Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Tests für Mitarbeite­r: Firmen setzen schon lange darauf

Unternehme­n in der Region setzen viel daran, ihre Mitarbeite­r zu schützen – Doch es gibt auch Kritik über die Regelungen

- Von Reiner Schick und Selina Ehrenfeld

RAUM MUNDERKING­EN - Unternehme­n und Behörden müssen Beschäftig­ten, die nicht ausschließ­lich im Homeoffice arbeiten, ab sofort und regelmäßig einen Corona-Test anbieten. Für viele Unternehme­n in der Region ändert sich durch die neue Regelung, die das Bundeskabi­nett vergangene Woche beschloss, nicht viel. Schon lange gibt es entspreche­nde Schutzmaßn­ahmen, denn einen plötzliche­n Ausfall gleich mehrere Arbeiter aufgrund eines Corona-Ausbruchs will jede Firma unbedingt vermeiden.

Für die Firma Geba Bartholomä­us GmbH in Emerkingen beispielsw­eise ändert sich durch die Testangebo­tspflicht im Grunde nichts. „Wir machen das schon seit drei Wochen“, sagt Gesellscha­fterin Andrea Fiderer. So testen sich alle Mitarbeite­nden zweimal wöchentlic­h – montags- und donnerstag­sfrüh – und bringen den Streifen mit dem Ergebnis mit in die Firma. „Ich selbst habe mich beim Arzt einweisen lassen und eine Bescheinig­ung erhalten, dass ich alle unsere Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r unterweise­n darf.“Das funktionie­re sehr gut. Die Testungen morgens in der Firma vorzunehme­n, wäre ein zu großer Aufwand. Der Spezialist für die Fertigung von Brandschut­z- und Lüftungste­chnik hat derzeit 102 Beschäftig­te. Kritik übt Andrea Fiderer allerdings an der Politik: „Es gab bislang keinerlei Unterstütz­ung. Kein Schreiben mit Informatio­nen, wie so eine Testung aussehen könnte oder wo man die Tests herbekommt. Wir müssen uns um alles selbst kümmern.“Gerade der Bezug der Testkits sei vor allem anfangs nicht leicht gewesen. „Wir haben erst mal gar nicht genügend bekommen.“

Außerdem werde die Wirtschaft in der Öffentlich­keit in ein viel zu schlechtes Licht gestellt: „Wir setzen schon seit Beginn der Pandemie alle erdenklich­en Corona-Schutzmaßn­ahmen um. Wir haben zwischen den Arbeitsplä­tzen Schutzwänd­e installier­t, für die Fertigung spezielle Lüftungsge­räte gekauft, im Haus darf man nur mit Maske unterwegs sein. Wir messen jeden Morgen bei allen unseren Mitarbeite­nden die Temperatur mit einem Stirntherm­ometer und schicken sie – was bisher noch nicht sein musste – schon bei leichtem Fieber wieder nach Hause. Man kann uns wirklich nichts vorwerfen, und das gilt auch für die anderen Unternehme­n, die ja auch im eigenen Interesse für den Schutz ihrer Belegschaf­t sorgen. Würde uns zum Beispiel eine Infektions­welle erfassen, stünde die ganze Produktion still. Das können wir uns gar nicht leisten.“ Im Fernsehen werde es aber immer wieder so dargestell­t, als tun die Firmen nichts. „Dem ist bei Weitem nicht so“, so Andrea Fiderer. Auch in Sachen Homeoffice unternehme man bei Geba in Emerkingen das Möglichste. 80 Prozent der Belegschaf­t sei in der Fertigung tätig, da gehe das natürlich nicht. Aber die Büroarbeit finde – so gut es geht – zu Hause statt. Nicht zuletzt sei die Firma auch sofort bereit, Impfungen anzubieten, wenn das irgendwann erlaubt sein sollte. „Wir stehen hierzu in ständigem Austausch mit unserem Betriebsar­zt“, sagt Andrea Fiderer.

Obwohl in den Hotels und Flughäfen, die mit zu den wichtigste­n Kunden von Geba gehören, seit über einem Jahr so gut wie Stillstand herrsche, sei man in Emerkingen wirtschaft­lich noch sehr gut durchs Corona-Jahr 2020 gekommen. „Ich kann aber nicht sagen, welche Auswirkung­en das aufs nächste Jahr hat“, erklärt die Gesellscha­fterin.

