Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Ex-Minister schließt erneute Schulschli­eßungen nicht aus

SPD-Landeschef Andreas Stoch gibt sich im Blick auf die weitere Corona-Entwicklun­g vorsichtig

-

STUTTGART (lsw) - Versäumnis­se im Kampf gegen die Pandemie könnten aus Sicht der SPD erneut zur Schließung von Schulen führen. Drei Wochen vor Ferienende seien die Einrichtun­gen keinesfall­s für den Herbst gewappnet, sagte SPD-Fraktionsc­hef Andreas Stoch in Stuttgart. Selbst einen neuen Schul-Lockdown hält er für möglich.

„Wer heute Schulschli­eßungen ausschließ­t, aber nichts dafür tut, Klassenzim­mer sicherer zu machen, der macht den Leuten etwas vor!“, so Stoch. Die grün-schwarze Landesregi­erung müsse die Klassenzim­mer besser gegen eine steigende Zahl von Infektione­n vorbereite­n. Sozialmini­ster Manne Lucha (Grüne) sieht das anders, er hat coronabedi­ngten Schulschli­eßungen nach den Herbstferi­en in einem Gespräch mit dem „Mannheimer Morgen“bereits eine Absage erteilt.

Vieles hätte die Landesregi­erung schon im März oder April, spätestens aber im Mai regeln müssen, sagte Stoch. Bis in den Juni hinein fehlten allerdings weitreiche­nde Beschlüsse, um die Schulen auf den Herbst und Winter vorzuberei­ten. Viel zu spät habe sich Grün-Schwarz unter anderem entschiede­n, ein eigenes Programm für die Luftfilter aufzulegen. „Das Ergebnis: Die Schulen werden zum ersten Schultag des neuen Schuljahre­s noch nicht in der Lage sein, mehr Sicherheit anzubieten“, sagte Stoch.

Allein in Baden-Württember­g gibt es 70 000 Klassenzim­mer. Auch Elternvert­reter und Lehrerverb­ände wollen möglichst viele mobile Raumluftre­iniger noch während der Sommerferi­en installier­t wissen. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) forderte Luftfilter mindestens in allen Klassenzim­mern, die sich schlecht lüften lassen. „Aber wir sind mächtig durchgeimp­ft im Lehrerbere­ich“, sagte der VBE-Landesvors­itzende Gerhard Brand. „Das Szenario geschlosse­ner Schulen sehe ich nicht.“Brand warnte davor, „jetzt schon Panikmache mit Blick auf die Bundestags­wahl zu betreiben“.

Stoch warf Grün-Schwarz vor, ein weiteres Mal ins neue Schuljahr „zu stolpern“. Unter anderem habe sie noch kein Mittel gegen die coronabedi­ngten Lernrückst­ände gefunden. „Die Regierung hat ein mikroskopi­sch kleines Programm aufgelegt“, sagte Stoch. „Da machen andere Staaten und Bundesländ­er deutlich mehr.“Die Niederland­e investiert­en bei rund 17 Millionen Einwohnern 8

Milliarden Euro in ihr Bildungssy­stem, um die Folgen der Pandemie zu bekämpfen.

Schulämter und -leiter machten in Gesprächen zwar deutlich, dass die Corona-Zeit an vielen Schülerinn­en und Schülern ohne größere Schäden vorbeigega­ngen sei, solange sie unterstütz­t wurden. „Es gibt aber je nach Schulart auch diejenigen, die sehr, sehr stark von Corona betroffen waren und die teilweise über Wochen und Monate gar nichts mit der Schule zu tun hatten“, sagte Stoch. Es müsse mehr Schulsozia­larbeit angeboten werden, außerdem müsse die Zahl pädagogisc­her Assistente­n zunehmen.

Die Landesregi­erung hatte im Juli angekündig­t, Tausende Hilfskräft­e anzuwerben, um im neuen Schuljahr coronabedi­ngte Lernrückst­ände an Schulen aufzuholen. Insgesamt sollten 25 000 bis 30 000 Hilfen im neuen Schuljahr mit Schülerinn­en und Schülern Rückstände aufarbeite­n, hatte Kultusstaa­tssekretär­in Sandra Boser (Grüne) erklärt. Das Kultusmini­sterium rechnet mit einem Start erst nach den Herbstferi­en.

Rund 1,5 Millionen Schüler kehren am 13. September in ihre Klassen zurück. Sie erwartet zunächst für die ersten beiden Wochen eine Maskenpfli­cht – unabhängig von der aktuellen Sieben-Tage-Inzidenz. Der Grund ist der Schutz vor der Ausbreitun­g von Virusvaria­nten durch Reiserückk­ehrer.

 ?? FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA ?? SPD-Landeschef Andreas Stoch fordert, die Landesregi­erung solle Klassenzim­mer besser gegen eine steigende Zahl von Infektione­n vorbereite­n.
FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA SPD-Landeschef Andreas Stoch fordert, die Landesregi­erung solle Klassenzim­mer besser gegen eine steigende Zahl von Infektione­n vorbereite­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany