Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Tierdrama: Biber liegt erschossen in Bach

Im Ulmer Donautal – Die Polizei ermittelt – Hiesige Naturschüt­zer sind empört

- Von Michael Kroha

ULM - Noch am Freitag wurde das Video eines Bibers in den sozialen Netzwerken gefeiert, das zeigt, wie ein Nager am Morgen durch die Ulmer Altstadt watschelt. Die Reaktionen im Netz darauf waren zum Schmunzeln. Doch jetzt wird durch unsere Recherchen bekannt, dass wenige Tage zuvor in einem Bach bei Ulm ein grausamer Fund gemacht wurde: ein toter Biber mit einer Einschussw­unde. Naturschüt­zer sind empört.

Entdeckt wurde das tote Tier bereits am Dienstag, 13. April, im Rötelbach im Ulmer Donautal zwischen Einsingen und Gögglingen. Das bestätigte die Polizei auf Nachfrage. Die Ermittler gehen demnach von einem Tatzeitrau­m zwischen 9. und 13. April aus.

Eine Zeugin habe den Kadaver gefunden, so Claudia Kappeler, Sprecherin des Polizeiprä­sidiums Ulm. Der Biber sei anschließe­nd begutachte­t worden. Dabei wurde eine Schusswund­e gefunden und die Polizei habe daraufhin die Ermittlung­en aufgenomme­n. Auf die Frage, warum die Polizei mit dem Vorfall nicht an die Öffentlich­keit ging, war keine Antwort zu bekommen.

Mittlerwei­le liegen die Ermittlung­sakten aber ohnehin bei der Ulmer Staatsanwa­ltschaft. Dort bestätigt Behördensp­recher Stefan Adamski, dass eine Anzeige gegen unbekannt erstattet wurde. Jedoch liege kein Tatverdach­t vor. Eine Patrone sei nicht gefunden worden. Auch sonst gebe es derzeit keine weiteren Ermittlung­sansätze.

Jana Slave, Regionalge­schäftsfüh­rerin beim Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) in Ulm, reagiert überrascht. Biber unterliege­n in Deutschlan­d dem Naturschut­zrecht und zählen in Europa zu den streng geschützte­n Arten. „Dass jetzt einer erschossen oder getötet wurde, macht mich sprachlos. Wir sind äußerst entsetzt“, so Slave. Empört wäre sie auch darüber, sollte nicht weiter von Polizei und Staatsanwa­ltschaft ermittelt werden. „Das kann nicht sein. Es wäre wichtig, dass dem nachgegang­en wird“, sagt sie. Jäger würde sie als Tatverdäch­tige ausschließ­en. Die müssten sich dessen bewusst sein, dass sie Biber nicht schießen dürfen.

Vergleichb­are Fälle sind dem Ulmer Polizeiprä­sidium bislang nicht bekannt. Von der Stadt Ulm und der zuständige­n Biberbeauf­tragten war krankheits­bedingt keine Stellungna­hme zu bekommen. Doch auch Michael Angerer, Leiter der Abteilung Naturschut­z und bereits seit 1990 im Neu-Ulmer Landratsam­t, kann sich an einen erschossen­en Biber

in der Region nicht erinnern.

Um die 500 Nager seien bei einer Kartierung vor zwei oder drei Jahren im Kreis Neu-Ulm gezählt worden. Die Lebensräum­e im Kreisgebie­t seien weitestgeh­end besiedelt und besetzt. Die Artgenosse­n würden auch gegenseiti­g ihr Revier verteidige­n, sodass der Bestand weitestgeh­end sich selbst reguliert. Nachkommen aber müssten sich deshalb neue Reviere suchen. Da es auch aufgrund des corona-bedingten Lockdowns derzeit in den Städten ruhiger zugeht als sonst, könne es durchaus sein, dass Biber den Weg dorthin suchen, meint Angerer.

Zwar würden die Nager hin und wieder auch Schäden anrichten. Dafür wurde in Bayern aber ein Ausgleichs­fonds unter anderem für betroffene Landwirte eingericht­et. Die im Freistaat dafür vorgesehen­en 450 000 Euro pro Jahr würden dafür allerdings nicht immer ausreichen. Laut Angerer belaufen sich die Schäden bayernweit meist auf 700 000 bis 800 000 Euro im Jahr, davon entfallen zwischen 3000 bis 4000 Euro für den Landkreis Neu-Ulm.

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FOTO: DPA Biber unterliege­n in Deutschlan­d dem Naturschut­zrecht und zählen in Europa zu den streng geschützte­n Arten.

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