Ist der Blaubeurer Ring bald Geschichte?
Bis zur Landesgartenschau 2030 soll die B10 gewaltig umgebaut werden – Eine Seilbahn kommt wohl nicht
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ULM - Zehntausende Autos rollen jeden Tag auf der B10 durch Ulm. In zehn Jahren soll die Bundesstraße völlig anders aussehen. Der Knoten am Ehinger Tor, der Söflinger Kreisel und das Blaubeurer-Tor-Ring sollen grundlegend umgestaltet werden. Dazu kommen große Brückenbaustellen an beiden Enden der Stadt. Ein Wunschtraum ist dagegen fast vom Tisch: Dass eine Seilbahn wird, ist unwahrscheinlich geworden. Eine Restchance gibt es aber.
Ein grünes Band von der Wilhelmsburg bis zur Donau soll zur Landesgartenschau entstehen. Derzeit ist da ein Band aus Asphalt: die B10. Sie soll umgebaut werden, sodass eine zusammenhängende Grünfläche entsteht, die Platz für Gestaltungsideen bietet. Vor allem Grüne und SPD im Gemeinderat liebäugeln auch mit der Idee, den Verkehr auf der Bundesstraße zu reduzieren. Doch das sei nicht ganz einfach, warnte Baubürgermeister Tim von Winning. Die Stadt könne allenfalls versuchen, den Binnenverkehr und Pendler umzulenken oder von anderen Verkehrsmitteln zu überzeugen.
Harald Walter aus der Stadtverwaltung und Daniel Seebo vom Büro SHP Ingenieure aus Hannover stellten am Dienstagabend im Bauausschuss eine „Annäherung“daran vor, wie sich Wünsche für die B10 umsetzen lassen könnten. Das Ergebnis: Viele Veränderungen, über die die Ulmer laut nachgedacht hatten, verfehlen den gewünschten Effekt. Etwa, dass Neue Straße und Zinglerstraße von Einbahnstraßen zu Straßen mit Gegenverkehr umgebaut werden. Das würde die stadteinwärts führende Zinglerstraße überlasten, so die Prognosen. Außerdem müsste der Tunnel beim Kino Xinedome wegen der Veränderungen zugeschüttet werden.
Seebo bezeichnete das Knotengefüge
● am Ehinger Tor als unübersichtlich. Insbesondere für Radfahrer seien die Routen lang und teils ungeeignet. Er schlug vor, die Verkehrsführung durch zwei Ampel-Kreuzungen zu ersetzen. Alles werde zusammengeschoben und gebündelt, erklärte der Bauingenieur. Vor dem Scholl-Gymnasium würden dadurch rund 4200 Quadratmeter
Grünfläche frei, die Furttenbachstraße wäre keine Zufahrt zur B10 mehr, Radwege könnten geschickter geführt werden und es bliebe Platz für eine mögliche weitere Straßenbahnlinie nach Westen. Der Ausschuss stimmte der Neuordnung einstimmig zu.
Zwischen der Auffahrt aus dem
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Westringtunnel und Schwenk Zement liegt der Söflinger Kreisel. Auch er ist groß, unübersichtlich und für Radler unkomfortabel. So zusammenschieben wie der Knoten am Ehinger Tor lässt sich der Kreisverkehr nicht: Das wäre sehr teuer und ein Teil der Straßen müsste auf den Tunnel versetzt werden. Das ist Seebo zufolge baulich schwierig und nicht sinnvoll, weil auch der Tunnel eines Tages erneuert werden müsse. Daher schlug er eine kleinere Lösung vor, die der bestehenden Situation ähnelt. Der Kreisverkehr würde durch eine Kreuzung mit Ampel abgelöst. Rund 3200 Quadratmeter Grünfläche würden frei. Weitere Planungen folgen, wie auch am Blaubeurer Ring. Auch dort gibt es erste Ideen.
