Bekenntnis zum Verein in schwieriger Zeit
Handballprofi Marcel Schliedermann spielt auch 2021/22 beim TV Emsdetten – möglichst in der Zweiten Liga
● EHINGEN/EMSDETTEN - Der Handballprofi Marcel Schliedermann aus Ehingen wird auch in der nächsten Saison für den TV Emsdetten spielen. Schliedermann, der sich 2019 dem Verein aus dem Münsterland angeschlossen hatte, verlängerte bis Saisonende 2021/22. In den nächsten Wochen geht es für den 30-Jährigen Rückraumspieler und seine Mannschaft jedoch darum, sich im Abstiegskampf der laufenden Runde zu behaupten und sich die weitere Zugehörigkeit zur zweithöchsten Spielklasse zu sichern.
Ursprünglich hatte der TV Emsdetten andere Ziele, als sich nur den Verbleib in der Liga zu sichern. „Wir hatten uns gewünscht, nicht wie letzte Saison hinten drinzustehen“, sagt Marcel Schliedermann. Angepeilt wurde eine Spielzeit frei von Abstiegssorgen und im sicheren Mittelfeld der Zweiten Bundesliga. Doch die Mannschaft kam zu Beginn der Saison schwer in Tritt, etliche Spieltage vergingen bis zum ersten Saisonsieg Mitte November. Nur ein weiterer Sieg sprang bis Jahresende für Emsdetten heraus; der Verein reagierte mit einem Trainerwechsel. Anfang Januar kam für den glücklosen Aaron Ziercke der Niederländer Peter Portengen, ein sehr erfolgreicher Vereins- und Nationalcoach in seiner Heimat und mehrmals Trainer des Jahres in den Niederlanden.
Mit Portengen ging es aufwärts. Nach einer mehrwöchigen Pause zu Beginn des Jahres stand Anfang Februar das erste Spiel unter dem neuen Trainer an, das Emsdetten gegen den TV Hüttenberg (34:27) ebenso gewann wie in der Folge vier weitere Partien. Es war noch mehr drin für den TVE, Begegnungen mit Großwallstadt (38:39) und Dessau (34:36) gingen knapp verloren, das Spiel gegen Wilhelmshaven endete unentschieden (35:35). „Die knappen Niederlagen waren ärgerlich“, sagt Schliedermann. Gegen den Tabellensiebten Großwallstadt „hätten wir gewinnen müssen“. Wie schon das eine oder andere Spiel im ersten Drittel der Saison. Dann wäre die Lage eine andere und würde der TVE nicht auf dem 17. und damit ersten Abstiegsplatz stehen.
Vor dem Wochenende stand die Mannschaft noch über dem Strich, fiel aber durch den Punktgewinn von
Konstanz zurück. Emsdetten selbst war am vergangenen Spieltag spielfrei, hätte aber ohnehin nicht ins Geschehen eingreifen können. Schon am Wochenende davor, als die Begegnung mit Schliedermanns früherem Klub Eisenach angestanden wäre, musste der TVE pausieren – weil der Großteil des Teams wegen eines Coronafalls in Quarantäne ist. Marcel Schliedermann und drei seiner Mannschaftskollegen sind davon ausgenommen, weil sie zu der Zeit, als der Fall aufkam, nicht im Training waren und nicht als Kontaktpersonen ersten Grades eingestuft wurden. „Alle, die an dem Tag im Training waren, mussten in Quarantäne. Ich hatte Glück“, sagt der Ehinger. Obwohl alle außer den Betroffenen letztlich negative Tests hatten, darf seither nur eine kleine Gruppe um Schliedermann gemeinsam trainieren.
Erstmals in dieser Saison war der TV Emsdetten betroffen von Corona, das seit Saisonbeginn auch in der Zweiten Handball-Bundesliga Thema ist. „Zweimal pro Woche machen wir Spieler und die Trainer einen PCRTest,
das ist von der Liga vorgeschrieben“, sagt Schliedermann.
Aber auch außerhalb des Sports ist der Ehinger vorsichtig. „Man versucht sich privat, so gut es geht, einzuschränken“, sagt er. Er nimmt viel auf sich, um Risiken zu minimieren. Aber nicht nur er. Marcel Schliedermanns Freundin Krystina arbeitet in Hamburg, und „bevor wir uns sehen, macht sie einen Schnelltest“, so der 30-Jährige.
