Machtkampf in der IHK? Jetzt spricht der Präsident
Hat die hauptamtliche Spitze das Feld geräumt, weil Jan Stefan Roell zu viel Einfluss will?
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ULM - Innerhalb weniger Wochen hat die hauptamtliche Spitze der IHK Ulm in Person von Max-Martin Deinhard und Ralf Börsig mitgeteilt, dass sie das Haus verlässt. Beobachter werten diesen Schritt als Folge eines Machtkampfes hinter den Kulissen (wir berichteten). Angeblicher Gegenspieler: der ehrenamtliche IHK-Präsident Jan Stefan Roell.
Dieser nimmt in der „Schwäbischen Zeitung“nun Stellung. Und widerspricht, zumindest, was die Machtfrage angeht. Zwar sei es richtig, dass das Präsidium, das ihm untersteht, eine Kommission eingesetzt hat, die sich mit internen Abläufen und Strukturen beschäftigt (Leiter der Kommission ist der Laupheimer Unternehmer Nikolaus Rentschler) und damit, ob und wie diese geändert werden könnten und sollten. Zuständig ist die IHK Ulm für Firmen in der Stadt Ulm, im Kreis Biberach und im Alb-DonauKreis.
Es sei allerdings nicht das Ziel, so Roell, dadurch die Macht des Hauptgeschäftsführers (bis Ende des Jahres Max-Martin Deinhard) zu beschneiden. Roell: „Die Macht im Hause IHK ist und bleibt in dessen Händen.“
Kritiker sollen dies anders sehen, Roell vorwerfen, dass dadurch das Machtgefüge innerhalb der IHK Ulm mit ihren Organen Hauptamt (Geschäftsführer), Ehrenamt (Präsidium) und Mitgliedsunternehmen (Vollversammlung) verschoben werden soll – in Richtung Präsidium und Vollversammlung.
Roell widerspricht. Es sei doch ein ganz gewöhnlicher Vorgang, dass sich eine Kammer regelmäßig selbst überprüfe, schaue, ob die Strukturen noch zeitgemäß seien. Als Beispiel nennt er den Bereich „Social Media“, der bislang zu wenig Beachtung finde. Außerdem gehe es darum, die Arbeit der Ausschüsse der Vollversammlung noch klarer zu definieren.
Also alles nicht der Rede wert? IHK-Finanzchef Ralf Börsig, der am Mittwoch seinen Abgang bekannt gab (nach 28 Jahren), hatte den Wunsch geäußert, dass nun „Ruhe einkehrt“bei der IHK. Präsident Roell sagt, er spüre nicht, dass überhaupt „Unruhe“hinter den Kulissen herrsche, schränkt aber ein: Wegen Corona arbeite er im Homeoffice seiner Firma (Zwick Roell), sei nur selten zu Gast in der Zentrale im „Haus der Wirtschaft“in der Ulmer Olgastraße, und bekomme dementsprechend auch weniger mit.
170 Mitarbeiter unterstehen Hauptgeschäftsführer Deinhard, der den Tagesbetrieb der IHK leitet und dem der Präsident Roell auch nicht weisungsbefugt ist. Zur angeblichen Unruhe sagt dieser: „Man möchte fast vermuten, dass es jemand gibt, der Interesse haben könnte an Unruhe bei der IHK.“
Zur möglichen Zukunft der internen IHK-Struktur will sich Roell konkret nicht äußern (wie auch Börsig nicht). Er betont jedoch, dass die mit der Ausarbeitung beauftragte Kommission ihre Arbeit mittlerweile abgeschlossen habe. Und das Papier nun zunächst „gemeinsam“mit Max-Martin Deinhard besprochen werde.
Bis dieses dann von der Vollversammlung – dem obersten Gremium der IHK Ulm – debattiert und womöglich auch beschlossen werden wird, dürfte noch etwas Zeit ins Land ziehen. Roell betont: Erst wenn sich Präsidium und Hauptgeschäftsführer über die einzelnen Punkte, die womöglich verändert werden sollen, auch gemeinsam geeinigt hätten, soll das Papier, das bislang kaum einer zu Gesicht bekommen hat, von den Vertretern der 38 000 Mitgliedsfirmen diskutiert werden.
Mit einer womöglich dann nötigen Satzungsänderung dürfte es, so Roell, aber erst Ende des Jahres soweit sein. Denn die IHK warte auch noch, bis die Regierung in Berlin ein neues IHKGesetz verabschiedet (wird derzeit abgestimmt). Erst wenn dieses vorliege, und das könne noch dauern, soll es an eine etwaige Änderung des Kleingedruckten gehen.
Befürchtungen, ein mögliches Zerwürfnis zwischen Präsidium und Hauptgeschäftsführer könnte die IHK Ulm lähmen, was sich angesichts der riesigen Herausforderungen durch Corona für die Firmen in der Region fatal auswirken könnte, tritt Roell entgegen. Er ziehe mit Deinhard und Ralf Börsig an einem Strang und habe dies auch immer getan. Nach Freundschaft hört es sich aber nicht an, wenn Roell sagt: „Wir führen eine sehr gute Arbeits-Beziehung.“