Erdbeben im europäischen Fußball
Zwölf Topclubs gründen Super League – UEFA droht mit weitreichenden Konsequenzen
MÜNCHEN (dpa/SID) - Der europäische Fußball steht vor einer Zerreißprobe ungeahnten Ausmaßes: Zwölf Topclubs haben eine jahrelange Drohung wahr gemacht und die Gründung einer neuen Super League beschlossen. Die Vereine aus Spanien, England und Italien wollen nach eigenen Angaben aber Teil ihrer nationalen Ligen bleiben, der Wettbewerb soll unter der Woche ausgespielt werden und stünde in direkter Konkurrenz zur Champions League. Die Clubs gehen auf Konfrontationskurs zur FIFA und UEFA, die Profis der abtrünnigen Vereine gnadenlos verbannen will. „Meiner Meinung nach müssen die Teams und Spieler von all unseren Wettbewerben ausgeschlossen werden. Es wird ihnen auch nicht mehr erlaubt sein, für ihre Nationalmannschaften aufzulaufen“, sagte UEFA-Boss Aleksander Ceferin. Fragen und Antworten zum Fußball-Beben:
Was ist passiert?
Zwölf europäische Topclubs haben die Gründung einer Super League beschlossen und ein Erdbeben im internationalen Fußball ausgelöst. Die Vereine gehen damit auf Konfrontationskurs zur Europäischen Fußball-Union (UEFA) und der am Montag beschlossenen Reform der Champions League ab der Saison 2024/25. Bei den Gründungsmitgliedern handelt es sich um die englischen Clubs FC Liverpool, Manchester United, Manchester City, Tottenham Hotspur, FC Arsenal und FC Chelsea, die spanischen Topteams Real Madrid, FC Barcelona und Atletico Madrid sowie Juventus Turin, AC Mailand und Inter Mailand aus Italien.
● den BVB an Bord holen. Demnach solle der Vorstand der neuen Liga den Bayern, dem BVB und dem französischen Meister Paris Saint-Germain „so schnell es geht“die Mitgliedschaft anbieten.
Was steckt hinter den Plänen? Geld. Die europäischen Topclubs können durch die sichere Teilnahme an einem jährlichen Wettbewerb mit
● festen Einnahmen in Milliardenhöhe planen. Die Super League wird für die von der Corona-Pandemie gebeutelten und mit hohen Schulden sowie Spielergehältern kämpfenden Clubs finanziell deutlich mehr abwerfen als die Königsklasse. Die USamerikanische Investmentbank JPMorgan steht als Geldgeber bereit. Laut Gründungserklärung erhalten die Teilnehmer unter anderem „einen
Betrag von 3,5 Milliarden Euro, der ausschließlich für die Entwicklung ihrer Infrastruktur und zur Abfederung der Auswirkungen der Covid-Pandemie vorgesehen ist“.
Wie reagieren die Verbände, Ligen ● und Fans?
Die Reaktionen sind heftig. UEFA-Boss Aleksander Ceferin will die abtrünnigen Clubs und ihre Spieler von „all unseren Wettbewerben“ausschließen. Zudem sollen die Profis nicht mehr für ihre Nationalmannschaften auflaufen dürfen. Allerdings hält der Slowene den Rebellen die Tür für eine Rückkehr offen. Der Weltverband FIFA sagte, er könne „nur seine Missbilligung“über einen Wettbewerb „außerhalb der internationalen Fußballstrukturen“ausdrücken. Selbst die Spitze der EU-Kommission und der britische Premierminister Boris Johnson übten harsche Kritik.
Die Fans liefen Sturm. Anhänger des FC Liverpool waren „entsetzt“und befestigten bereits Beerdigungsplakate an der Anfield Road. Für das deutsche Bündnis ProFans ist es „eine Horrorvision“. Die Großclubs behaupten zudem, den Interessen von vier Milliarden Fans zu folgen.
Was sind die nächsten Schritte?
Angesichts des hartnäckigen Widerstands steht die Super League vor einigen hohen Hürden. Nach der offiziellen Erklärung könnte eine Klagewelle anrollen. Die UEFA plant wohl rechtlich gegen die Clubs vorzugehen. Die wiederum wappnen sich mit rechtlichen Schritten gegen eine Einmischung. Die UEFA prüft zudem die Möglichkeit, die zwölf Super-League-Abtrünnigen bereits aus den laufenden Europacup-Wettbewerben auszuschließen. Auch TVRechteinhaber dürften sich gegen die Pläne stellen, schließlich erwarb etwa Amazon die Rechte am Produkt mit allen Vereinen.
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