Koalition muss liefern
Die Neuauflage steht, und sie steht vor gewaltigen Aufgaben. Zum zweiten Mal gehen Grüne und CDU in Baden-Württemberg ein Regierungsbündnis ein. Die Corona-Pandemie belastet die Kassen des Landes, neue Schulden drücken. Die erste grün-schwarze Koalition konnte getrost nach dem Motto von Ministerpräsident Winfried Kretschmann agieren – man ließ sich gegenseitig Beinfreiheit. Das hieß im Klartext: Die Herzensangelegenheiten beider Partner wurden einfach mit viel Geld finanziert. Seien es viele Stellen für Polizei und Justiz in den CDU-geführten Ministerien, oder Verwaltungsjobs im Naturschutz für die Grünen.
Wenn Geld die Konflikte nicht lösen konnte, wurde es rasch zäh, etwa beim Debakel um die gescheiterte Wahlrechtsreform oder dem endlosen Hickhack um Luftreinhaltung.
Doch Streitschlichtung durch Steuergeld wird diesmal nicht möglich sein. Wer in den kommenden fünf Jahren gestalten will, muss klare Prioritäten setzen. Wer glaubt, das werde einfacher, weil die Grünen nun der deutlich stärkere Partner sind, verkennt die Lage. Die CDU muss sich von einer weiteren historischen Wahlniederlage erholen und endlich nachhaltig erneuern, personell wie inhaltlich.
Die Grünen wiederum werden die Richtung finden müssen, in die es nach dem Übervater Kretschmann geht. Dessen Position ist ebenfalls längst nicht mehr unumstritten, wie der grünen-interne Konflikt um die Fortsetzung der Koalition zeigt. Die für Baden-Württemberg grünen-typische Ruhe in den eigenen Reihen ist nicht länger garantiert.
Die Herausforderungen für die alte und neue Regierung sind groß: Transformation der Autoindustrie, spürbare Folgen des Klimawandels, die in der Pandemie zu Tage getretenen Defizite im Bildungsbereich.
Und auch im erfolgsverwöhnten Baden-Württemberg hat die CoronaKrise viele Defizite offengelegt, die Bürger blicken zunehmend skeptischer auf die Regierenden. Grünschwarz bleibt also wenig Zeit für harmonische Gruppenfotos. Jetzt gilt es zu liefern.