Sedelhöfe vom Pech verfolgt?
Erst Wasserschaden, jetzt Mängel in Wohnungen: Mieter umquartiert – Das sagt der Investor
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ULM - Das neue Ulmer Stadtquartier „Sedelhöfe“hat einen neuen Namen: „Mängelhöfe“. So wurde es jetzt von Mietern getauft, die sich in einem gleichnamigen Chat über Baumängel in ihren Wohnungen austauschen. Sie monieren Schäden oder Defekte an Türen, Böden, in der Dusche. Und fordern Mietminderung. Scheinbar steht das Millionen-Projekt unter keinem guten Stern. Was sagt der Investor?
„Natürlich kann ich den Unmut verstehen. Die Anliegen unserer Mieter sind unsere. Das ist unser Anspruch“, sagt Lothar Schubert, der Geschäftsführer von DC Developments, der „Schwäbischen Zeitung“. Für den Vertreter des Investors, der für die Sedelhöfe zuständig ist, ist es nicht das erste Mal, dass er sich mit „Herausforderungen“, wie er es nennt, rund um das Millionen-Projekt auseinandersetzen muss.
Schick, modern, mit hohem Nutzwert für Stadt und Bürger: Das sollten die Sedelhöfe sein, die 270 Millionen Euro gekostet haben. Das Quartier verbindet den Bahnhof mit der Ulmer Innenstadt, Tausende Passanten strömen täglich zwischen dem GebäudeEnsemble hindurch. Und von außen kann es sich tatsächlich sehen lassen. Aber auch von innen?
Die Sedelhöfe, das sind: ein Hotel, viele Geschäfte sowie Gastro- und Büroflächen. Aber ebenso Wohnort. 112 Wohnungen beherbergen sie (Quadratmeter-Preis: 11,50 bis 15 Euro). 80 sind schon vermietet, und einigen Mietern stinkt’s. Zwei Dutzend von ihnen machen ihrem Unmut in besagter Chat-Gruppe Luft. Von „unglaublich vielen Mängeln“ist die Rede, von Rissen, Brandflecken und schief montierten Duschkabinen, von kaputten Fußbodenheizungen, Stolperfallen – Macken an vielen Ecken und Enden.
Frage an Lothar Schubert – wurde bei den Wohnungen gepfuscht?
Von Schlamperei will er nicht sprechen. Er verweist darauf, dass es in einem Neubau auch nach Einzug „oftmals Restarbeiten“zu erledigen gebe. Dies sei den Mietern auch erläutert worden. Was er eingesteht: Dass diese „Restarbeiten“tatsächlich noch nicht alle so schnell abgearbeitet werden konnten, „wie es für uns unter normalen Bedingungen selbstverständlich ist“. Als Begründung nennt Schubert „krankheitsbedingte Ausfälle“. Die Schäden, die ihm bekannt sind: Dellen im Holzfußboden, Gebrauchsspuren an den Wänden oder „technische Einschränkungen“bei den Rollläden.
Folge: Vier Parteien sind übergangsweise in eine andere Wohnung der Sedelhöfe gezogen, eine Mieterin in ein Hotel. Die Reißleine habe wegen der Mängel aber kein Mieter gezogen. Alle noch an Bord.
Corona war eine massive Herausforderung für die Sedelhöfe – und die Pandemie ist noch nicht vorbei. An den vier Gebäuden, aus denen die Sedelhöfe bestehen, hat sie sichtbare Spuren hinterlassen. Besser gesagt: in den Ladengeschäften, in denen eigentlich schon seit Längerem das Leben brummen sollte. Im vergangenen Sommer wurde eine kleine, coronakonforme Eröffnung der Sedelhöfe gefeiert. Doch noch immer sind nicht alle Flächen vermietet, beziehungsweise die Firmen werkeln noch am Einzug herum. Insgesamt stehen 18 000 Quadratmeter für den Handel bereit.
Und eingezogen sind, zumindest bisher, auch noch nicht jene Einzelhändler, die Schubert versprochen hatte, als das Projekt in den Kinderschuhen steckte. Man wolle „namhafte, internationale Marken“nach Ulm bringen, „um sich zwischen Stuttgart und München zu behaupten“. Doch dann kam Corona, und der Einzelhandel erlebt eine noch nie dagewesene Krise. Die Realität heute: Zalando, dm, Snipes, Edeka, Five Guys, die Bäckerei Emil Reimann, McDonald’s, Backfactory. Das soll nicht despektierlich klingen, doch ein Name wie „Breuninger“ist nicht darunter, dem nachgesagt wurde, sich für die Sedelhöfe zu interessieren. Und zuletzt gab es noch Ärger wegen eines Wasserschadens, ein Fitnessstudio und Zalando waren betroffen.
Negative Schlagzeilen haben das Projekt schon begleitet, da war es noch gar nicht gebaut. Zu wenig grün, so lautete eine Kritik, sei das geplante Quartier. Und als es dann an den Hochbau ging, da stellte der Zoll Ermittlungen an. 50 Arbeiter, die bei einem Berliner Subunternehmen angestellt waren, sollen über Wochen keine Löhne bekommen haben. Sie entschieden sich, zu streiken.