Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das Münster raucht: So lief der Einsatz

Am höchsten Kirchturm der Welt wurde Qualm gesichtet – Alarm weckte böse Erinnerung­en

- Von Thomas Heckmann und krom

ULM - Auf einer Streifenfa­hrt haben Mitarbeite­r der Ulmer Stadtpoliz­ei am Mittwochab­end Rauch am Ulmer Münster, dem höchsten Kirchturm der Welt, bemerkt. Auf etwa 150 Meter Höhe des über 161 Meter hohen Kirchturme­s sollen Schwaden sichtbar gewesen sein. Es wurde ein Rettungsei­nsatz in Gang gesetzt, der böse Erinnerung­en weckte.

Der Löschzug der Ulmer Feuerwehr und die Höhenrettu­ngsgruppe machten sich auf den Weg zum Ulmer Wahrzeiche­n. Auch die Feuerwehrl­eute konnten Rauch sehen und bestiegen den Kirchturm.

Zeitgleich kam zufällig Ernst-Wilhelm Gohl, der Dekan des Ulmer Münsters, an „seiner“Kirche vorbei und konnte der Feuerwehr aufschließ­en. Er selbst stieg bis auf 102 Meter mit auf, ab dort verengt sich der Kirchturm so stark, dass nur noch die Feuerwehrl­eute, die nach der Ursache des Rauches suchten, weiter aufstiegen.

Mit voller Einsatzkle­idung, Atemschutz­ausrüstung, einem Kleinlösch­er und einem Bolzenschn­eider, um Zugänge aufzubrech­en, stiegen die Wehrleute auch auf die letzte der 768 Stufen nach oben. Trotz intensiver Suche konnten sie nichts finden, was den Rauch verursacht haben könnte – es wurde auch kein Schaden festgestel­lt.

Gleichzeit­ig wurde die Drohnensta­ffel der Feuerwehr des Alb-Donau-Kreises zu ihrem ersten Einsatz im Stadtgebie­t Ulm alarmiert. Mit mehreren Drohnen umflogen sie den Münstertur­m, darunter auch eine Drohne mit einer Wärmebildk­amera. Auf einem Tablet wurden die Videobilde­r und die Temperatur­daten dem Feuerwehr-Einsatzlei­ter und Kommandant­en Adrian Röhrle übermittel­t. An keiner Stelle war der Turm wärmer als 20 Grad, so dass schnell Entwarnung gegeben werden konnte.

Auch der Dekan war froh, dass die Kirche unbeschädi­gt geblieben ist. Dankbar sprach er noch am Abend an, dass die Rauch-Beobachtun­g sofort an die Feuerwehr weitergeme­ldet wurde und damit eine mögliche Gefahr sofort bekämpft werden konnte.

Gohl lobte auch die Zusammenar­beit mit der Feuerwehr und ihrer Höhenrettu­ngsgruppe, die regelmäßig am Kirchturm übt. Vor allem zur Bergung von verletzten und erkrankten Touristen müssen die Retter mehrmals im Jahr zum Einsatz kommen. Dabei werden immer wieder Verletzte aus der Turmstube in rund 70 Metern Höhe über eine Luke sicher bis in das Kirchensch­iff abgeseilt, wo dann der Rettungsdi­enst die weitere Versorgung der Verletzten übernimmt. Die letzte Begehung der Feuerwehr hatte erst am Dienstag stattgefun­den und die nächste Übung ist bereits für kommende Woche terminiert.

Nach knapp zwei Stunden konnten die 40 Feuerwehrl­eute am Mittwoch den Einsatz abbrechen.

Als jedoch die Erstmeldun­g in Ulm und um Ulm herum die Runde machte, weckte dies böse Erinnerung an den verheerend­en Brand in Frankreich­s Wahrzeiche­n im April vor zwei Jahren, Notre-Dame. Das Münster ist aber nicht mit der Pariser Kathedrale zu vergleiche­n. Wie der damals und inzwischen verstorben­e

Münsterbau­meister Michael Hilbert schilderte, wurde der Dachstuhl des Münsters, der früher aus Holz bestand, 1883 durch eine Stahlkonst­ruktion ersetzt – ein gravierend­er Unterschie­d zu Notre-Dame. „Wir haben vielleicht ein Prozent der Menge an Holz, die in Notre-Dame war“, sagte er damals. Zudem wurde die Elektrik, die stellenwei­se noch aus dem 19. Jahrhunder­t stammte, in den Jahren 2015 und 2016 auf Vordermann gebracht. Anschließe­nd wurden Brandschut­ztüren eingebaut, Rauchmelde­r und andere Detektoren in den Räumen angebracht. Zudem gibt es in der alten Sakristei eine Brandschut­zanlage, die Alarm schlägt, falls ein Feuer ausbricht.

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FOTO: HECKMANN Nach knapp zwei Stunden konnte die 40 Feuerwehrl­eute den Einsatz am Ulmer Wahrzeiche­n ohne Feststellu­ngen abbrechen.

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