Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Schluss machen mit Parship

Weshalb es zwischen Verbrauche­rschützern und der Singlebörs­e einen handfesten Beziehungs­krach gibt

- Von Hanna Gersmann

BERLIN - Eigentlich lässt der Datingdien­st im Internet seine Kunden nicht schnell los. Darum wollen Verbrauche­rschützer klagen. Jetzt zeigt sich Parship plötzlich kulant.

Die Beziehung beenden? Ja. „Je schneller, desto besser!“, sagt Klaus Müller. Als Vorstand der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and ist er der oberste Verbrauche­rschützer Deutschlan­ds – und meint Kundinnen und Kunden, die die Singlebörs­e Parship vorzeitig verlassen wollen.

Der Dienst, der zum Medienhaus Pro Sieben Sat 1 zählt, macht es ihnen sonst schwer zu gehen, lehnt eigentlich fristlose Kündigunge­n ab. Plötzlich zeigt er sich allerdings entgegenko­mmend. „Nur“, sagt Müller, „niemand weiß, wie lange.“Müller ist nicht gut auf Parship zu sprechen, es kracht zwischen den beiden: Der Bundesverb­and will den Partnerver­mittler vor Gericht bringen.

„Lena, 35, hat Ihnen eine Nachricht geschriebe­n“, „Hey, mir gefällt Dein Profil“– das Postfach füllt sich schnell, wenn man neu ist bei der digitalen Beziehungs­anbahnung. Nach eigenen Angaben von Parship melden sich weltweit jede Woche 37 000 Menschen an. Wer ernsthaft eine Chance haben will, zahlt zumeist für den Dienst mit Persönlich­keitstest und Partnervor­schlägen. Die kostenlose Basis-Mitgliedsc­haft unterliegt zahlreiche­n Beschränku­ngen. Müller meint: „Das ist ein teures, recht fesselndes Geschäft mit der Liebe.“

Schon für die kürzeste PremiumMit­gliedschaf­t, das sind sechs Monate, sind regulär fast 480 Euro zu zahlen, für zwölf Monate sind es rund 790 Euro. Auch eine zweijährig­e Premiummit­gliedschaf­t gibt es – für knapp 1100 Euro. Das sei viel Geld, sagt Müller. In Kneipen- und Clubfreien Corona-Zeiten hätten sich allerdings noch mehr Menschen als sonst darauf eingelasse­n. Nun häuften sich die Beschwerde­n, hätten sich allein im letzten Monat zahlreiche Personen an die Verbrauche­rzentralen gewandt. Die monatelang­e Krise zwinge viele, ihre Ausgaben im Blick zu halten. Sie kämen aus der Geschichte mit Parship aber nicht einfach wieder raus.

Müller geht es nicht nur darum, dass die kostenpfli­chtige ParshipMit­gliedschaf­t automatisc­h verlängert wird, wenn die Kunden nicht rechtzeiti­g kündigen. Müller fordert: „Parship muss es Kundinnen und Kunden grundsätzl­ich jederzeit ermögliche­n zu kündigen. Das ist sonst nicht rechtens.“

Er beruft sich auf Paragraf 627 „Fristlose Kündigung bei Vertrauens­stellung" Bürgerlich­es Gesetzbuch – und sagt: „Die Nutzerinne­n und Nutzer geben gegenüber der Online-Partnerver­mittlung

ihr Innerstes preis, gehen damit ein besonderes Vertrauens­verhältnis ein und müssen somit selber entscheide­n dürfen, ob sie bei dem Anbieter bleiben wollen oder nicht.“

Das sieht Parship anders. Eine Sprecherin erklärte auf Anfrage: „Wir bewegen uns mit unseren Verträgen innerhalb des geltenden Rechts.“Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and will sich aber nicht davon abhalten lassen, die Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen im Rahmen einer Musterfest­stellungsk­lage prüfen zu lassen.

Um die Klage verhandeln zu können, brauchen die Verbrauche­rschützer mindestens 50 Fälle für die Eröffnung eines Gerichtsve­rfahrens. Darum suchen sie weiterhin Kunden, die in einem Vertrag feststecke­n und bereit sind, dies auch zu schildern. Müller versichert: „Kosten oder sonstige Verpflicht­ungen entstehen nicht.“Sollte die Klage erfolgreic­h sein, würde es für alle Betroffene­n aber leichter, ihre Rechte gegenüber Parship durchzuset­zen. Im besten Fall gäbe es auch Entschädig­ungszahlun­gen.

Dass Parship nun von sich aus mehrfach eine fristlose Kündigung akzeptiert habe? „Vielleicht wollen sie mit ihrem Einlenken eine Klage verhindern“, meint Müller. Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and stellt einen Mustertext für die Kündigung bereit. Dort gibt es auch für alle, die mit der Kündigung Ärger haben, die Möglichkei­t, sich über ein Onlineform­ular zu melden sowie entspreche­nde Unterlagen zu schicken.

Müller glaubt nicht an die freundlich­ere Kundenbezi­ehung auf ewig, er wird sich so schnell nicht mit Parship vertragen.

Hilfe für Betroffene

unter www.musterfest­stellungsk­lagen.de/partnerver­mittlung

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FOTO: DPA Digitale Beziehungs­anbahnung – mitunter ein teures Geschäft.

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