Marcel Schliedermann ist immer froh, wenn die räumliche Trennung aufgehoben und er Zeit mit seiner Freundin verbringt. Er verrät, dass Krystina für ihn in dieser schwierigen Saison eine besondere Stütze war und ist – genauso wie seine Familie in Ehingen. Er spreche nicht gern über seine Leistungen („Ich bin mit mir sehr selbstkritisch“) und sei „oft zufrieden, oft aber auch nicht“. Wenn sich dann der sportliche Erfolg mit der Mannschaft nicht wie erhofft einstellt, nagen schon mal Zweifel an einem Routinier und Führungsspieler, der sich selbst unter Druck setzt und dessen Rat bei den Jüngeren im Team gefragt ist. Mental sei er im Herbst in einem Tief gewesen, sagt Schliedermann. „Da habe ich sehr gute Unterstützung von meiner Freundin und meiner Familie erfahren, sie haben mich da herausgehoben.“Seither fühle er sich wieder sehr sicher, sei er zufrieden mit sich. Die wiedergewonnene persönliche Stärke trug dann auch zu den guten Ergebnissen der Mannschaft bei.
Verein und Spieler wissen, was sie aneinander haben. Deshalb wurde die Zusammenarbeit vorzeitig verlängert. „Marcel ist ein Spieler, der immer vollen Einsatz zeigt und alles für das Team gibt. Er ist wegen seiner Art wichtig für ein funktionierendes Team – auch neben dem Feld im privaten Bereich der Spieler“, freute sich der Sportliche Leiter André Kopp darüber, dass Schliedermann auch 2021/22 das grüne Trikot des TV Emsdetten tragen wird. Der Ehinger, der die Entscheidung über seinen Verbleib gemeinsam mit seiner Freundin getroffen habe, sagt, dass er sich rundum wohlfühle in Emsdetten. „Ich mag den Verein. Es ist ein traditionsbewusster Verein, und ich komme super mit den Fans aus. Es macht Spaß, hier zu spielen.“
Marcel Schliedermann ist ohnehin nicht bekannt dafür, den Arbeitgeber in schöner Regelmäßigkeit zu wechseln. 2021/22 wird sein 13. Profijahr und Emsdetten ist nach dem HSV Hamburg und dem ThSV Eisenach erst sein dritter Verein als Profi. „Wenn ich mich wohlfühle, stehe ich zu 100 Prozent dazu“, sagt der Ehinger. Hinzu kommt, dass sich ihm über einen Sponsor der Emsdetter Handballer auch beruflich eine Perspektive bietet – neben dem Handball arbeitet Schliedermann bereits jetzt in Teilzeit in einem Unternehmen, das Verkaufsautomaten vertreibt. Darüber hinaus, und das ist Grundvoraussetzung für die Fortsetzung der Profikarriere – fühlt er sich nach wie vor fit für den Leistungssport. „Ich kann weiter auf einem gewissen Niveau spielen, körperlich ist definitiv die Zweite Liga noch drin.“
Rückkehr zum Teamtraining
Ob es auch sportlich in der kommenden Saison die Zweite Bundesliga sein wird, ist aber offen. Bis zum 38. und letzten Spieltag Ende Juni stehen noch viele Begegnungen für den abstiegsgefährdten TVE an und damit viele Gelegenheiten zu punkten. Ärgerlich für die Emsdetter aber ist, dass sie durch die Quarantäne zwei Wochen aus dem Trainings- und Spielrhythmus gerissen wurden – und das, nachdem es in den zurückliegenden Wochen im Großen und Ganzen gut gelaufen war. „Zu einem unpassenderen Zeitpunkt hätte die Quarantäne kaum kommen können“, sagt Schliedermann. Erst am Donnerstag dieser Woche geht es zurück ins Mannschaftstraining – zwei Tage vor dem nächsten Liga-Spiel.
Für das Team um Marcel Schliedermann gilt es, rasch wieder in Tritt zu kommen und sich bestmöglich auf die Partie am Samstag gegen den Tabellenvierten HC Elbflorenz vorzubereiten. Und auf die weiteren schwierigen Aufgaben, die folgen.
„Wenn ich mich wohlfühle, stehe ich zu 100 Prozent dazu.“Marcel Schliedermann, Handballer beim Zweitligisten Emsdetten