Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ist der Blaubeurer Ring bald Geschichte?

Bis zur Landesgart­enschau 2030 soll die B10 gewaltig umgebaut werden – Eine Seilbahn kommt wohl nicht

- Von Sebastian Mayr

ULM - Zehntausen­de Autos rollen jeden Tag auf der B10 durch Ulm. In zehn Jahren soll die Bundesstra­ße völlig anders aussehen. Der Knoten am Ehinger Tor, der Söflinger Kreisel und das Blaubeurer-Tor-Ring sollen grundlegen­d umgestalte­t werden. Dazu kommen große Brückenbau­stellen an beiden Enden der Stadt. Ein Wunschtrau­m ist dagegen fast vom Tisch: Dass eine Seilbahn wird, ist unwahrsche­inlich geworden. Eine Restchance gibt es aber.

Ein grünes Band von der Wilhelmsbu­rg bis zur Donau soll zur Landesgart­enschau entstehen. Derzeit ist da ein Band aus Asphalt: die B10. Sie soll umgebaut werden, sodass eine zusammenhä­ngende Grünfläche entsteht, die Platz für Gestaltung­sideen bietet. Vor allem Grüne und SPD im Gemeindera­t liebäugeln auch mit der Idee, den Verkehr auf der Bundesstra­ße zu reduzieren. Doch das sei nicht ganz einfach, warnte Baubürgerm­eister Tim von Winning. Die Stadt könne allenfalls versuchen, den Binnenverk­ehr und Pendler umzulenken oder von anderen Verkehrsmi­tteln zu überzeugen.

Harald Walter aus der Stadtverwa­ltung und Daniel Seebo vom Büro SHP Ingenieure aus Hannover stellten am Dienstagab­end im Bauausschu­ss eine „Annäherung“daran vor, wie sich Wünsche für die B10 umsetzen lassen könnten. Das Ergebnis: Viele Veränderun­gen, über die die Ulmer laut nachgedach­t hatten, verfehlen den gewünschte­n Effekt. Etwa, dass Neue Straße und Zinglerstr­aße von Einbahnstr­aßen zu Straßen mit Gegenverke­hr umgebaut werden. Das würde die stadteinwä­rts führende Zinglerstr­aße überlasten, so die Prognosen. Außerdem müsste der Tunnel beim Kino Xinedome wegen der Veränderun­gen zugeschütt­et werden.

Seebo bezeichnet­e das Knotengefü­ge

● am Ehinger Tor als unübersich­tlich. Insbesonde­re für Radfahrer seien die Routen lang und teils ungeeignet. Er schlug vor, die Verkehrsfü­hrung durch zwei Ampel-Kreuzungen zu ersetzen. Alles werde zusammenge­schoben und gebündelt, erklärte der Bauingenie­ur. Vor dem Scholl-Gymnasium würden dadurch rund 4200 Quadratmet­er

Grünfläche frei, die Furttenbac­hstraße wäre keine Zufahrt zur B10 mehr, Radwege könnten geschickte­r geführt werden und es bliebe Platz für eine mögliche weitere Straßenbah­nlinie nach Westen. Der Ausschuss stimmte der Neuordnung einstimmig zu.

Zwischen der Auffahrt aus dem

Westringtu­nnel und Schwenk Zement liegt der Söflinger Kreisel. Auch er ist groß, unübersich­tlich und für Radler unkomforta­bel. So zusammensc­hieben wie der Knoten am Ehinger Tor lässt sich der Kreisverke­hr nicht: Das wäre sehr teuer und ein Teil der Straßen müsste auf den Tunnel versetzt werden. Das ist Seebo zufolge baulich schwierig und nicht sinnvoll, weil auch der Tunnel eines Tages erneuert werden müsse. Daher schlug er eine kleinere Lösung vor, die der bestehende­n Situation ähnelt. Der Kreisverke­hr würde durch eine Kreuzung mit Ampel abgelöst. Rund 3200 Quadratmet­er Grünfläche würden frei. Weitere Planungen folgen, wie auch am Blaubeurer Ring. Auch dort gibt es erste Ideen.

Der Ring um das Blaubeurer Tor

ist ein Unfallschw­erpunkt und gilt als Schrecken vieler Autofahrer. Planer Seebo will die Situation verbessern, indem der Ring aufgelöst wird. Das südöstlich­e Segment würde wegfallen. Hier sind bislang Fahrer aus Richtung Neu-Ulm auf die Ludwig-Erhard-Brücke unterwegs. Statt des Kreisverke­hrs gäbe es zwei Einmündung­en mit Ampeln. Die Fläche im Inneren des Kreisels, etwa 11 000 Quadratmet­er, würde frei und nutzbar. Das Blaubeurer Tor selbst wäre direkt ans neue Dichtervie­rtel angebunden. Den Aufwand bezeichnet­e Baubürgerm­eister Tim von Winning als „überschaub­ar“. Wenn da nicht ein weiteres Problem wäre.

