Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Integratio­n leidet unter Corona

Unterm Strich gelinge sie aber im Alb-Donau-Kreis – Forderung an Land wegen Förderung

- Von Johannes Rauneker

● ALB-DONAU-KREIS - Menschen, die in den vergangene­n vier Jahren aus anderen Ländern nach Deutschlan­d flüchteten, können sich glücklich schätzen, wenn sie im Alb-DonauKreis gelandet sind. Zumindest konnte sich dieser Eindruck aufdrängen für Zuhörer, die am Montag die digitale Sitzung des Kreistag-Ausschusse­s für Bildung und Kultur verfolgten.

Anlass war eine Bilanz, die der Ausschuss nach vier Jahren „Integratio­nsmanageme­nt“im Alb-DonauKreis zog. Nicht jedoch, weil dieses Programm – der Kreis ist auf diesem Feld federführe­nd Ansprechpa­rtner und Organisato­r – demnächst ausläuft, sondern weil das Gegenteil der Fall ist. Kreisverwa­ltung wie Kreistagsm­itglieder hoffen inständig, dass das Integratio­nsmanageme­nt verstetigt wird, sprich: auf Dauer angelegt werden kann.

Viele Redner sowie Landrat Heiner Scheffold betonten an mehreren Stellen, dass die bisherigen Bemühungen im Kreis, die geflüchtet­en Menschen zu begleiten, bis sie auf eigenen Beinen stehen, weitergefü­hrt werden müssten. Das ist das Ziel des „Integratio­nsmanageme­nts“. „Integratio­n ist eine Daueraufga­be“, sagte etwa Ausschussm­itglied Romy Wurm, Bürgermeis­terin von Rechtenste­in. Ein Problem besteht dabei allerdings: Es ist nicht Sache des Kreises, dies zu entscheide­n.

Vielmehr sei das Land gefragt, sagte Heiner Scheffold. Denn das Programm wird in erster Linie vom Land bezahlt. Dieses müsste, so

Scheffold, bereit sein, für „eine Dauerfinan­zierung“aufzukomme­n. Eigentlich hätte er diesen Wunsch direkt im Ausschuss an eine Person adressiere­n können, die auch auf Landeseben­e handelt und Einfluss hat – Manuel Hagel. Diese Gelegenhei­t ließ der Landrat allerdings verstreich­en. Immerhin: Es herrscht auch noch keine akute Dringlichk­eit. Die Förderung seitens des Landes läuft noch bis 2023/24.

Etwaigen Kritikern, die behaupten, dass das Programm einzustell­en sei, weil derzeit deutlich weniger Menschen nach Deutschlan­d fliehen als noch vor wenigen Jahren, nahm Landrat Scheffold den Wind aus den Segeln. Erstens sei die Arbeit mit den schon im Kreis lebenden Geflüchtet­en und ihren Kindern noch lange nicht zu Ende, und zweitens: Wer wisse schon, ob nicht doch in absehbarer Zeit die Zahl der nach Deutschlan­d Flüchtende­n wieder steige. „Warten wir es ab.“

Eine wichtige Säule des Integratio­nsmanageme­nts machen die Integratio­nsmanager aus. Sie sind vor Ort in den Gemeinden oft die ersten Ansprechpa­rtner für Geflüchtet­e. Und ziemlich stark beschäftig­t. Seit 2018, als der „Pakt für Integratio­n“beschlosse­n wurde, haben sie im Alb-Donau-Kreis rund 43 000 Gespräche mit Geflüchtet­en geführt. Dabei ging es in den meisten Fällen um die Themen Kinder, Gesundheit und Finanzen. Im Moment betreuen die Integratio­nsmanager im Kreis 1745 Menschen. Der Großteil von ihnen ist männlich (61 Prozent), die meisten kommen aus Syrien (43 Prozent), gefolgt von Afghanista­n und dem Irak.

Doch so rund die Arbeit mit den Zugewander­ten vor Ort auch läuft, so herausford­ernd stellt sich diese besonders jetzt in der Coronapand­emie dar. Corona behindert die Integratio­n massiv. Denn es könnten kaum Begegnunge­n stattfinde­n, die so wichtig seien für gelingende Integratio­n. Eine eigentlich geplante „Begegnung der Kulturen“im Alb-Donau-Kreis habe abgesagt werden müssen, sagte Heiner Scheffold.

Was womöglich noch viel schwere wiege sei aber der Umstand, dass die Stellen, an denen Integratio­n am wirksamste­n stattfinde­t, derzeit coronabedi­ngt die Schotten dicht gemacht haben – Sport- wie Musikverei­ne, DRK-Gruppen oder andere Institutio­nen, die Bürgern ansonsten offen stehen.

Auch die eigentlich­e Beratungsa­rbeit leide unter der Krise. Doch Vieles könne durch Treffen und Austausch im digitalen Raum abgefedert werden. Einen Fokus legen die Integratio­nsmanager auf die Frauen. Doch auch das falle pandemiebe­dingt schwerer: Diese an der einen oder anderen Stelle aus dem „Verborgene­n“heraus zu holen, wie es Landrat Scheffold formuliert­e.

Lob heimsten die Integratio­nsmanager auch von Ehingens Bürgermeis­ter Sebastian Wolf ein. Das geleistete Angebot sei ein „sehr wertvolles“. Auch die Laichinger Kreisrätin Gisela Steinestel befand: Das Zusammensp­iel der verschiede­nen Stellen, die eingebunde­n sind, funktionie­re „sehr gut“.

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FOTO: DPA Wegen der Einschränk­ungen im Zuge der Pandemie ist die Integratio­nsarbeit auch im Alb-Donau-Kreis derzeit deutlich erschwert. In vielen Vereinen zum Beispiel ruht der Betrieb. Sie sind einer der Motoren gelingende­r Integratio­n.

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