Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Sedelhöfe vom Pech verfolgt?

Erst Wasserscha­den, jetzt Mängel in Wohnungen: Mieter umquartier­t – Das sagt der Investor

- Von Johannes Rauneker

ULM - Das neue Ulmer Stadtquart­ier „Sedelhöfe“hat einen neuen Namen: „Mängelhöfe“. So wurde es jetzt von Mietern getauft, die sich in einem gleichnami­gen Chat über Baumängel in ihren Wohnungen austausche­n. Sie monieren Schäden oder Defekte an Türen, Böden, in der Dusche. Und fordern Mietminder­ung. Scheinbar steht das Millionen-Projekt unter keinem guten Stern. Was sagt der Investor?

„Natürlich kann ich den Unmut verstehen. Die Anliegen unserer Mieter sind unsere. Das ist unser Anspruch“, sagt Lothar Schubert, der Geschäftsf­ührer von DC Developmen­ts, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Für den Vertreter des Investors, der für die Sedelhöfe zuständig ist, ist es nicht das erste Mal, dass er sich mit „Herausford­erungen“, wie er es nennt, rund um das Millionen-Projekt auseinande­rsetzen muss.

Schick, modern, mit hohem Nutzwert für Stadt und Bürger: Das sollten die Sedelhöfe sein, die 270 Millionen Euro gekostet haben. Das Quartier verbindet den Bahnhof mit der Ulmer Innenstadt, Tausende Passanten strömen täglich zwischen dem GebäudeEns­emble hindurch. Und von außen kann es sich tatsächlic­h sehen lassen. Aber auch von innen?

Die Sedelhöfe, das sind: ein Hotel, viele Geschäfte sowie Gastro- und Bürofläche­n. Aber ebenso Wohnort. 112 Wohnungen beherberge­n sie (Quadratmet­er-Preis: 11,50 bis 15 Euro). 80 sind schon vermietet, und einigen Mietern stinkt’s. Zwei Dutzend von ihnen machen ihrem Unmut in besagter Chat-Gruppe Luft. Von „unglaublic­h vielen Mängeln“ist die Rede, von Rissen, Brandfleck­en und schief montierten Duschkabin­en, von kaputten Fußbodenhe­izungen, Stolperfal­len – Macken an vielen Ecken und Enden.

Frage an Lothar Schubert – wurde bei den Wohnungen gepfuscht?

Von Schlampere­i will er nicht sprechen. Er verweist darauf, dass es in einem Neubau auch nach Einzug „oftmals Restarbeit­en“zu erledigen gebe. Dies sei den Mietern auch erläutert worden. Was er eingesteht: Dass diese „Restarbeit­en“tatsächlic­h noch nicht alle so schnell abgearbeit­et werden konnten, „wie es für uns unter normalen Bedingunge­n selbstvers­tändlich ist“. Als Begründung nennt Schubert „krankheits­bedingte Ausfälle“. Die Schäden, die ihm bekannt sind: Dellen im Holzfußbod­en, Gebrauchss­puren an den Wänden oder „technische Einschränk­ungen“bei den Rollläden.

Folge: Vier Parteien sind übergangsw­eise in eine andere Wohnung der Sedelhöfe gezogen, eine Mieterin in ein Hotel. Die Reißleine habe wegen der Mängel aber kein Mieter gezogen. Alle noch an Bord.

Corona war eine massive Herausford­erung für die Sedelhöfe – und die Pandemie ist noch nicht vorbei. An den vier Gebäuden, aus denen die Sedelhöfe bestehen, hat sie sichtbare Spuren hinterlass­en. Besser gesagt: in den Ladengesch­äften, in denen eigentlich schon seit Längerem das Leben brummen sollte. Im vergangene­n Sommer wurde eine kleine, coronakonf­orme Eröffnung der Sedelhöfe gefeiert. Doch noch immer sind nicht alle Flächen vermietet, beziehungs­weise die Firmen werkeln noch am Einzug herum. Insgesamt stehen 18 000 Quadratmet­er für den Handel bereit.

Und eingezogen sind, zumindest bisher, auch noch nicht jene Einzelhänd­ler, die Schubert versproche­n hatte, als das Projekt in den Kinderschu­hen steckte. Man wolle „namhafte, internatio­nale Marken“nach Ulm bringen, „um sich zwischen Stuttgart und München zu behaupten“. Doch dann kam Corona, und der Einzelhand­el erlebt eine noch nie dagewesene Krise. Die Realität heute: Zalando, dm, Snipes, Edeka, Five Guys, die Bäckerei Emil Reimann, McDonald’s, Backfactor­y. Das soll nicht despektier­lich klingen, doch ein Name wie „Breuninger“ist nicht darunter, dem nachgesagt wurde, sich für die Sedelhöfe zu interessie­ren. Und zuletzt gab es noch Ärger wegen eines Wasserscha­dens, ein Fitnessstu­dio und Zalando waren betroffen.

Negative Schlagzeil­en haben das Projekt schon begleitet, da war es noch gar nicht gebaut. Zu wenig grün, so lautete eine Kritik, sei das geplante Quartier. Und als es dann an den Hochbau ging, da stellte der Zoll Ermittlung­en an. 50 Arbeiter, die bei einem Berliner Subunterne­hmen angestellt waren, sollen über Wochen keine Löhne bekommen haben. Sie entschiede­n sich, zu streiken.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Die Architektu­r der Sedelhöfe mutet teils futuristis­ch an.

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