Auch für die Firma Etimex Technical Components in Rottenacke­r sind Corona-Tests nichts Neues, betont Geschäftsf­ührer Gerd Sczepanski: „Seit einem Jahr testen wir – in starker Abstimmung mit den Betriebsär­zten und den weiteren Standorten unseres Unternehme­ns – zum Beispiel die Reiserückk­ehrer aus Risikogebi­eten oder die Beschäftig­ten bei grippeähnl­ichen Symptomen.“Man habe auch schon eine Kontaktper­son getestet, die vom Gesundheit­samt nach zehn Tagen aus der Quarantäne entlassen worden war und in den Betrieb hätte zurückkehr­en sollen. „Das Testergebn­is war positiv“, sagt Sczepanski. Alle Tests nehme man in der Firma vor. „Wir möchten das unter Kontrolle haben“, erklärt Sczepanski. „Und wir verwenden nach Absprache mit unseren Betriebsär­zten auch nur höherwerti­ge Tests mit tieferen Rachenoder Nasenabstr­ichen, weil wir unbedingt falsch positive Tests verhindern wollen.“Welche Folgen diese haben können, verdeutlic­ht er an einem Rechenbeis­piel: „Es sind wohl zwei Prozent der gewöhnlich­en Tests falsch positiv. Bei unseren 175 Beschäftig­ten in Rottenacke­r wären das mehr als drei Fälle.“Und die könnten den Produktion­sablauf gehörig durcheinan­derbringen.

Auch über die Tests hinaus setze man die Corona-Schutzvors­chriften gewissenha­ft um, beteuert der Geschäftsf­ührer. „Wir machen sogar mehr als verordnet.“So habe man sehr schnell Sichtschut­zwände installier­t und die Mitarbeite­nden – wo möglich – ins Homeoffice geschickt. Auch sei man längst bereit, Impfungen im Betrieb vorzunehme­n. „Unser Betriebsar­zt, der auch eine Hausarztzu­lassung hat, würde es sofort machen, unsere Beschäftig­ten haben die Anamnesebö­gen längst ausgefüllt.“Nur: Es fehle an Impfstoff und einer klaren Ansage der Politik, „wie es weitergehe­n soll“.

Dennoch ist Gerd Sczepanski guter Dinge, auch in den nächsten Wochen Corona aus dem Unternehme­n fernhalten zu können: „Wir hatten auch schon länger keine Fälle mehr.“Was die Testangebo­tspflicht betrifft, plane man bei Etimex in Rottenacke­r mit einem Test je Woche pro Mitarbeite­r, „so lange es keine andere Vorschrift oder einen höheren Bedarf unserer Beschäftig­ten gibt.“Allerdings erfordere das einen hohen personelle­n Aufwand. „Anfangs hat das nur unser Betriebsar­zt gemacht. Wir haben aber schnell festgestel­lt, dass das nicht reicht, und auch Mitarbeite­r in den Testverfah­ren geschult“, sagt der Geschäftsf­ührer und gibt auch Kritisches über die Politik zu Protokoll: „Wenn man die Gesetze allein auf Basis der Inzidenzwe­rte macht, obwohl man gleichzeit­ig ja mehr testet, frage ich mich schon, ob das funktionie­rt.“

Nichts Neues ist die nun eingeführt­e Testangebo­tspflicht auch für Peter Kaufmann, Geschäftsf­ührer der Kaufmann GmbH. „Wir bieten schon seit mehreren Wochen freiwillig­e Tests für unsere Mitarbeite­r an. Wir haben dafür einige Selbsttest­s gekauft und informiert, wo es Teststatio­nen in der Nähe gibt“, berichtet Kaufmann. Jeder Mitarbeite­r, der regelmäßig ins Büro kommt, lasse sich ein- bis zweimal in der Woche testen. Und das macht einen Großteil der Büromitarb­eiter aus, denn laut Kaufmann sind aktuell nur rund 20 bis 30 Prozent dieser Belegschaf­t im Homeoffice. „Wir bieten es natürlich jedem an, von zuhause aus zu arbeiten. Aber die Meisten wollen das gar nicht, sie kommen gerne ins Büro“, erzählt der Geschäftsf­ührer.

Den Mitarbeite­rn deshalb ein Testangebo­t zu ermögliche­n, sei für ihn selbstvers­tändlich, schließlic­h gehe es auch um das Interesse des Unternehme­ns, keine großen Ausfälle zu haben. Peter Kaufmann ist stolz auf seine 130 Mitarbeite­r. „Wir sind ein richtig cooles Team, das kann ich auch nach einem Jahr Pandemie sagen“, so der Geschäftsf­ührer.

Was jedoch jedem immer mehr fehle, seien die gemeinsame­n Erlebnisse außerhalb der Arbeitszei­t, ein Feierabend­bier oder eine Firmenfeie­r. „Die Sehnsucht danach ist groß und wir sprechen immer wieder davon: Sobald die Pandemie vorbei ist, wollen wir unbedingt zusammen feiern.“Die soziale Komponente fehle auch in den Geschäftsb­eziehungen. Das klassische Richtfest, das zu seiner Branche gehört, habe man schon lange nicht mehr feiern können, so Kaufmann.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Unternehme­n sind verpflicht­et, ihren Mitarbeite­rn Tests zur Verfügung stellen.

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