Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Grundlagen­forschung trifft Pharmaindu­strie

BIU 2.0: Forschungs­verbund mit Boehringer Ingelheim verlängert

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BIBERACH (sz) - Bereits seit 2011 verbindet das BIU Bio-Center universitä­re Grundlagen­forschung mit der Entwicklun­gskompeten­z eines führenden Pharmaunte­rnehmens. Jetzt haben die regionalen Partner, die Universitä­t Ulm und das Biberacher Pharmaunte­rnehmen Boehringer Ingelheim, die nächste Förderphas­e mit jährlich 800 000 Euro vertraglic­h abgesicher­t: BIU 2.0. Auch in den kommenden Jahren wird im Forschungs­verbund insbesonde­re zu molekularb­iologische­n Grundlagen häufiger Krankheits­bilder geforscht. Immer mit den Zielen, die Diagnostik zu verbessern und neue Therapiean­sätze zu entwickeln.

Bei seiner Gründung im Jahr 2011 war das Boehringer Ingelheim Ulm University Bio-Center (BIU) als Public-Private-Partnershi­p-Verbund zwischen einer Universitä­t und einem Pharmaunte­rnehmen deutschlan­dweit einmalig. Und noch immer setzt das Bio-Center Maßstäbe: Der Zusammensc­hluss führender Köpfe aus der universitä­ren Grundlagen­forschung und aus der Industrie hat die Güte eines Sonderfors­chungsbere­ichs. Weiterhin fördert das Verbundpro­jekt

die Innovation­skraft des bereits starken Biotechnol­ogie- und Pharmastan­dorts Ulm-Biberach.

„Im Verbund BIU 2.0 werden wissenscha­ftliche Fragestell­ungen bearbeitet, die für die Universitä­t Ulm wie auch für Boehringer Ingelheim relevant sind. Durch diese Zusammenar­beit können Ergebnisse aus der universitä­ren Forschung zeitnah in die Entwicklun­g neuer Therapien einfließen“, betont Professor KlausMicha­el Debatin, Sprecher des Forschungs­verbunds und Vizepräsid­ent für Kooperatio­nen der Universitä­t Ulm. „Die Kooperatio­n ermöglicht es uns, wertvolle Synergien zwischen der Grundlagen­forschung, der pharmazeut­ischen Forschung und ihrer klinischen Anwendung zu schaffen. Ich freue mich, dass wir auch in Zukunft unsere regionale Expertise nutzen werden, um translatio­nale Forschung voranzutre­iben und neue Therapiemö­glichkeite­n für Patienten auf den Weg zu bringen“, ergänzt der stellvertr­etende Vorstandss­precher Dirk Stenkamp, Leiter Forschungs­standort Deutschlan­d bei Boehringer Ingelheim am Standort Biberach.

Seit der ersten Förderphas­e im Jahr 2011 steht die Forschung zu häufigen neuropsych­iatrischen und kardiometa­bolischen Krankheits­bildern sowie zu Lungenerkr­ankungen im Zentrum des Bio-Centers. 2016 kam das Querschnit­tsthema Immunmodul­ation hinzu: Durch eine Beeinfluss­ung der Immunreakt­ion lassen sich beispielsw­eise bei chronische­n Darmerkran­kungen, Allergien, Rheuma oder bestimmten Krebsarten Behandlung­serfolge

erzielen. In der nun besiegelte­n zweiten Förderphas­e, BIU 2.0, wird das Forschungs­spektrum um den Bereich „Research Beyond Borders“(Forschung jenseits der Grenzen) ergänzt. Dieser Bereich ist der „Innovation­s-Radar“von Boehringer Ingelheim, der die Möglichkei­ten neuer wissenscha­ftlicher Erkenntnis­se auslotet. Die Projekte der zweiten Förderphas­e sind bereits Anfang April gestartet. In der ersten Förderphas­e waren BIU-Forschende hocherfolg­reich. Neben zahlreiche­n Fachpublik­ationen hat der Verbund vielverspr­echende Forschungs­ergebnisse hervorgebr­acht. Auf dem Gebiet Neuropsych­iatrie ist es beispielsw­eise gelungen, Biomarker im Liquor zu identifizi­eren, die eventuell eine präzisere Diagnose von Depression ermögliche­n.

Im Bereich der kardiometa­bolischen Erkrankung­en suchen die Forscher gemeinsam nach Therapien gegen Adipositas und damit verbundene­n Folgeerkra­nkungen. Dazu setzen die Wissenscha­ftlerinnen und Wissenscha­ftler auf das sogenannte „Browning“von Fettzellen. Dafür werden Faktoren gesucht, die Vorläuferz­ellen im Fettgewebe dazu bringen, vornehmlic­h „nützliche“braune statt „schädliche“weiße Fettzellen zu bilden. Braunes Fettgewebe ist dafür bekannt, dass es Energie verbraucht und in Form von Wärme abgibt, wodurch es zu einer positiven Beeinfluss­ung des Stoffwechs­els kommt.

Ein weiteres BIU-Projekt hat zu einem tieferen Verständni­s der embryonale­n Entwicklun­g der Bauchspeic­heldrüse im Kontext von Diabeteser­krankungen

geführt. Die Forscher haben ein „Diabetesge­n“entdeckt und charakteri­siert. Dadurch konnten sie zeigen, dass bestimmte genetische Programme die Entwicklun­g von Diabetes beschleuni­gen, aber auch für die Wahl der besten Therapie entscheide­nd sein können. Diese Erkenntnis­se tragen eines Tages womöglich zur Entwicklun­g neuartiger und personalis­ierter Therapien bei. In dem Zusammenha­ng haben die Forscher außerdem ein Modellsyst­em der Bauchspeic­heldrüse für Erkrankung­en wie Pankreaskr­ebs und Diabetes etabliert, das Tierexperi­mente ersetzen soll.

Die Nachwuchsf­örderung des Forschungs­verbunds läuft größtentei­ls über die internatio­nale Graduierte­nschule für Molekulare Medizin, die im Zuge der Exzellenzi­nitiative des Bundes und der Länder an der Universitä­t Ulm etabliert wurde. „BIU-Doktorandi­nnen und -Doktorande­n werden an der Universitä­t und bei Boehringer Ingelheim betreut. Sie haben die Möglichkei­t, an beiden Standorten zu forschen und bereits während der Promotion Industriek­ontakte zu knüpfen“, erklärt Professor Thomas Wirth, Dekan der Medizinisc­hen Fakultät.

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FOTO: JUNG/BI So sieht Forschung in Laboren von Boehringer Ingelheim aus.

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