Bergbahn künftig ohne Schaffner
Deutschlands älteste Standseilbahn in Karlsruhe steht vor millonenschweren Sanierung
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KARLSRUHE (epd) - Die Karlsruher Turmbergbahn ist die älteste Standseilbahn Deutschlands, die noch in Betrieb ist. Wie sie zu modernisieren ist, darüber gibt es Streit.
Der Turmberg ist spätestens seit dem 19. Jahrhundert ein beliebtes Ausflugsziel für Karlsruhe, und er ist es bis heute geblieben. Zur Attraktivität des 257,2 Meter hohen Hausbergs im Karlsruher Stadtteil Durlach trägt maßgeblich die Turmbergbahn bei. „Die Bahn ist mehr als Mittel zum Zweck, sie ist auch Teil des Ausflugserlebnisses“, sagt der Leiter des Durlacher Pfinzgaumuseums, Ferdinand Leikam, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Mit ihren gelb-roten Waggons mutet die Turmbergbahn nicht nur nostalgisch an, sie ist auch die älteste fahrbereite Standseilbahn Deutschlands. Den Panoramablick über Karlsruhe und die Rheinebene bis hinüber auf die Pfälzer Berge genießen jedes Jahr 120 000 Ausflügler. Durlacher Geschäftsleute erkannten im 19. Jahrhundert das Potenzial und gaben Geld für den Bau der Seilbahn.
Schon im ersten Betriebsjahr 1888 beförderte die Turmbergbahn rund 51 000 Fahrgäste. Bis 1929 sollte die Zahl auf rund 105 000 Fahrgäste anwachsen. Rückläufig war sie lediglich im Jahr der Massenarbeitslosigkeit 1931 mit nur noch 71 000 Fahrgästen. In dem Hungerjahr 1946 nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten mehr als 300 000 Fahrgäste die Bahn, „um auf dem Turmberg Bucheckern zu sammeln“, so Ferdinand Leikam.
Ende kommenden Jahres läuft die Betriebserlaubnis für die am 1. Mai 1888 eröffnete Bahn aus. Für 21 Millionen Euro soll die Anlage modernisiert, technisch auf den neuesten Stand gebracht, barrierefrei und erweitert werden. Die zwei Wägen sollen künftig schaffnerlos fahren. Die größte Neuerung, die die Verkehrsbetriebe Karlsruhe als Betreiber planen, ist die Verlängerung der Bahn und damit eine Verlegung der Talstation.
Die Modernisierungspläne haben in Karlsruhe eine kontroverse Diskussion um Umfang und Gestaltung der Maßnahme ausgelöst. Über 4000 Unterschriften für eine Petition hat die Interessengemeinschaft „Zukunft Turmbergbahn“bereits gesammelt. „Barrierefreiheit lässt sich auch über vorhandene Mittel herstellen“, sagte Seth Ioro von der Interessengemeinschaft. Er halte es für möglich, die Bahn im historischen Stil zu restaurieren, vergleichbar etwa der Nero-Bergbahn in Wiesbaden. Als technisches Kulturdenkmal ist die zweitälteste Standseilbahn Deutschlands bis zum heutigen Tag eine wichtige Touristenattraktion in der hessischen Landeshauptstadt.
Denkmalschutz-Gründe spielten auch beim Umbau der Schauinslandbahn in Freiburg 1988 eine Rolle. Die führerlosen Kabinen der 3600 Meter langen Bahn entsprechen ihrem Aussehen nach den ursprünglichen Kabinen von 1930. Der weltweit ersten Umlaufseilbahn komme Seltenheitswert zu, schreibt die Freiburger Verkehrs AG als Betreiber der Bahn auf ihrer Homepage.
„Standseilbahnen gibt es viele, vor allem in den Alpen“, sagt Ferdinand Leikam. Man dürfe sie aber nicht mit Zahnradbahnen verwechseln. Die Merkurbahn bei Baden-Baden oder die Sommerbergbahn in Bad Wildbad etwa fahren am Seil, ebenso die auch als „Schnürlesbahn“bekannte Standseilbahn in Stuttgart, die in den Tarif- und Verkehrsverbund Stuttgart eingebunden ist. Mit nur einem Ticket von der Innenstadt auf den Turmberg fahren, das soll nach der Modernisierung
der Turmbergbahn auch in Karlsruhe möglich sein, sagt der Sprecher der Verkehrsbetriebe Karlsruhe, Nicolas Lutterbach. „Zweck der Verlängerung ist die Anbindung der Turmbergbahn an den öffentlichen Personennahverkehr“, so Lutterbach. Vorbehaltlich einer Förderzusage des Landes zu den Baukosten soll die neue Turmbergbahn dann nach rund 15-monatiger Bauzeit im Frühjahr 2024 ihren Betrieb aufnehmen.