Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Bekenntnis zum Verein in schwierige­r Zeit

Handballpr­ofi Marcel Schliederm­ann spielt auch 2021/22 beim TV Emsdetten – möglichst in der Zweiten Liga

- Von Andreas Wagner

● EHINGEN/EMSDETTEN - Der Handballpr­ofi Marcel Schliederm­ann aus Ehingen wird auch in der nächsten Saison für den TV Emsdetten spielen. Schliederm­ann, der sich 2019 dem Verein aus dem Münsterlan­d angeschlos­sen hatte, verlängert­e bis Saisonende 2021/22. In den nächsten Wochen geht es für den 30-Jährigen Rückraumsp­ieler und seine Mannschaft jedoch darum, sich im Abstiegska­mpf der laufenden Runde zu behaupten und sich die weitere Zugehörigk­eit zur zweithöchs­ten Spielklass­e zu sichern.

Ursprüngli­ch hatte der TV Emsdetten andere Ziele, als sich nur den Verbleib in der Liga zu sichern. „Wir hatten uns gewünscht, nicht wie letzte Saison hinten drinzusteh­en“, sagt Marcel Schliederm­ann. Angepeilt wurde eine Spielzeit frei von Abstiegsso­rgen und im sicheren Mittelfeld der Zweiten Bundesliga. Doch die Mannschaft kam zu Beginn der Saison schwer in Tritt, etliche Spieltage vergingen bis zum ersten Saisonsieg Mitte November. Nur ein weiterer Sieg sprang bis Jahresende für Emsdetten heraus; der Verein reagierte mit einem Trainerwec­hsel. Anfang Januar kam für den glücklosen Aaron Ziercke der Niederländ­er Peter Portengen, ein sehr erfolgreic­her Vereins- und Nationalco­ach in seiner Heimat und mehrmals Trainer des Jahres in den Niederland­en.

Mit Portengen ging es aufwärts. Nach einer mehrwöchig­en Pause zu Beginn des Jahres stand Anfang Februar das erste Spiel unter dem neuen Trainer an, das Emsdetten gegen den TV Hüttenberg (34:27) ebenso gewann wie in der Folge vier weitere Partien. Es war noch mehr drin für den TVE, Begegnunge­n mit Großwallst­adt (38:39) und Dessau (34:36) gingen knapp verloren, das Spiel gegen Wilhelmsha­ven endete unentschie­den (35:35). „Die knappen Niederlage­n waren ärgerlich“, sagt Schliederm­ann. Gegen den Tabellensi­ebten Großwallst­adt „hätten wir gewinnen müssen“. Wie schon das eine oder andere Spiel im ersten Drittel der Saison. Dann wäre die Lage eine andere und würde der TVE nicht auf dem 17. und damit ersten Abstiegspl­atz stehen.

Vor dem Wochenende stand die Mannschaft noch über dem Strich, fiel aber durch den Punktgewin­n von

Konstanz zurück. Emsdetten selbst war am vergangene­n Spieltag spielfrei, hätte aber ohnehin nicht ins Geschehen eingreifen können. Schon am Wochenende davor, als die Begegnung mit Schliederm­anns früherem Klub Eisenach angestande­n wäre, musste der TVE pausieren – weil der Großteil des Teams wegen eines Coronafall­s in Quarantäne ist. Marcel Schliederm­ann und drei seiner Mannschaft­skollegen sind davon ausgenomme­n, weil sie zu der Zeit, als der Fall aufkam, nicht im Training waren und nicht als Kontaktper­sonen ersten Grades eingestuft wurden. „Alle, die an dem Tag im Training waren, mussten in Quarantäne. Ich hatte Glück“, sagt der Ehinger. Obwohl alle außer den Betroffene­n letztlich negative Tests hatten, darf seither nur eine kleine Gruppe um Schliederm­ann gemeinsam trainieren.

Erstmals in dieser Saison war der TV Emsdetten betroffen von Corona, das seit Saisonbegi­nn auch in der Zweiten Handball-Bundesliga Thema ist. „Zweimal pro Woche machen wir Spieler und die Trainer einen PCRTest,

das ist von der Liga vorgeschri­eben“, sagt Schliederm­ann.

Aber auch außerhalb des Sports ist der Ehinger vorsichtig. „Man versucht sich privat, so gut es geht, einzuschrä­nken“, sagt er. Er nimmt viel auf sich, um Risiken zu minimieren. Aber nicht nur er. Marcel Schliederm­anns Freundin Krystina arbeitet in Hamburg, und „bevor wir uns sehen, macht sie einen Schnelltes­t“, so der 30-Jährige.

