Gesellschaft für Urgeschichte bietet Online-Vorträge
Ansehnliches Jahresprogramm trotz Corona möglich – Auftakt mit Archäologin Ewa Dutkiewicz zum Thema „Körper und Identität im Schwäbischen Aurignacien“
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BLAUBEUREN - Auch wenn die Einschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie weiter andauern, so ist es der Gesellschaft für Urgeschichte (GfU) in Blaubeuren dennoch gelungen, ein ansehnliches Jahres-Programm auf die Beine zu stellen. Als neues Angebot bietet die GfU ihren Mitgliedern die Möglichkeit, an Online-Vorträgen teilzunehmen.
„Es ist einfach eine tolle Möglichkeit trotz Corona die Mitglieder zu neuen interessanten informieren“, freute sich GfU-Vorsitzende Sibylle Wolf. Insgesamt hatten 54 Mitglieder der Gesellschaft zum Auftakt des Jahresprogramms, dem Online-Vortrag „Körper und Identität im Schwäbischen Aurignacien“mit der Archäologin Ewa Dutkiewicz angemeldet. Dutkiewicz hat bereits die Welterbhöhlen auf der Schwäbischen Alb erforscht und auch schon dort gegraben.
Ihr Forschungsschwerpunkt sind die markanten Ritzungen und Verzierungen, die die bis zu 40 000 Jahre alten Figuren schmücken. Anhand herausragender Beispiele, wie der Venus vom Hohle Fels, dem Löwenmenschen aus dem Hohlenstein Stadel und weiteren Fundstücken, ging die Archäologin in ihrem Vorttrag auf die vermutete Lebenswelt der Menschen der jüngeren Altsteinzeit ein.
Die Referentin leitete mit einem ausführlichen Abriss der Geschichte der Körperverzierungen, die im übrigen bis heute anhält, ins Thema ein. Heute wie vor tausenden Jahren gab und gibt es Menschen, die sich besonders verzieren, sei es mit Tätowierungen, Piercings, PermanentMakeup,
Narben, Frisuren, Schmuck, Kleidung und vielen anderen Maßnahmen, so die Expertin. „Es handelt sich dabei nie nur um eine Verzierung, immer werden auch Informationen weitergegeben“, informierte Ewa Dutkiewicz. Anhand der Körperverzierungen und des Schmucks konnte das Umfeld einer Person in der Altsteinzeit vielerlei an dieser selbst ablesen. Dazu zählen beispielsweise der soziale Status, welche Initiationsriten bereits stattgefunden hatten oder in welcher Lebensphase der „verzierte“Mensch stand. Ja, sie dienten sogar der Partnerwahl oder zeigten, wie gesund und leistungsfähig ein Mensch war.
Bei der näheren Untersuchung hat Ewa Dutkiewicz festgestellt, dass die Figur des Löwenmenschen am linken Arm verstärkt Einkerbungen und Verzierungen aufweist. „Das haben wir auch bei anderen als männlich eingestuften Figuren gesehen“, berichtet sie. „Die häufigen Verzierungen auf der linken Seite hatten irgendeine Bedeutung.“Die Figur der Venus vom Hohle Fels weise kräftig eingearbeitete Linien und Verzierungen auf.
„Da diese den Körperlinien folgen vermuten wir, dass es sich um nachempfundene Tätowierungen handelt“, sagte die Referentin. „Die Venus weist betont weibliche Elemente auf, Fruchtbarkeitselemente“, so die Überlegung der Archäologen. Sehr besonders sind die zehn Quer-Linien am Bauch der Figur. Dabei könnte es sich um Linien handeln, die den Fundusstand, also die Größe der Gebärmutter und somit den Fortschritt der Schwangerschaft aufzeigen. „Man könnte die Venus als individuellen Mutterpass betrachten“, erläuterte Ewa Dutkiewicz.