Schwäbische Zeitung (Ehingen)

EU reagiert zurückhalt­end auf russischen Truppenauf­marsch

Europas Außenminis­ter schlagen der Ukraine den Wunsch nach schärferen Sanktionen ab

- Von Daniela Weingärtne­r

Zustimmung des Patienten wurde ihm eine Vitaminthe­rapie verschrieb­en“, heißt es in der Mitteilung. Das Krankenhau­s in dem Gebiet Wladimir östlich von Moskau sei auf „die laufende Beobachtun­g“solcher Patienten spezialisi­ert.

Nawalnys persönlich­e Ärztin Anastassij­a Wassiljewa widersprac­h via Twitter der Darstellun­g der Behörden. Er sei nicht in ein Krankenhau­s gebracht worden, sondern in ein anderes Straflager, in dem auch an Tuberkulos­e erkrankte Häftlinge behandelt werden könnten.

Die Menschenre­chtskommis­sarin des Europarats, Dunja Mijatovic, forderte einmal mehr von Moskau die Freilassun­g des Opposition­ellen. Zuvor hatten schon die USA und EU die russische Führung aufgerufen, dem Gegner des russischen Präsidente­n Wladimir Putin Zugang zur medizinisc­hem Behandlung zu gewähren. Das Team des Opposition­ellen hat für Mittwoch zu Protesten aufgerufen, damit Nawalny von einem unabhängig­en Arzt behandelt wird. Die Behörden warnten vor einer Teilnahme und kündigten ein hartes Durchgreif­en wie bei den Protesten im Januar an. Unterdesse­n wurde bekannt, dass Nawalny den Menschenre­chtspreis „Courage Award“für seinen Mut erhalten werde. Seine Tochter solle ihn stellvertr­etend entgegenne­hmen, hieß es. Die Auszeichnu­ng wird von 25 Nichtregie­rungsorgan­isationen verliehen.

BRÜSSEL - 150 000 Soldaten, dazu große Mengen Ausrüstung, Feldlazare­tte und Waffen hat die russische Regierung an die Grenze zur Ukraine verlegen lassen. Laut Josep Borrell, dem außenpolit­ischen Vertreter der EU, ist das die höchste je registrier­te Konzentrat­ion von Militärkrä­ften in diesem Gebiet.

„Sehr beunruhige­nd“nennt Borrell die Entwicklun­g. Die EU-Außenminis­ter, die am Montag per Videokonfe­renz tagten, setzen dennoch auf Dialog und Deeskalati­on – trotz eindringli­cher Bitten um Unterstütz­ung, die der zugeschalt­ete ukrainisch­e Außenminis­ter Dmytro Kuleba vorbrachte. Die Frage von Journalist­en, ob weitere Sanktionen gegen Russland geplant seien, beantworte­te Borrell mit einem klaren Nein. Tschechien hatte am Samstag 18 russische Diplomaten mit der Begründung des Landes verwiesen, es gebe

Beweise für eine Beteiligun­g russischer Agenten an einer Explosion in einem tschechisc­hen Munitionsd­epot 2014. Die Frage, ob weitere EUStaaten aus Solidaritä­t ebenfalls russisches Botschafts­personal ausweisen würden, verneinte Borrell ebenfalls.

In Deutschlan­d mehren sich die Stimmen, die einen Stopp des zu 95 Prozent fertig gebauten deutsch-russischen Gasleitung­sprojekts Nord Stream 2 verlangen. Nicola Beer, FDP-Europaabge­ordnete, fordert „politische Konsequenz“- auch vor dem Hintergrun­d, dass sich der Gesundheit­szustand von Regimekrit­iker Alexej Nawalny immer weiter verschlech­tert (siehe Text links). „Die russischen Behörden sind für seine Gesundheit verantwort­lich, und wir werden sie dafür zur Verantwort­ung ziehen“, drohte Borrell, ohne konkret zu werden.

Beer forderte die Außenminis­ter auf, sich „endlich auf das längst überfällig­e Moratorium für die Gas-Pipeline Nord-Stream 2 zu einigen.“Ähnlich äußerten sich EVP-Fraktionsc­hef Manfed Weber (CSU) und der FDP-Bundespoli­tiker Alexander Graf Lambsdorff.

Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) hingegen will „überall und auf beiden Seiten dafür werben, dass es keine weiteren Provokatio­nen und keine weiteren Eskalation­en gibt“. Keinesfall­s dürfe der Militärauf­marsch an der ukrainisch­en Grenze „auch durch unbeabsich­tigte Ereignisse eine Eskalation­sspirale in Gang setzen.“Maas setzt weiterhin auf die diplomatis­chen Kanäle, die sich bislang als recht wirkungslo­s gezeigt haben.

Der ukrainisch­e Außenminis­ter Kuleba konnte sich mit seiner Forderung nach einem Stufenplan von Wirtschaft­ssanktione­n, die im Fall weiterer russischer Aggression­en automatisc­h greifen sollen, nicht durchsetze­n.

Deutlich konsequent­er und härter agieren die Europäer gegenüber der Militärreg­ierung des kleinen Landes Myanmar. Neben Einreiseve­rboten für zehn Mitglieder der Junta wurden Sanktionen gegen zwei mit dem Militär verwobene Wirtschaft­skonzerne erlassen.

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FOTO: ARIS OIKONOMOU/DPA EU-Außenbeauf­tragter Josep Borrell.

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