Die Deals der Direktoren
Wie Privatanleger Transaktionen der Führungskräfte und Aufsichtsräte interpretieren können
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STUTTGART - Sollen Kapitalmärkte transparent sein, müssen sich die Anleger ein Bild davon machen können, wenn Vorstände oder Aufsichtsräte mit Finanzinstrumenten handeln, die das eigene Unternehmen begeben hat. Die Marktmissbrauchsverordnung der Europäischen Union verlangt, dass Eigengeschäfte von Führungskräften gemeldet und veröffentlicht werden.
Wenn also eine Person, die bei einem Emittenten wie einer börsennotierten Aktiengesellschaft mit Führungsaufgaben betraut ist, mit Aktien oder Anleihen handelt, die der Emittent selbst begeben hat, sollten diese Eigengeschäfte (Directors’ Dealings) den Anlegern nicht verborgen bleiben. Dies gilt als ein wichtiges Element der Transparenz an den Kapitalmärkten. Die Marktmissbrauchsverordnung verlangt daher insbesondere von Mitgliedern der Geschäftsführung und des Aufsichtsorgans eines Emittenten, dass sie Eigengeschäfte innerhalb von drei Geschäftstagen melden. Weiter betroffen sind alle anderen Personen, die regelmäßig Zugang zu Insiderinformationen haben und zugleich wesentliche unternehmerische Entscheidungen treffen. Dies gilt für finanzmarktgehandelte Anteile und Schuldtitel des Emittenten oder damit verbundenen Finanzinstrumenten wie Derivate. Eine entsprechende Meldung muss gegenüber dem Emittenten als auch der zuständigen Behörde (Bafin) erfolgen.
Privatanleger können sich einen „Insider-Alarm“auf dem Rechner einrichten, mit dem über Details erfasster Insidergeschäfte zügig informiert wird. Beispielsweise kann auf der Website „www.dgap.de“bequem unter „MyWatchlist“für jede börsennotierte AG ein Alarm eingerichtet werden. Oder man wählt die Seite „www.finanzen.net“, die auf Monatsbasis Listen aller Insiderdaten zeigt. Auch die Bafin bietet unter „www.bafin.de“eine Suchfunktion, mit der man sich sowohl nach dem Emittenten als auch nach den Meldepflichtigen
über Eigengeschäfte von Führungskräften informieren kann. Auf diese Weise erfuhren Anleger automatisch beispielsweise am 12. Juli dieses Jahres, dass die Aufsichtsrätin der USU Software AG in Möglingen, Gabriele Walker-Rudolf, 1000 Aktien der eigenen Company zum Stückpreis von 25,60 Euro an der Börse Stuttgart erworben hat.
Wie man solche Informationen schließlich interpretiert, bleibt Sache eines jeden Einzelnen. Dennoch kann man davon ausgehen, dass ein Aktienkauf eher positiv für die Zukunft des Unternehmens zu deuten ist. „Allerdings könnte auch ein DAX-Vorstand, der für 50 000 Euro Aktien der eigenen Firma kauft, dies womöglich nur aus Marketinggründen tun“, sagt Stefan Obersteller, der die Anlegerplattform Geldbildung betreibt. Rein wirtschaftlich hätte der Betrag kaum eine Bedeutung für ihn. Ohnehin dürften Insider eher optimistisch für die eigene Firma sein, weshalb man Käufe nicht überbewerten sollte, wie Obersteller sagt. Ein Alarmzeichen könnten dagegen insbesondere große Verkäufe sein, erst recht, weil sie fast nie plausibel erklärt werden.
Der Meldepflicht müssen auch Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, unterhaltsberechtigte Kinder und andere Verwandte nachkommen, die seit mindestens einem Jahr demselben Haushalt angehören. Eigengeschäfte sind meldepflichtig, sobald diese insgesamt einen Betrag von 20 000 Euro bis zum Ende des Kalenderjahres erreicht haben. Der Emittent ist dafür verantwortlich, dass meldepflichtige Geschäfte binnen zwei Geschäftstagen, nachdem er eine entsprechende Meldung von der Führungskraft oder einer mit dieser eng verbundenen Person erhalten hat, über geeignete Medien in der Europäischen Union veröffentlicht werden. Darüber hinaus ist er verpflichtet, die veröffentlichten Informationen an das Unternehmensregister zu übermitteln, das sie speichert.
Abgesehen von der Pflicht zur Meldung von Eigengeschäften unterliegen Führungskräfte noch einem weiteren, grundsätzlichen Verbot. Und zwar dürfen die „Direktoren“keine Aktien, Schuldtitel oder Derivate, die aufs eigene Unternehmen bezogen sind, innerhalb von 30 Kalendertagen vor Ankündigung eines Zwischen- oder Jahresabschlussberichts handeln. Wie bei der Pflicht von Ad-hoc-Meldungen zu kursrelevanten Informationen geht es auch bei den Directors’ Dealings darum, das Marktwissen so transparent und allgemeinverfügbar wie möglich zu machen.