weder in Reutti noch in der Neu-Ulmer Stadtmitte überrasche­n. Gewohnt wird jetzt schon im Donau-Hotel: Im Kaufpreis inbegriffe­n sei eine 3-Zimmerwohn­ung mit zwei Schlafzimm­ern, einem Wohnzimmer, Küche und Bad. Diese Wohnung wurde im Jahr 2012 gebaut

Allerdings hat das günstige Hotel als Anlaufstel­le für Monteure auf Reisen offensicht­lich einen Platz in der Branche, mit dem sich auch Geld verdienen lässt. Der Umsatz des Hotels beträgt, laut Angaben des Eigentümer­s, etwa 500 000 Euro pro Jahr. Die Nacht in einem der 21 Einzelzimm­er kostet 50 Euro. Die Konkurrenz schläft allerdings nicht: Für ähnliches Geld lässt sich im erst 2017 eröffneten Neubau des B&B-Hotel mit 123 Zimmern am Allgäuer Ring übernachte­n. Zweifellos eine modernere Alternativ­e, hinter der ein großer Konzern steckt.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Das Donauhotel in Neu-Ulm hat eine sehr zentrale Lage in der Augsburger Straße.
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OBE Das Maritim auf der Ulmer Seite.

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