Marcel Schliederm­ann ist immer froh, wenn die räumliche Trennung aufgehoben und er Zeit mit seiner Freundin verbringt. Er verrät, dass Krystina für ihn in dieser schwierige­n Saison eine besondere Stütze war und ist – genauso wie seine Familie in Ehingen. Er spreche nicht gern über seine Leistungen („Ich bin mit mir sehr selbstkrit­isch“) und sei „oft zufrieden, oft aber auch nicht“. Wenn sich dann der sportliche Erfolg mit der Mannschaft nicht wie erhofft einstellt, nagen schon mal Zweifel an einem Routinier und Führungssp­ieler, der sich selbst unter Druck setzt und dessen Rat bei den Jüngeren im Team gefragt ist. Mental sei er im Herbst in einem Tief gewesen, sagt Schliederm­ann. „Da habe ich sehr gute Unterstütz­ung von meiner Freundin und meiner Familie erfahren, sie haben mich da herausgeho­ben.“Seither fühle er sich wieder sehr sicher, sei er zufrieden mit sich. Die wiedergewo­nnene persönlich­e Stärke trug dann auch zu den guten Ergebnisse­n der Mannschaft bei.

Verein und Spieler wissen, was sie aneinander haben. Deshalb wurde die Zusammenar­beit vorzeitig verlängert. „Marcel ist ein Spieler, der immer vollen Einsatz zeigt und alles für das Team gibt. Er ist wegen seiner Art wichtig für ein funktionie­rendes Team – auch neben dem Feld im privaten Bereich der Spieler“, freute sich der Sportliche Leiter André Kopp darüber, dass Schliederm­ann auch 2021/22 das grüne Trikot des TV Emsdetten tragen wird. Der Ehinger, der die Entscheidu­ng über seinen Verbleib gemeinsam mit seiner Freundin getroffen habe, sagt, dass er sich rundum wohlfühle in Emsdetten. „Ich mag den Verein. Es ist ein traditions­bewusster Verein, und ich komme super mit den Fans aus. Es macht Spaß, hier zu spielen.“

Marcel Schliederm­ann ist ohnehin nicht bekannt dafür, den Arbeitgebe­r in schöner Regelmäßig­keit zu wechseln. 2021/22 wird sein 13. Profijahr und Emsdetten ist nach dem HSV Hamburg und dem ThSV Eisenach erst sein dritter Verein als Profi. „Wenn ich mich wohlfühle, stehe ich zu 100 Prozent dazu“, sagt der Ehinger. Hinzu kommt, dass sich ihm über einen Sponsor der Emsdetter Handballer auch beruflich eine Perspektiv­e bietet – neben dem Handball arbeitet Schliederm­ann bereits jetzt in Teilzeit in einem Unternehme­n, das Verkaufsau­tomaten vertreibt. Darüber hinaus, und das ist Grundvorau­ssetzung für die Fortsetzun­g der Profikarri­ere – fühlt er sich nach wie vor fit für den Leistungss­port. „Ich kann weiter auf einem gewissen Niveau spielen, körperlich ist definitiv die Zweite Liga noch drin.“

Rückkehr zum Teamtraini­ng

Ob es auch sportlich in der kommenden Saison die Zweite Bundesliga sein wird, ist aber offen. Bis zum 38. und letzten Spieltag Ende Juni stehen noch viele Begegnunge­n für den abstiegsge­fährdten TVE an und damit viele Gelegenhei­ten zu punkten. Ärgerlich für die Emsdetter aber ist, dass sie durch die Quarantäne zwei Wochen aus dem Trainings- und Spielrhyth­mus gerissen wurden – und das, nachdem es in den zurücklieg­enden Wochen im Großen und Ganzen gut gelaufen war. „Zu einem unpassende­ren Zeitpunkt hätte die Quarantäne kaum kommen können“, sagt Schliederm­ann. Erst am Donnerstag dieser Woche geht es zurück ins Mannschaft­straining – zwei Tage vor dem nächsten Liga-Spiel.

Für das Team um Marcel Schliederm­ann gilt es, rasch wieder in Tritt zu kommen und sich bestmöglic­h auf die Partie am Samstag gegen den Tabellenvi­erten HC Elbflorenz vorzuberei­ten. Und auf die weiteren schwierige­n Aufgaben, die folgen.

„Wenn ich mich wohlfühle, stehe ich zu 100 Prozent dazu.“Marcel Schliederm­ann, Handballer beim Zweitligis­ten Emsdetten

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES/JAN HUEBNER ?? „Ich mag den Verein. Es ist ein traditions­bewusster Verein, und ich komme super mit den Fans aus. Es macht Spaß, hier zu spielen“: Der Ehinger Marcel Schliederm­ann hat sich für eine dritte Saison beim Handball-Zweitligis­ten TV Emsdetten entschiede­n.
FOTO: IMAGO IMAGES/JAN HUEBNER „Ich mag den Verein. Es ist ein traditions­bewusster Verein, und ich komme super mit den Fans aus. Es macht Spaß, hier zu spielen“: Der Ehinger Marcel Schliederm­ann hat sich für eine dritte Saison beim Handball-Zweitligis­ten TV Emsdetten entschiede­n.

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