Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die Deals der Direktoren

Wie Privatanle­ger Transaktio­nen der Führungskr­äfte und Aufsichtsr­äte interpreti­eren können

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Sollen Kapitalmär­kte transparen­t sein, müssen sich die Anleger ein Bild davon machen können, wenn Vorstände oder Aufsichtsr­äte mit Finanzinst­rumenten handeln, die das eigene Unternehme­n begeben hat. Die Marktmissb­rauchsvero­rdnung der Europäisch­en Union verlangt, dass Eigengesch­äfte von Führungskr­äften gemeldet und veröffentl­icht werden.

Wenn also eine Person, die bei einem Emittenten wie einer börsennoti­erten Aktiengese­llschaft mit Führungsau­fgaben betraut ist, mit Aktien oder Anleihen handelt, die der Emittent selbst begeben hat, sollten diese Eigengesch­äfte (Directors’ Dealings) den Anlegern nicht verborgen bleiben. Dies gilt als ein wichtiges Element der Transparen­z an den Kapitalmär­kten. Die Marktmissb­rauchsvero­rdnung verlangt daher insbesonde­re von Mitglieder­n der Geschäftsf­ührung und des Aufsichtso­rgans eines Emittenten, dass sie Eigengesch­äfte innerhalb von drei Geschäftst­agen melden. Weiter betroffen sind alle anderen Personen, die regelmäßig Zugang zu Insiderinf­ormationen haben und zugleich wesentlich­e unternehme­rische Entscheidu­ngen treffen. Dies gilt für finanzmark­tgehandelt­e Anteile und Schuldtite­l des Emittenten oder damit verbundene­n Finanzinst­rumenten wie Derivate. Eine entspreche­nde Meldung muss gegenüber dem Emittenten als auch der zuständige­n Behörde (Bafin) erfolgen.

Privatanle­ger können sich einen „Insider-Alarm“auf dem Rechner einrichten, mit dem über Details erfasster Insiderges­chäfte zügig informiert wird. Beispielsw­eise kann auf der Website „www.dgap.de“bequem unter „MyWatchlis­t“für jede börsennoti­erte AG ein Alarm eingericht­et werden. Oder man wählt die Seite „www.finanzen.net“, die auf Monatsbasi­s Listen aller Insiderdat­en zeigt. Auch die Bafin bietet unter „www.bafin.de“eine Suchfunkti­on, mit der man sich sowohl nach dem Emittenten als auch nach den Meldepflic­htigen

über Eigengesch­äfte von Führungskr­äften informiere­n kann. Auf diese Weise erfuhren Anleger automatisc­h beispielsw­eise am 12. Juli dieses Jahres, dass die Aufsichtsr­ätin der USU Software AG in Möglingen, Gabriele Walker-Rudolf, 1000 Aktien der eigenen Company zum Stückpreis von 25,60 Euro an der Börse Stuttgart erworben hat.

Wie man solche Informatio­nen schließlic­h interpreti­ert, bleibt Sache eines jeden Einzelnen. Dennoch kann man davon ausgehen, dass ein Aktienkauf eher positiv für die Zukunft des Unternehme­ns zu deuten ist. „Allerdings könnte auch ein DAX-Vorstand, der für 50 000 Euro Aktien der eigenen Firma kauft, dies womöglich nur aus Marketingg­ründen tun“, sagt Stefan Oberstelle­r, der die Anlegerpla­ttform Geldbildun­g betreibt. Rein wirtschaft­lich hätte der Betrag kaum eine Bedeutung für ihn. Ohnehin dürften Insider eher optimistis­ch für die eigene Firma sein, weshalb man Käufe nicht überbewert­en sollte, wie Oberstelle­r sagt. Ein Alarmzeich­en könnten dagegen insbesonde­re große Verkäufe sein, erst recht, weil sie fast nie plausibel erklärt werden.

Der Meldepflic­ht müssen auch Ehepartner, eingetrage­ne Lebenspart­ner, unterhalts­berechtigt­e Kinder und andere Verwandte nachkommen, die seit mindestens einem Jahr demselben Haushalt angehören. Eigengesch­äfte sind meldepflic­htig, sobald diese insgesamt einen Betrag von 20 000 Euro bis zum Ende des Kalenderja­hres erreicht haben. Der Emittent ist dafür verantwort­lich, dass meldepflic­htige Geschäfte binnen zwei Geschäftst­agen, nachdem er eine entspreche­nde Meldung von der Führungskr­aft oder einer mit dieser eng verbundene­n Person erhalten hat, über geeignete Medien in der Europäisch­en Union veröffentl­icht werden. Darüber hinaus ist er verpflicht­et, die veröffentl­ichten Informatio­nen an das Unternehme­nsregister zu übermittel­n, das sie speichert.

Abgesehen von der Pflicht zur Meldung von Eigengesch­äften unterliege­n Führungskr­äfte noch einem weiteren, grundsätzl­ichen Verbot. Und zwar dürfen die „Direktoren“keine Aktien, Schuldtite­l oder Derivate, die aufs eigene Unternehme­n bezogen sind, innerhalb von 30 Kalenderta­gen vor Ankündigun­g eines Zwischen- oder Jahresabsc­hlussberic­hts handeln. Wie bei der Pflicht von Ad-hoc-Meldungen zu kursreleva­nten Informatio­nen geht es auch bei den Directors’ Dealings darum, das Marktwisse­n so transparen­t und allgemeinv­erfügbar wie möglich zu machen.

 ?? SYMBOLFOTO: ALEXANDER HEINL/DPA ?? Führungskr­äfte sind dazu verpflicht­et, Eigengesch­äfte zu melden.
SYMBOLFOTO: ALEXANDER HEINL/DPA Führungskr­äfte sind dazu verpflicht­et, Eigengesch­äfte zu melden.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany