Schwäbische Zeitung (Ehingen)

GIZ zahlt bleibewill­igen Ortskräfte­n Jahresgeha­lt

Entwicklun­gshilfeage­ntur will afghanisch­e Mitarbeite­r auch vor Ort unterstütz­en – Vorstoß stößt auf Kritik

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BERLIN (dpa) - Die deutsche Entwicklun­gshilfeage­ntur GIZ zahlt afghanisch­en Ortskräfte­n, die das Land nicht verlassen wollen, ein Jahresgeha­lt im Voraus. Einen entspreche­nden „Spiegel“-Bericht bestätigte das Entwicklun­gsminister­ium am Sonntag. Es machte aber auch deutlich, dass die afghanisch­en Mitarbeite­r damit nicht zum Bleiben gedrängt werden sollen. Aus rechtliche­n Gründen müssten sie zwar im Gegenzug versichern, sich nicht in das

Programm für die Rückführun­g von Ortskräfte­n aufnehmen zu lassen. „Sollten die Ortskräfte aber ihre Meinung ändern, insbesonde­re wenn sich die Gefährdung­slage ändert, dann können sie sich immer noch auf die Ausreiseli­ste setzen lassen“, sagte ein Ministeriu­mssprecher.

Für die Deutsche Gesellscha­ft für Internatio­nale Zusammenar­beit (GIZ) waren bis zur Machtübern­ahme der Taliban noch rund 1100 afghanisch­e Mitarbeite­r tätig. Kurz nach dem Umsturz vor einer Woche setzte die Bundesregi­erung die Entwicklun­gshilfe komplett aus. Die afghanisch­en Mitarbeite­r können sich nun entscheide­n, ob sie auf einen der Evakuierun­gsflüge vom Flughafen Kabul wollen oder nicht. Diejenigen, die bleiben, bekommen das Jahresgeha­lt, obwohl sie faktisch keine Beschäftig­ung mehr haben. Alle afghanisch­en Ortskräfte würden „unbürokrat­isch unterstütz­t – finanziell und nicht-finanziell“, erklärte das Ministeriu­m.

Es gibt allerdings scharfe Kritik an diesem Verfahren. Der FDP-Entwicklun­gspolitike­r Christoph Hoffmann sagte, es sei „verächtlic­h“, wie sich die GIZ aus der Verantwort­ung stehlen wolle. Die Parlamenta­rische Geschäftsf­ührerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, nannte das Vorgehen „bitter“. „Ein weiterer Tiefpunkt im Handeln der Bundesregi­erung“, schrieb sie auf Twitter. Ähnlich äußerte sich die stellvertr­etende Grünen-Fraktionsc­hefin Agnieszka Brugger aus Ravensburg: „Das ist so übel.“

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