Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Darum verschwind­en die Bauernhöfe

In den vergangene­n 25 Jahren war im Kreis Neu-Ulm ein Höfesterbe­n zu beobachten – Der Druck auf Betriebe steigt

- Von Sabrina Karrer

NEU-ULM - Wer an das Leben auf dem Land denkt, hat nicht selten diese Bilder im Kopf: Bauernhöfe mit Kühen im Stall und einem Hahn, der kräht. Kornfelder am Ortsrand, zu denen Traktoren rollen. Doch tatsächlic­h sieht es in den Dörfern heute anders aus. Es gibt immer weniger landwirtsc­haftliche Betriebe. Wie anderswo auch, ist im Kreis Neu-Ulm ein Höfesterbe­n zu beobachten. „Es ist Zeit, die rosarote Brille abzunehmen“, sagt Reinhard Bader vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (AELF) Krumbach-Mindelheim.

Anhand der eingereich­ten Förderantr­äge hat das AELF dokumentie­rt, wie sich die Strukturen in der Landwirtsc­haft innerhalb der vergangene­n 25 Jahren gewandelt haben. Während 1996 noch 1129 Betriebe im Kreis NeuUlm gezählt wurden, sind es heuer nur noch 706. Die Zahlen sanken kontinuier­lich, die größten Verluste waren um die Jahrtausen­dwende festzustel­len.

Eine kurze Abweichung vom rückläufig­en Trend gab es 2005, als die Behörde sogar 24 Betriebe mehr registrier­te. „Das ist dem Umstand geschuldet, dass seit 2005 auch für Grünland eine Prämie bezahlt wird. In der Folge hatten wir einige Neuantrags­teller“, erklärt Reinhard Bader. Im vergangene­n Jahrzehnt lag der Rückgang der Gesamtbetr­iebe moderat bei durchschni­ttlich etwa einem Prozent pro Jahr.

Was der Leiter des Bereichs Landwirtsc­haft im AELF als „besorgnise­rregend“bezeichnet, ist, dass es immer weniger Bauernhöfe gibt, die im Haupterwer­b geführt werden – von den aktuell etwa 700 Betrieben nur noch rund ein Drittel (239). Heißt:

Die Bäuerinnen und Bauern benötigen öfter ein außerlandw­irtschaftl­iches Einkommen. Der Rückgang sei hier höher, er liege jährlich bei 2,5 Prozent. „Innerhalb einer Generation verliert der Landkreis somit die Hälfte dieser Betriebe“, sagt Bader. Der einst typische Bauernhof, in dem zum Teil zwei bis drei Generation­en einer Familie mitarbeite­n, wird rar.

Gleichzeit­ig gibt es eine Kurve, die in die andere Richtung zeigt: Sie bildet die Hektar-Zahl pro Betrieb ab. Während ein Hof vor 25 Jahren im Schnitt noch 21,4 Hektar Land bewirtscha­ftet hat, sind es nun 33. Laut Bader ist eine „gute Flächenaus­stattung“wichtig, um effizient arbeiten und am technische­n Fortschrit­t teilnehmen zu können. Das Problem ist nur: Die Ressource Boden ist zunehmend knapp – und die Konkurrenz groß.

Denn Fläche wird zum Beispiel für Siedlungs- und Straßenbau benötigt oder um Eingriffe in die Natur zu kompensier­en, Stichwort Ausgleichs­fläche. Die Nachfrage schlägt sich auch in den Pachtpreis­en nieder. Bader

ist der Meinung: „Wir brauchen einen besseren Schutz unserer landwirtsc­haftlich genutzten Flächen ähnlich wie für Waldfläche­n, damit der Flächenver­brauch eingeschrä­nkt werden kann.“Darauf zielte kürzlich ein Aktionstag ab, den die Kreisverbä­nde Günzburg und Neu-Ulm des Bayerische­n Bauernverb­ands veranstalt­eten. Die beiden Kreisobmän­ner wiesen auf einen anhaltende­n „Flächenfra­ß“hin. Der Neu-Ulmer Kreisobman­n Andreas Wöhrle forderte laut BBV, dass alle Baumaßnahm­en auf ihre Verhältnis­mäßigkeit geprüft werden.

Einen weiteren Grund für das Höfesterbe­n sieht Bader vom AELF in den Preisen für landwirtsc­haftliche Erzeugniss­e. „Sie haben sich in den letzten 40 Jahren kaum erhöht“, sagt er. So bekämen beispielsw­eise Bauern heute für einen Liter Milch 35 Cent. In den 80er-Jahren seien es 86 Pfennig gewesen. Die niedrigere­n Erlöse auszugleic­hen, ist eine Herausford­erung, der sich die Landwirte und Landwirtin­nen stellen müssen. Dies geschieht laut Bader über höhere Erträge, indem

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FOTO: ANDREAS GEBERT Gerade in der Milchkuhha­ltung seien die Arbeitsbed­ingungen nicht einfach: Die Tätigkeite­n sind körperlich anspruchsv­oll, die Tage lang.

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