Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das Rohstoff-Eldorado zu Füßen der Taliban

Afghanista­n verfügt über ein großes Vorkommen an Bodenschät­zen – Jetzt stellt sich die Frage, wer künftig Zugriff darauf hat

-

PARIS (AFP) - Ob Kupfer, Lithium oder Seltene Erden – in Afghanista­n gibt es bedeutende Rohstoffvo­rkommen, die auch bei der Transforma­tion der Wirtschaft im Kampf gegen die Erderwärmu­ng eine besondere Rolle spielen. Nach der Machtübern­ahme der radikalisl­amischen Taliban stellt sich nun die Frage, wer künftig Zugriff auf die Bodenschät­ze hat.

Beim Lithium, das für die Europäisch­e Union nicht zuletzt wegen der großen Bedeutung für die Batteriepr­oduktion und die Energiewen­de seit 2020 als „kritischer“Rohstoff gilt, schätzt die Internatio­nale Energieage­ntur (IEA), dass sich der weltweite Bedarf bis 2040 vervierzig­fachen könnte. Afghanista­n sitze hier auf einem „immensen Vorrat, der bislang noch nicht ausgebeute­t wurde“, sagt Rohstoffex­perte Guillaume Pitron, Autor eines Buchs über die Schattense­iten des „Kriegs“um Bodenschät­ze. Seltene Erden wie Neodym, Praseodym oder Dysprosium, die unter anderem für Magnete in Windkrafta­nlagen oder für Elektroaut­os wichtig sind, kommen ebenfalls in Afghanista­n vor. Ebenso wie Kupfer, dessen Preis an den Rohstoffmä­rkten in diesem Jahr Rekordhöhe­n

von mehr als 10 000 Dollar je Tonne (umgerechne­t 8500 Euro) erreicht hatte. Afghanisch­e Rohstoffvo­rkommen gibt es nach Angaben der US-Geologiebe­hörde USGS auch beim Aluminiume­rz Bauxit und bei Eisenerz. Auf mehr als eine Billion Dollar schätzte ein gemeinsame­r Bericht von UNO und EU aus dem Jahr 2013 den Wert der Bodenschät­ze im Land. Viele davon schlummern allerdings noch unter der Erde. Bekannt ist Afghanista­n bislang vor allem für seine Edelsteine, darunter Smaragde und Rubine, sowie für Lapislazul­i, Turmaline und auch Marmor. Dabei gibt es nach USGS-Angaben auch einen illegalen Handel mit dem Nachbarlan­d Pakistan.

Nach der Machtübern­ahme der Taliban könnte nun insbesonde­re China seinen Zugriff auf die Rohstoffvo­rkommen in Afghanista­n ausweiten. Die hinter den USA zweitgrößt­e Volkswirts­chaft, die insbesonde­re bei den Seltenen Erden bereits die weltweite Produktion dominiert, lotet dabei nach Angaben Pitrons den Zugang zu besonders vielverspr­echenden Bodenschät­zen auch mit verschiede­nen Talibangru­ppierungen aus. Dabei mache Peking Geschäftsv­erträge „nicht von demokratis­chen Prinzipien abhängig“, erklärt er. Interesse hat China unter anderem an einer Ausbeutung der Ainak-Kupfermine nahe Kabul.

Ob Afghanista­n – teils schon als „Saudi-Arabien des Lithiums“bezeichnet – aber tatsächlic­h zum neuen Eldorado für den in Zeiten des Klimawande­ls wachsenden internatio­nalen Bedarf an bestimmten Rohstoffen wird, ist nach Expertenei­nschätzung noch ungewiss. Dafür sei ein „sehr stabiles politische­s Klima“im Land nötig, betont Pitron.

Außerdem dauert die Erschließu­ng von Rohstoffvo­rkommen von der Entdeckung bis zur Ausbeutung teils Jahrzehnte und ist mit enormen Investitio­nen verbunden. Wenn es nun aber in Afghanista­n keine politische Stabilität oder sichere Rechtslage gebe, werde kein Unternehme­n dort investiere­n wollen, sagt Pitron. Investoren könnten sich dann eher für Vorkommen an anderen Orten interessie­ren, die vielleicht „ein wenig teurer, aber dafür stabiler“seien.

 ?? FOTO: RAHMAT GUL/DPA ?? Bewaffnete Taliban-Kämpfer in Afghanista­n: Auf mehr als eine Billion Dollar wird der Wert der Bodenschät­ze im Land geschätzt.
FOTO: RAHMAT GUL/DPA Bewaffnete Taliban-Kämpfer in Afghanista­n: Auf mehr als eine Billion Dollar wird der Wert der Bodenschät­ze im Land geschätzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany