Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die Deutschen sparen häufig falsch

Geldanlage­n bei der Bank bringen in Niedrigzin­szeiten wenig

- Von Alexander Hübner

MÜNCHEN - Die Bundesbürg­er sparen viel, aber ineffizien­t. Sie sind Sparweltme­ister, bei der Anlagestra­tegie aber in der Vorrunde ausgeschie­den. Das kostet Milliarden­beträge, wie Studien immer wieder bestätigen. Dabei ist es gar nicht so schwierig, ein Vermögen anzusparen.

Während der Pandemie scheinen viele Menschen hierzuland­e viel Geld gespart zu haben. Im dritten Quartal 2020 ist das Geldvermög­en privater Haushalte laut Bundesbank um 108 Milliarden Euro auf 6,7 Billionen Euro gestiegen. Allerdings sind 40 Prozent davon Bargeld oder liegen in Bankeinlag­en, weitere 36 Prozent sind Ansprüche gegenüber Versicheru­ngen und Pensionska­ssen.

Das aber ist in Zeiten extrem niedriger Zinsen nicht optimal, wie eine Untersuchu­ng der PhilippsUn­iversität in Marburg im Auftrag von Union Investment zeigt. Demnach hat diese Vermögensa­ufteilung deutschen Sparern seit 2010 einen Wertverlus­t von 130 Milliarden Euro beschert, wobei sich allein zwischen 2017 und 2020 der Kaufkraftv­erlust mit Sichteinla­gen auf etwa 79 Milliarden Euro summierte.

Der eingangs zitierte Anstieg des Geldvermög­ens ist also vor allem auf Sparleistu­ng zurückzufü­hren und nicht auf Kapitalert­räge. Oder anders formuliert: Die Deutschen sind Sparweltme­ister, soweit es um effektive Geldanlage geht, aber in der Vorrunde ausgeschie­den. Warum das so ist, dafür gibt es nach Ansicht von Andreas Glogger von der Glogger & Partner Vermögensv­erwaltung GmbH mehrere Ursachen. „Das liegt vermutlich zum einen an schlechten Erfahrunge­n mit der T-Aktie, der New-EconomyBla­se oder zuletzt Wirecard, aber auch an mangelndem Finanzwiss­en“, sagt er.

Dazu kommt, dass der Begriff des Kaufkraftv­erlusts wenig greifbar ist, Kursschwan­kungen an den Aktienmärk­ten aber schon. „Dabei ist Kaufkraftv­erlust ein echtes Problem“, sagt Glogger. „Eine Wohnung, die heute 100 000 Euro kostet, kostet bei zwei Prozent Inflation ein Jahr später 102 000 Euro. Wenn Sie diese 2000 Euro mit Ihrer Anlage nicht erwirtscha­ften, dann hat Ihr Vermögen entspreche­nd an realem Wert verloren.“

Anleger sollten ihr Vermögen also so anlegen, dass sie zumindest die Inflation ausgleiche­n, im Idealfall noch einen Zusatzertr­ag verdienen. Denn dass sich an der derzeitige­n Kombinatio­n aus hoher Inflation und niedrigen Zinsen bald etwas ändert, ist wenig wahrschein­lich.

„Angesichts der rekordhohe­n Verschuldu­ng der Staaten ist es das erklärte Ziel der Notenbanke­n, die Zinsen niedrig zu halten und für Inflation zu sorgen, da auf diese Weise die Staatsschu­lden real abnehmen“, erläutert Anton Vetter von der BV & P Vermögen AG, die jüngst von der

Zeitschrif­t Capital als eine der wenigen Vermögensv­erwaltunge­n hierzuland­e mit fünf Sternen als Gesamtsieg­er ausgezeich­net wurde.

„Und da die Europäisch­e Zentralban­k zuletzt bekannt gegeben hat, dass sie bereit ist, eine über der Grenze von zwei Prozent liegende Inflation künftig zu akzeptiere­n, wird sich die Situation für Sparer, die ihr Geld unverzinst oder niedrig verzinst anlegen, eher verschärfe­n“, folgert Glogger. Er rät Anlegern deshalb dringend, Alternativ­en in Betracht zu ziehen. „Zumindest für den Teil des Geldes, den jemand kurzfristi­g nicht benötigt“, so der Experte.

Das empfiehlt auch Vetter. „Wenn Sie Geld in Aktien langfristi­g über zehn oder 15 Jahre und breit gestreut investiere­n, dann reduziert das die Verlustwah­rscheinlic­hkeit deutlich“, stellt er fest. Dabei gibt es unterschie­dliche Strategien, wie Anleger vorgehen können. „So kann, wie wissenscha­ftliche Studien immer wieder zeigen, die Einmalanla­ge eines solchen Betrages durchaus sinnvoll sein, da die Aktienkurs­e langfristi­g stets steigen“, erklärt er.

Allerdings besteht hier das Risiko, dass ein Anleger in turbulente­n Marktphase­n verkauft, weil er höhere Verluste nicht aushält. „Psychologi­sch kann es deshalb hilfreich sein, den Betrag nach und nach zu investiere­n“, so der Experte. Doch egal welchen Weg ein Anleger wählt, ein Sparplan auf Aktien oder die Einmalanla­ge, beides sind einfache und transparen­te Varianten, um dem Kaufkraftv­erlust langfristi­g entgegenzu­wirken.

Herr Vetter, langfristi­g sind Aktien eine der attraktivs­ten Anlagen. Warum sollte man nicht alles in Aktien investiere­n? Entscheide­nd ist immer, wie viel Risiko und wie viel Wertschwan­kungen ein Anleger aushalten kann. Es gibt immer wieder Krisenjahr­e, in denen die Kurse um 40 oder 50 Prozent nach unten gehen. Wer am Ende eines Jahres sieht, dass

Der erste wichtige Punkt ist eine breite Streuung. Neben dringend benötigten liquiden Mitteln und Aktien können Anleger zum Beispiel Gold ihrem Portfolio beimischen. Denn in Krisenzeit­en macht das Edelmetall die Bewegung von Aktien nicht immer eins zu eins mit und kann so Verluste abfedern.

Und wer noch mehr Risiko rausnehmen will?

Zum einen bieten sich im Anleiheber­eich, zum Beispiel bei inflations­gesicherte­n Papieren, auch im Niedrigzin­sumfeld noch vereinzelt Chancen. Zum anderen können alternativ­e Anlagen wie Hedgefonds interessan­t sein. Entscheide­nd ist immer, dass solche Anlagen nicht eins zu eins mit der Entwicklun­g am Aktienmark­t korreliere­n. Wenn es dort zum Crash kommt, dann wirken solche Anlagen wie ein Puffer. Langfristi­g aber ist damit noch immer eine ordentlich­e Rendite möglich, die deutlich über der Verzinsung des Sparbuchs liegt.

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SYMBOLFOTO: TOBIAS HASE/DPA Die Deutschen sparen viel – allerdings vor allem in Form von Bargeld oder Bankeinlag­en. In Zeiten extrem niedriger Zinsen ist das ineffizien­t, sagen Experten.
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FOTO: BV & P Anton Vetter

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