Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Düpierter Gesetzgebe­r

- Von Guido Bohsem ●» politik@schwaebisc­he.de

Schon seit Jahren stellt die Zinspraxis des Staats mit einer Strafzahlu­ng von sechs Prozent einen Skandal im Kleinen dar. Eine Reform scheiterte am finanziell­en Interesse.

Der Steuerstaa­t war noch nie großzügig. Geht es darum, eine Schuld einzutreib­en, wird das Finanzamt in der Regel sehr schnell unangenehm. Tatsächlic­h ist das auch in den allermeist­en Fällen angebracht, denn die Gleichbeha­ndlung aller Steuerzahl­er ist ein Gebot der Gerechtigk­eit. Sie sorgt für eine hohe Steuermora­l.

Das war schon immer so, doch mit der Eurokrise und den dauerhafte­n Rettungsma­ßnahmen der Europäisch­en Zentralban­k hat sich das Umfeld grundlegen­d geändert. Nullzinsen oder sogar Negativzin­sen bei der Bank lassen den Staat und seine Strafzinsf­orderungen von sechs Prozent in die Nähe von unseriösen Inkassount­ernehmen rücken.

In den vergangene­n Jahren hat es immer wieder Anträge aus den Opposition­sfraktione­n gegeben, namentlich von der FDP, den Linken und der AfD, diese Last angemessen zu senken. Doch der Großen Koalition war es stets lieber, unangemess­en hart gegen Steuersünd­er vorzugehen als Milde an den Tag zu legen – es brachte etwa im Jahr 2017 immerhin knapp 400 Millionen Euro zusätzlich­er Einnahmen.

Das Verfassung­sgericht hat die Politik nun eines Besseren belehrt. Wieder einmal. Wieder einmal stehen Union und SPD düpiert und beschämt vor der Öffentlich­keit.

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