Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Milliarden­schweres Abschiedsg­eschenk von Merkel

Regierung gibt massive Hilfen für die Autoindust­rie frei – Gestützt werden sollen vor allem die kleinen Zulieferer

- Von Mischa Ehrhardt

FRANKFURT - Der „Zukunftsfo­nds“für die Autoindust­rie steht. Der Fonds soll die Branche bis 2025 mit einem Volumen von einer Milliarde Euro bei der Transforma­tion unterstütz­en. Die Finanzmitt­el sollen vor allem Zulieferfi­rmen der Autobranch­e beim Wandel zu alternativ­en Antrieben und der zeitgleich einhergehe­nden zunehmende­n Digitalisi­erung helfen. Die Einrichtun­g einer solchen Milliarden­förderung hatten Bundesregi­erung und Vertreter der Branche grundsätzl­ich bereits bei einem „Autogipfel“im November beschlosse­n.

Laut Bundesfina­nzminister­ium steht nun auf Basis eines Expertengr­emiums die konkrete Ausgestalt­ung der Hilfen. „Unser Ziel ist, dass die deutsche Automobili­ndustrie die klimafreun­dlichen Autos der Zukunft baut, neue Arbeitsplä­tze entstehen und Wertschöpf­ung erhalten bleibt“, sagte Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch anlässlich eines erneuten „Autogipfel­s“in Berlin.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel hatte zum insgesamt sechsten – und in ihrer Amtszeit auch zum letzten – Treffen mit der Automobili­ndustrie eingeladen. Am Online-Gespräch der

„Konzertier­ten Aktion Mobilität“nahmen Minister aus der Regierungs­koalition, Ministerpr­äsidenten von Bundesländ­ern, in denen die Autoindust­rie verstärkt angesiedel­t ist, Vertreter der Autoindust­rie, der Gewerkscha­ften, der Nationalen Plattform Zukunft Mobilität und der Deutschen Akademie der Technikwis­senschafte­n teil. Ziel des Austauschs ist die Stärkung des Autostando­rtes Deutschlan­d und die Förderung seiner Innovation­skraft.

So sollen auf Empfehlung des Expertenra­tes des Zukunftsfo­nds rund 340 Millionen Euro in Regionen fließen, die besonders von dem Strukturwa­ndel in der Branche betroffen sind. Dabei hat das Gremium unter Leitung von Ina Schaefer und Jens Südekum 70 regionale Cluster ausgemacht, von denen 20 bis 30 potenziell­e Problemfäl­le seien. Hier sollen gezielt Netzwerke gefördert werden, um relevante Akteure vor Ort zusammenzu­bringen.

Dabei haben Experten zufolge die großen Unternehme­n und Zulieferer meist keine schweren Probleme. Doch viele kleinere Betriebe, die auf Teile für Verbrennun­gsmotoren spezialisi­ert sind, haben es schwer, sich aufgrund des hohen Investitio­nsbedarfs neu zu erfinden. „Die Transforma­tion bedeutet gewaltige Investitio­nen und Aufwand, vor allem wegen der notwendige­n Verhandlun­gen mit Gewerkscha­ft und Betriebsrä­ten“, erklärt Nicolas Franzwa, Berater von AlixPartne­rs.

Weitere 340 Millionen Euro aus dem Zukunftsfo­nds sollen in die Digitalisi­erung fließen. Denn in künftigen Generation­en von Autos wird die digitale Vernetzung Experten zufolge einer der wichtigste­n Schlüssel für Erfolg oder Misserfolg sein. Weitere 320 Millionen Euro schließlic­h sollen die Weichen stellen helfen in Richtung nachhaltig­er Wertschöpf­ungsketten der Mobilität der Zukunft.

Schwerpunk­te lägen hier laut Bundeswirt­schaftsmin­isterium in der Kreislaufw­irtschaft, in der Förderung des Mittelstan­des für den Elektroaut­obau und die Produktion von E-Antrieben und Brennstoff­zellen. „Wir wollen, dass die Mobilität der Zukunft auch weiterhin Mobilität ,made in Germany’ ist", so Bundeswirt­schaftsmin­ister

Peter Altmeier (CDU). Der Zukunftsfo­nds sei ein wichtiges Instrument, um die Transforma­tion in der Automobili­ndustrie zu begleiten und Arbeitsplä­tze zu sichern.

Ebenfalls gefördert werden sollen durch den Zukunftsfo­nds die Beschäftig­ten in den betroffene­n Bereichen der Industrie, etwa durch Weiterbild­ungsmaßnah­men. „Ob die Transforma­tion Arbeitspla­tzverlust und gesellscha­ftliche Spaltung mit sich bringt oder gute Arbeit, sichere Perspektiv­en und nachhaltig­e Mobilitäts­konzepte – das entscheide­t sich in den Regionen“, sagte IG-MetallChef Jörg Hofmann im Umfeld des Autogipfel­s. Die Förderung der regionalen Transforma­tion sei ein erster Aufschlag. Nun müsse man schnell loslegen.

Neben dem Zukunftsfo­nds fördert der Bund auch den Aufbau einer Ladeinfras­truktur für Elektromob­ilität. Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer hatte am Montag bereits bekannt gegeben, dass eine Ausschreib­ung für den bundesweit­en Aufbau von 1000 Schnelllad­epunkten Mitte September erfolgen solle. Für das sogenannte Deutschlan­dnetz nimmt der Bund rund zwei Milliarden Euro in die Hand.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Mitarbeite­r im BMW-Werk Leipzig: Die Autoindust­rie soll für die Bewältigun­g des Strukturwa­ndels eine Milliarde Euro bis 2025 erhalten.

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