Jetzt geht der Blick nach vorn
Der Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union ist zugunsten von Armin Laschet entschieden
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BERLIN - „Die Würfel sind gefallen“, sagte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu Mittag in München. Ob der bekennende Asterix-Fan – immerhin spielt er eine tragende Rolle im sechsten „Asterix uff Meefränggisch“-Band – dabei an den römischen Feldherrn Julius Caesar gedacht hat, wird sein Geheimnis bleiben. Caesar, dem diese Redewendung zugeschrieben wird, hatte im Jahr 49 vor Christus den Rubikon überschritten und dadurch einen Bürgerkrieg entfacht, der ihn selbst an die Macht gebracht hat.
Doch in der Union konnte ja das Schlimmste noch abgewendet werden. Nach einer Woche zähen Machtkampfs um die Kanzlerkandidatur hat der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dann doch, und für viele überraschend, den Sieg gegen den ehrgeizigen CSU-Chef davongetragen. Aus dem „Häuptling Wirdsonix“, wie der „Spiegel“noch vor zehn Tagen spottete, könnte also durchaus der neue deutsche Bundeskanzler werden, vorausgesetzt, die Wähler trauen ihm dieses Amt zu bei der Bundestagswahl in fünf Monaten.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock gratulierte jedenfalls geschwind, als feststand, dass Laschet ihr Hauptgegner im Wahlkampf sein wird. „Ich setze auf einen fairen Wahlkampf um die Führung dieses Landes. Und darum, wer die nötigen Veränderungen energisch vorantreibt, damit wir die Herausforderungen meistern“, teilte die designierte Kanzlerkandidatin, die am Vortag von ihrer Partei nominiert worden war, auf Twitter mit. Ob sie erleichtert war, nicht gegen Söder, sondern mit Laschet in den Ring steigen zu müssen, blieb ihr Geheimnis.
Vorausgegangen waren dem großen Laschet-Söder-Finale am Dienstagmittag 24 Stunden, in denen alles möglich schien: Dass es der CDUParteichef wird – oder eben auch nicht. Dass er im letzteren Fall auch den Vorsitz aufgeben wird – und seine Partei nach nur drei Monaten einen neuen Bewerber suchen muss. Mehr als sechs Stunden tagte der Bundesvorstand am Montagabend, und es ging, ähnlich wie in der Fraktionssitzung eine Woche zuvor, hoch her. Nach Mitternacht die Entscheidung:
31 von 46 Vorstandsmitgliedern hatten für Laschet als Kanzlerkandidaten plädiert, sechs enthielten sich, neun stimmten für Söder. Doch selbst nach dieser Entscheidung blickte so manches CDU-Mitglied sorgenvoll in Richtung Süden. Was wird Söder jetzt tun? Wird er, wie am Tag zuvor angekündigt, die Entscheidung der CDU akzeptieren? „Mein Wort, das ich gegeben habe, das gilt“, sagt dazu der CSU-Chef. Damit war die Sache geritzt.
Der unterlegene CSU-Chef, der von seinem Generalsekretär Markus Blume etwas blumig als „Kandidat der Herzen“gerühmt wurde, zeigte sich auch sofort willens, die Energie des harten Streits der vergangenen Tage künftig in einen gemeinsamen Wahlkampf zu stecken. „Wir wollen keine Spaltung, sondern eine geschlossene Gemeinschaft“, betonte Söder. Er habe Laschet auch bereits telefonisch zugesichert, ihn „ohne Groll und mit voller Kraft“zu unterstützen. Zuvor hatte der bayerische Regierungschef ausgiebig seinen bundesweiten Unterstützern gedankt, „mutigen Abgeordneten“, Orts- und Kreisverbänden, von denen er „unheimlich viel Zuspruch“bekommen habe. Das habe ihn gefreut, bewegt und auch berührt.
Mit so viel emotionalem Rückenwind der Parteibasis konnte Laschet in den vergangenen Tagen nicht punkten, aber er hatte das, was ihm zum Sieg verholfen hat: CDU-Mitglieder, deren Stimme im Ernstfall etwas zählt, hatten sich hinter ihm versammelt: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble etwa, aber auch Agrarministerin Julia Klöckner, Hessens Regierungschef Volker Bouffier und der baden-württembergische Parteichef Thomas Strobl. Auch sein Konkurrent im Kampf um den Parteivorsitz, Friedrich Merz, hatte sich in diese Riege eingereiht. Laschet sagte dazu im Konrad-Adenauer-Haus: Man könne auch aus dem Wettbewerb so zusammenkommen, „dass am Ende ein neues Team entsteht“.
Jetzt geht es also darum, die parteiinternen Gräben wieder zuzuschütten, die sich in wenigen Tagen ruckzuck vertieft hatten. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus zeigte sich optimistisch: „Die Lust am Siegen ist bei uns viel, viel größer als das Augenmerk auf Gräben. Insofern wird uns das ganz, ganz schnell einen.“