Der Ring um das Blaubeurer Tor
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ist ein Unfallschwerpunkt und gilt als Schrecken vieler Autofahrer. Planer Seebo will die Situation verbessern, indem der Ring aufgelöst wird. Das südöstliche Segment würde wegfallen. Hier sind bislang Fahrer aus Richtung Neu-Ulm auf die Ludwig-Erhard-Brücke unterwegs. Statt des Kreisverkehrs gäbe es zwei Einmündungen mit Ampeln. Die Fläche im Inneren des Kreisels, etwa 11 000 Quadratmeter, würde frei und nutzbar. Das Blaubeurer Tor selbst wäre direkt ans neue Dichterviertel angebunden. Den Aufwand bezeichnete Baubürgermeister Tim von Winning als „überschaubar“. Wenn da nicht ein weiteres Problem wäre.
Nicht nur die Adenauerbrücke
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über die Donau muss neu gebaut werden. Auch die Brücke über das Blaubeurer Tor und die Wallstraßenbrücke
über die Bahngleise in Richtung A8 sind marode. Sie können noch für bis zu 20 Jahre gehalten werden, müssen dann aber für rund 100 Millionen Euro ersetzt werden, wie Fachmann Gerhard Fraidel sagte. Wirtschaftlich lohne sich eine Sanierung nicht, durch einige Arbeiten könne die Lebenszeit verlängert werden. Beschlossen haben die Räte nun dringende Mindestmaßnahmen: Die linken Fahrspuren werden verschmälert, damit Lastwagen nicht mehr nebeneinander fahren können. Zudem werden an den Zufahrtsarmen Betonklötze mit zusätzlichen Spanngliedern montiert.
Die Idee eines begrünten Glacisstegs
● für Radler Fußgänger, der ebenfalls zur Landesgartenschau gebaut und an die Wallstraßenbrücke angeschlossen werden sollte, ist damit fürs Erste vom Tisch. Unrealistisch ist auch ein Tunnel zwischen den Stadtgrenzen bei Donau und Ikea. Diese Variante würde nach groben Schätzungen
400 Millionen Euro kosten. Dafür gibt es Raum für neue Träume: SPDStadtrat Martin Rivoir fragte: „Kann man auch am Blaubeurer Tor vorbeibauen?“Von Winning nannte den Vorschlag „charmant“.
Eine andere Vorstellung hatte der
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Baubürgermeister schon länger skeptisch gesehen: Eine Seilbahn durch die Stadt. Neu-Ulm hat ein solches Verkehrsmittel bereits abgelehnt, auch Ulm verwirft nun die Überlegungen größtenteils. Mögliche Routen hätten von der Wilhelmsburg zum Ehinger Tor oder zum Hauptbahnhof geführt. Sie sind teuer, aus ökologischer Sicht kritisch und unattraktiv fürs Stadtbild. Eine Variante bleibt aber trotz großer Zweifel im Rennen.
Von der Tramhaltestelle Lehrer
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Tal könnte eine Standseilbahn zur Wilhelmsburg führen. Zum Lehrer Tal braucht die Tram vom Bahnhof sechs Minuten, von den Parkplätzen Science Park II und Schulzentrum Kuhberg je rund eine Viertelstunde. Wer zur Burg will, wo künftig regelmäßig Veranstaltungen stattfinden sollen, müsste umsteigen und wäre dann in rund zwei Minuten oben. Um die 17 Millionen Euro würde die Bahn kosten, doch es gäbe einige Schwierigkeiten. Zum einen geht es um Naturschutz, zum anderen würden die denkmalgeschützten Festungsanlagen beeinträchtigt. Gutachter Gerd Aufmkolk warnte: Es wäre fatal, ausgerechnet bei einer Gartenschau wertvolle Naturgebiete zu beschädigen.
Dazu kommen Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und an der Attraktivität des Lehrer Tals als Talstation. „Wer soll denn da einsteigen?“, fragte etwa Ralf Milde (FDP). Lena Schwelling (Grüne) hielt dagegen, dass es wohl keine andere Anbindung der Wilhelmsburg geben könne, abgesehen vom bestehenden, mäßig attraktiven Shuttlebus. Von Winning bezifferte die Chancen der Standseilbahn auf 20 bis 30 Prozent. Dennoch einigten sich die Räte, noch einmal genau hinzusehen, bevor der Traum aufgegeben wird. Bei einer Runde mit Experten für Denkmal- und Naturschutz sollen die Möglichkeiten abklopft werden. Je nach Ergebnis folgen dann eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und die endgültige Entscheidung.