Baden-Württemberg von oben
Hoch hinaufsteigen statt weit wegreisen – Die schönsten Ausgucke im Süden
● er Gipfel zum Glück steht in Schömberg, mitten im Naturpark Schwarzwald Mitte/ Nord. Das Himmelsglück kann seit Juni bestiegen werden und ist Deutschlands höchster Turm in Holzbauweise. Wer auf die rund 50 Meter hohe Plattform möchte, folgt am besten der neuen Augenblick-Runde, die hinterm Kurhaus beginnt. Rund 20 Touren mit diesem Namen gibt es im Nordschwarzwald und jede besticht mit einem einzigartigen Aussichtspunkt. In der Glücksgemeinde, wie sich der Kurort gerne nennt, schlängelt sich der Weg durch den Wald. Die dichten Äste verbergen den neuen Aussichtsturm erst einmal vor neugierigen Blicken. Dafür weist eine Informationstafel am Wegesrand darauf hin, dass das Totholz hier liegen bleibt und ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen ist.
Kurz darauf lichten sich die Bäume und da steht er – der Gigant in Holz und Stahl. Man muss den Kopf schon weit in den Nacken legen, um bis zur 55 Meter hohen Spitze schauen zu können. Nach dem Drehkreuz warten über 300 Stufen darauf, erklommen zu werden. Bei den ersten wird noch eifrig mitgezählt, aber dann schweift der Blick übers Geländer und weiter über Schömberg und bis nach Stuttgart. Mitten im Bäumemeer ist die Wildline, die Hängebrücke von Bad Wildbad, zu erkennen. Die Baumwipfel des größten Naturparks in Deutschland ziehen sich bis zum Horizont. Oben angekommen sind die Schweißperlen rasch getrocknet und nach einer kurzen Verschnaufpause stellt sich die Frage: „Wie geht es wieder runter?“Neben der Treppe und dem Aufzug, der den barrierefreien Zugang ermöglicht, gibt es noch zwei weitere Alternativen. Auf 45 Meter Höhe startet die rasante Fahrt in Bauchlage mit dem „Black Forest Flying Fox“. Eine Etage tiefer steigt man in eine Art Sessellift, die „Black Forest Flyline“, und schwebt sanft auf den Boden zurück.
Ein Jahr zuvor, untergegangen im ersten Corona-Sommer, hat der
DBerblinger Turm in Ulm eröffnet. Über die Donau neigt er sich zu Ehren des Schneiders von Ulm. Der Aussichtsturm beschert der Stadt neben dem höchsten Kirchturm der Welt nun wohl auch noch den schiefsten Turm.
Die Spindeltreppe sieht ganz schön schräg aus! Ihre Neigung beträgt auch zehn Prozent. Der wesentlich bekanntere Schiefe Turm von Pisa neigt sich gerade einmal um vier Prozent. Anlässlich des 250. Geburtstags von Albrecht Ludwig Berblinger am 24. Juni 2020, des risikofreudigen Schneidermeisters aus Ulm, wurde das 20 Meter hohe Highlight nach der Idee des Künstlerduos Brunner und Ritz an der Adlerbastei errichtet. Die ersten Treppen kosten etwas Überwindung. Das gehört so, denn der Besteiger soll zumindest einen Eindruck bekommen, wie sich der Schneider hier an dieser Stelle auf dem 20 Meter hohen Podest auf der Stadtmauer gefühlt haben muss. Sein Flugversuch über die Donau endete mit dem Absturz und viel Schmach und Schande. Schwindelerregend geht es auf der Wendeltreppe nach oben. Beim Blick nach unten sieht man nicht nur das Wasser, sondern auch, dass die Treppenstufen in Konstruktion und Farbgebung in Anlehnung an Berblingers Flugapparat gestaltet sind – in Rot und Weiß. Aus den Lautsprechern wispert es und auch akustisch geht es zurück in die Vergangenheit und in die Szenerie des mutigen Flugversuchs.
Vor lauter Bäumen sieht man vom Schönbuchturm den Wald nicht mehr. Kein Wunder, der Besuchermagnet steht seit 2018 in einem der waldreichsten Naturparks von Deutschland – dem Schönbuch zwischen Tübingen und Stuttgart.
Aus 30 Meter Höhe schweift der Blick über die Wipfel der Bäume, die im Wind hin und her schaukeln. Zwar ist der Schönbuchturm nur 35 Meter hoch, aber das 360-Grad-Panorama bis zum Schwarzwald und dem Heckengäu ist bewundernswert. Der Aufstieg hat sich gelohnt und der Puls beruhigt. Hier, mitten im Wald, legt sich eine angenehme Ruhe über den Betrachter. Bereits 1972 wurde das Gebiet rundherum zum ersten Naturpark in BadenWürttemberg erklärt – mit 86 Prozent Waldanteil. Neben Rotwild und zahlreichen Insektenarten gibt es sieben Spechtarten, unter anderem den Wendehals, sowie 16 Fledermausarten. Eine weitere Besonderheit sind die über 240 Kleindenkmale, zu denen Steinkreuze, Soldatengräber und Brunnen zählen. Die filigran wirkende Konstruktion aus Lärchenkernholz und Stahl steht auf dem höchsten Punkt des Naturparks, auf dem Stellberg bei Herrenberg. Mächtige Stahlseile halten sie.
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