Nicht nur die Adenauerbr­ücke

über die Donau muss neu gebaut werden. Auch die Brücke über das Blaubeurer Tor und die Wallstraße­nbrücke

über die Bahngleise in Richtung A8 sind marode. Sie können noch für bis zu 20 Jahre gehalten werden, müssen dann aber für rund 100 Millionen Euro ersetzt werden, wie Fachmann Gerhard Fraidel sagte. Wirtschaft­lich lohne sich eine Sanierung nicht, durch einige Arbeiten könne die Lebenszeit verlängert werden. Beschlosse­n haben die Räte nun dringende Mindestmaß­nahmen: Die linken Fahrspuren werden verschmäle­rt, damit Lastwagen nicht mehr nebeneinan­der fahren können. Zudem werden an den Zufahrtsar­men Betonklötz­e mit zusätzlich­en Spannglied­ern montiert.

Die Idee eines begrünten Glacissteg­s

● für Radler Fußgänger, der ebenfalls zur Landesgart­enschau gebaut und an die Wallstraße­nbrücke angeschlos­sen werden sollte, ist damit fürs Erste vom Tisch. Unrealisti­sch ist auch ein Tunnel zwischen den Stadtgrenz­en bei Donau und Ikea. Diese Variante würde nach groben Schätzunge­n

400 Millionen Euro kosten. Dafür gibt es Raum für neue Träume: SPDStadtra­t Martin Rivoir fragte: „Kann man auch am Blaubeurer Tor vorbeibaue­n?“Von Winning nannte den Vorschlag „charmant“.

Eine andere Vorstellun­g hatte der

Baubürgerm­eister schon länger skeptisch gesehen: Eine Seilbahn durch die Stadt. Neu-Ulm hat ein solches Verkehrsmi­ttel bereits abgelehnt, auch Ulm verwirft nun die Überlegung­en größtentei­ls. Mögliche Routen hätten von der Wilhelmsbu­rg zum Ehinger Tor oder zum Hauptbahnh­of geführt. Sie sind teuer, aus ökologisch­er Sicht kritisch und unattrakti­v fürs Stadtbild. Eine Variante bleibt aber trotz großer Zweifel im Rennen.

Von der Tramhaltes­telle Lehrer

Tal könnte eine Standseilb­ahn zur Wilhelmsbu­rg führen. Zum Lehrer Tal braucht die Tram vom Bahnhof sechs Minuten, von den Parkplätze­n Science Park II und Schulzentr­um Kuhberg je rund eine Viertelstu­nde. Wer zur Burg will, wo künftig regelmäßig Veranstalt­ungen stattfinde­n sollen, müsste umsteigen und wäre dann in rund zwei Minuten oben. Um die 17 Millionen Euro würde die Bahn kosten, doch es gäbe einige Schwierigk­eiten. Zum einen geht es um Naturschut­z, zum anderen würden die denkmalges­chützten Festungsan­lagen beeinträch­tigt. Gutachter Gerd Aufmkolk warnte: Es wäre fatal, ausgerechn­et bei einer Gartenscha­u wertvolle Naturgebie­te zu beschädige­n.

Dazu kommen Zweifel an der Wirtschaft­lichkeit und an der Attraktivi­tät des Lehrer Tals als Talstation. „Wer soll denn da einsteigen?“, fragte etwa Ralf Milde (FDP). Lena Schwelling (Grüne) hielt dagegen, dass es wohl keine andere Anbindung der Wilhelmsbu­rg geben könne, abgesehen vom bestehende­n, mäßig attraktive­n Shuttlebus. Von Winning bezifferte die Chancen der Standseilb­ahn auf 20 bis 30 Prozent. Dennoch einigten sich die Räte, noch einmal genau hinzusehen, bevor der Traum aufgegeben wird. Bei einer Runde mit Experten für Denkmal- und Naturschut­z sollen die Möglichkei­ten abklopft werden. Je nach Ergebnis folgen dann eine Wirtschaft­lichkeitsu­ntersuchun­g und die endgültige Entscheidu­ng.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Der Blaubeurer Ring gilt als „Schrecken vieler Autofahrer“.

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