Wasserstoffzüge auf der Donautalbahn?
Im Fokus liegt die Strecke zwischen Ulm und Munderkingen – Es gibt Kritik an der Technik
● ULM/EHINGEN - Rollen zwischen Ulm, Ehingen, Munderkingen und weiter bis nach Tuttlingen auf der Donautalbahn mittelfristig Züge, die durch Wasserstoff, durch eine Brennstoffzelle, angetrieben werden? Diese, sowie ebenfalls ins Auge gefasste batterie-elektrische Züge, hätten zwei wesentliche Vorteile gegenüber den aktuell eingesetzten Dieselloks: Sie würden das Klima schützen und das Ganze wäre günstiger zu haben, als wenn eigens neue Oberleitungen errichtet werden müssten.
Vor wenigen Tagen teilte das Landesverkehrsministerium mit, dass es eine entsprechende Untersuchung in Auftrag gegeben habe. Es soll die Frage geklärt werden: Was ist günstiger und praktischer für bestimmte Schienenstrecken – die Elektrifizierung (sprich: Oberleitungen) oder Fahrzeuge mit alternativen Antrieben?
Die Studie, deren Ergebnis im kommenden Jahr vorliegen soll, nimmt landesweit 16 nicht-elektrifizierte Strecken in den Fokus. Unter anderem zwei hiesige Teilstrecken der Donautalbahn: Ulm – Munderkingen und Munderkingen – Herbertingen.
Als Idealzustand einer Zugstrecke gilt noch immer ihre elektrifizierte Form, unlängst wurden die Elektrifizierungs-Arbeiten der Südbahn zwischen Ulm, Biberach und Ravensburg
beendet. Im Dezember sollen hier erstmals Züge nach Fahrplan verkehren, die ihren „Saft“aus der Oberleitung saugen.
Die Donautalbahn zwischen Ulm, Ehingen und Tuttlingen hingegen gilt als ziemlich antiquiert. Nicht nur verkehren hier immer noch Dieselloks, auch ist die Strecke kaum zweigleisig ausgebaut. Immerhin Ersteres könnten Züge mit „alternativen Antrieben“lösen. Denn bis eine Strecke elektrifiziert ist, können Jahrzehnte vergehen (siehe Südbahn). Außerdem ist eine solche teuer (die Südbahn-Gemeinden mussten sich finanziell beteiligen). Und einen Plan, bis wann die Donautalbahn elektrifiziert sein könnte, gibt es derzeit auch noch gar nicht. Status aktuell: Im Elektrifizierungskonzept wird die Donautalbahn in der Kategorie 3 eingeordnet – „langfristiger Bedarf/ fahrzeugseitige Lösungen“.
Diese „fahrzeugseitigen Lösungen“könnten den Einsatz von Wasserstoff-Hybrid(H2MU), von Oberleitungs-/Batterie-Hybridzügen (BEMU) und von Dieselhybridzügen bedeuten. Dies wird nun „auf Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit“untersucht. Je nach Option seien noch zusätzliche Infrastruktur wie etwa Wasserstofftankstellen oder Oberleitungsinseln erforderlich. Nicht zuletzt würden auch die CO2Emissionen der einzelnen Optionen verglichen. Denn das ist der Anlass der Studie (und nicht die Verbesserung des Schienenverkehrs für die Passagiere, was auf der Donautalbahn eigentlich auch einen zweigleisigen Ausbau bedeuten müsste): „Der Schienenverkehr soll noch klimafreundlicher werden und lokal-emissionsfrei verkehren“, so das Verkehrsministerium unverblümt in seiner Mitteilung. Erste Konsequenzen wurden unlängst gezogen: Das Land schafft gar keine neuen Dieselzüge mehr an.
Gänzlich Neuland betritt das Verkehrsministerium damit nicht. Seit Kurzem rollt auf der Zollern-AlbBahn ein Brennstoffzellenzug des Typs iLint (im Probetrieb). Und im Netz 8 „Ortenau“gehen ab Dezember 2023 batterie-elektrische Fahrzeuge in den Alltagsbetrieb.
Neben der Donautalbahn werden in der Region weitere Strecken, die noch nicht elektrifiziert sind, im Zuge der Studie ins Auge gefasst: Aulendorf – Kißlegg, Sigmaringen – Aulendorf und Nürtingen – Neuffen.
Sollte die Donautalbahn tatsächlich zum Zug kommen und irgendwann klimafreundliche Züge von Ulm bis nach Tuttlingen rollen, würde dies das Klima sicher freuen. Ob den Fahrgästen damit geholfen wäre, scheint derzeit aber unklar. Der Interessenverband „Initiative Bodensee S-Bahn“(IBSB), dessen Name stark erinnert an die in der Region forcierte Regio-S-Bahn, hat daran so seine Zweifel. Zwar begrüßt die IBSB die Abkehr vom Diesel (elektrische Züge seien „klimaschonender, wartungsärmer, wirtschaftlicher“), allerdings sei es ein Fehler, Oberleitungen durch
Züge mit alternativen Antrieben zu ersetzen.
Vor allem auch für die Donautalbahn, teilt die IBSB mit, seien Oberleitungen am besten geeignet – „zuverlässig, langlebig und kostengünstig“. Dieses Resultat hätten schon viele Untersuchungen geliefert. Alternative Antriebsarten blieben „stets lokale Insel-Lösungen“, die zudem teure Reserve-Fahrzeuge erforderten, damit solche zur richtigen Zeit am richtigen Ort und jederzeit vorhanden sind.
Sehr kritisch bewertet die IBSB die „Aufspaltung“der Donautalbahn in der Studie in insgesamt sechs Abschnitte. Neben den beiden Abschnitten zwischen Ulm und Herbertingen sollen die Bereiche Herbertingen – Sigmaringen, Sigmaringen – Fridingen, Fridingen – Tuttlingen und Tuttlingen – Immendingen untersucht werden.
Dieses Vorgehen sei „irritierend“und lasse befürchten, so die IBSB, dass auf der Donautalbahn künftig „nur noch Lokal- bzw. Regionalverkehre angeboten, attraktive überregionale Verbindungen hingegen gestrichen oder erschwert werden sollen“. Und der überregionale Güterverkehr scheine ganz aus dem Blick geraten zu sein. Aus Sicht der IBSB seien Bahnstrecken „als Einheit“für alle jetzigen und künftigen Schienenverkehre zu betrachten.