Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die nächste Streikwell­e rollt an

Neuer Ausstand der Lokführer im Personenve­rkehr ab Montag – Keine Aussicht auf Entschärfu­ng des Konflikts

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Pendler und Bahnreisen­de müssen sich auf einen holprigen Start in die neue Woche einstellen. Ab Montagfrüh, 2.00 Uhr, legen die Lokführer erneut die Arbeit nieder. Der Streik dauert bis zum Mittwochmo­rgen, 2.00 Uhr. Im Güterverke­hr beginnt der Ausstand noch früher. Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) legt die Transports­parte schon an diesem Samstag lahm. „Die Deutsche Bahn hat bisher kein Einlenken zu erkennen gegeben“, begründet GDL-Chef Claus Weselsky den zweiten Ausstand innerhalb von 14 Tagen. Er fordert ein deutlich verbessert­es Angebot von den Arbeitgebe­rn. Ansonsten kehre die GDL nicht an den Verhandlun­gstisch zurück.

Da die Fronten auf beiden Seiten verhärtet sind, kündigt Weselsky schon weitere Arbeitskäm­pfe an. Sollte es kein Angebot geben, will die GDL dann noch länger und auch über ein Wochenende hinweg streiken. Das träfe den Reiseverke­hr in den Ferien besonders stark. Bei der Bahn sorgt die neuerliche Ankündigun­g für Ärger. „Ein Tarifpartn­er verweigert sich permanent“, wirft Personalvo­rstand Martin Seiler der GDL vor. Die Gewerkscha­ft trage ihren Kampf um eine Ausweitung und mehr Einfluss auf dem Rücken der Fahrgäste und Kunden im Güterverke­hr aus. Seiler hält eine Einigung am Verhandlun­gstisch für möglich.

Doch für Gespräche setzt die GDL ein deutlich besseres Angebot voraus. Bisher bieten die Arbeitgebe­r 3,2 Prozent mehr Lohn in zwei Schritten an. In diesem Jahr würde es danach eine Nullrunde geben, im kommenden Jahr 1,5 Prozent und 2023 noch einmal 1,7 Prozent mit einer Laufzeit bis Mitte 2024.

Eine Nullrunde in diesem Jahr lehnt Weselsky aber rundweg ab. Außerdem will die GDL noch eine Corona-Prämie von 600 Euro, den Schutz der Betriebsre­nten sowie Verbesseru­ngen bei der Arbeitszei­t durchsetze­n. Nachzugebe­n könnte die Arbeitgebe­r teuer zu stehen kommen. Denn in diesem Falle könnte die größere Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) ihren im vergangene­n Jahr abgeschlos­senen Tarifvertr­ag nachverhan­deln und mehr als damals heraushole­n. EVGChef

Klaus-Dieter Hommel hat schon angekündig­t, dies notfalls auch mit einem Arbeitskam­pf durchzuset­zen.

Eine weitere Forderung verleiht dem Konflikt die eigentlich­e Schärfe. Der Forderungs­katalog beinhaltet auch einen organisati­onspolitis­chen Punkt. Die GDL will nicht mehr nur für das Zugpersona­l Tarife aushandeln, sondern auch für die Beschäftig­ten an den Stationen, dem Netz, der Energietoc­hter oder den Werkstätte­n. In diesen Betriebste­ilen gelten die Tarifvertr­äge der EVG. Das Tarifeinhe­itsgesetz (TEG) sieht vor, dass in jedem Betrieb nur der Vertrag der jeweils größeren Gewerkscha­ft gilt und das ist in diesem Fall die EVG und nicht die GDL. Praktisch bedeutet dies, dass die GDL-Tarife nur in 16 der 300 Bahnbetrie­be zur Anwendung kommen sollen.

Eine ähnliche Konstellat­ion gab es schon 2014, als die Gewerkscha­ft in insgesamt acht Streikwell­en die Ausweitung ihrer Zuständigk­eit von den Lokführern auf das Zugpersona­l durchsetze­n konnte. Streiken ist für Weselsky auch in diesem Jahr wieder ein legitimes Mittel. „Es ist rechtmäßig, es ist zulässig, es ist verhältnis­mäßig“, sagt er. Bisher hat die Bahn noch nicht versucht, den Arbeitskam­pf

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FOTO: CHRISTOPH SOEDER/DPA Ein Lokführer sitzt am Berliner Hauptbahnh­of in seinem Führerstan­d: Ab Montagfrüh, 2.00 Uhr, legen die Lokführer erneut die Arbeit nieder.
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FOTO: IMAGO IMAGES GDL-Chef Claus Weselsky.

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