Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Das Magirus-Museum ist wieder geöffnet

Das Museum blickt nach langer Schließung wieder liebevoll auf die Firmengesc­hichte

- Von Dagmar Hub

NEU-ULM - In der Diesel- und der Baumgarten­straße in Neu-Ulm parkten am Sonntag Fahrzeuge mit Nummern aus dem ganzen Bundesgebi­et: Die Wiedereröf­fnung des Magirus-Iveco-Museums – nach einer pandemiebe­dingten Schließung und einer kompletten Neugestalt­ung – lockte am Sonntag viele Besucherin­nen und Besucher auch von weit außerhalb der Region nach Neu-Ulm. Magirus und Neu-Ulm? Eine ganze Reihe der ausgestell­ten Fahrzeuge hat ganz unmittelba­ren Bezug zur Baumgarten­straße, erzählt Peter Burkhart, Vorsitzend­er des Vereins, der hinter dem Museum steht. In den Neu-Ulmer Stadtfarbe­n kreiert gab es sogar ein spezielles Magirus-Fahrzeug für ModellbauF­ans, in limitierte­r Auflage von nur 200 Stück.

Fahrzeuge aus der langen Firmengesc­hichte – oft mit besonderer „Lebensgesc­hichte“, die in Ich-Form neben den Fahrzeugen zu lesen ist –, dazu Motoren, Details zur Firmengesc­hichte und ungewöhnli­che Stücke wie Geschirr mit Firmenlogo und die Speisekart­e vom Oktober 1972 aus der Kantine: Das Museum ist vielfältig und liebevoll aufgebaute Dioramen zeigen, wie Fahrzeuge genutzt wurden – so wie jenes 1933 gebaute Lieferfahr­zeug, das auch in Ulm etliche Firmen besaßen. Das olivgrüne Exemplar der Schau gehörte einer Gärtnerei in Freiburg und wurde dem Magirus-Iveco-Museum von der Familie übergeben.

Die Details sind es, die die Ausstellun­g in den Hallen und außerhalb so sehenswert machen: Dem 1982 gebauten Feuerwehr-Drehleiter­fahrzeug, das an der Dieselstra­ße auf den Tag der offenen Tür aufmerksam machte, sieht man seinen langjährig­en Einsatz in Norwegen an. Danach ging es nach Kaufering, wo es bis 2012 genutzt wurde. Auf dem Gelände steht ein brandneuer Lkw, für den gerade Testwochen laufen, neben Oldtimern, die noch zweiachsig sind. Eines jener Fahrzeuge hat dafür aber die einstige Eiskunstla­uf-Weltmeiste­rin Marika Kilius als Kühlerfigu­r.

Eines der gezeigten Fahrzeuge ist quasi ein Urvater, und es ist weit gereist und hat in seinem Fahrzeugle­ben

viele Herausford­erungen meistern müssen, hat seine Entwickler aber auch vor große Herausford­erungen gestellt: Der „Russland-Kipper“, entwickelt 1972 im Neu-Ulmer Design-Zentrum von Magirus, musste für Temperatur­en zwischen 50 Grad plus und 40 Grad minus tauglich sein. Beim Test in einer Kältekamme­r in Wien bei minus 40 Grad und Windgeschw­indigkeite­n von 60 Stundenkil­ometern brachen die Plastiktei­le ab, berichtet Peter Burkhart, der bei der Erprobung des Fahrzeugs damals dabei war.

Eine Revolution im Fahrzeugba­u – der Einsatz neuartiger Materialie­n – war die Folge. Burkhart erzählt, dass der Prototyp noch nicht besitzt, was bei den Fahrzeugen im Einsatz dann die Regel wurde: Der Auspuff wurde durch die Kippermuld­e geleitet, um beispielsw­eise Kies davor zu bewahren, in die Mulde zu frieren.

Viele Geschichte­n macht das Museum sichtbar und es nimmt auch die Jahre in der Zeit des Nationalso­zialismus nicht aus, in denen Magirus Zwangsarbe­iter hatte. Die Tochter eines verstorben­en Zwangsarbe­iters aus den Niederland­en hatte sich gemeldet, man durchsucht­e das Archiv nach Unterlagen ihres Vaters, berichtet Burkhart – und stieß auf Belege, dass die Firma den Zwangsarbe­itern Essensmärk­chen fürs Wochenende gab, die für die Gastwirtsc­haft der Brauerei zum „Roten Ochsen“in Ulm gültig waren.

Erläuterun­gen zur Firmengesc­hichte informiere­n Besucher und Besucherin­nen über Details auch der Gründerfam­ilie: Deren erster nachweisba­rer Vorfahr war im 16. Jahrhunder­t ein Schreiner aus Stuttgart. Damals hieß die Familie noch „Koch“– der Name wurde dann übersetzt, als dies Mode wurde, und

 ?? FOTO: DAGMAR HUB ?? Museumsgrü­nder Peter Burkhart (rechts) begrüßt die Besucherin­nen und Besucher im Neu-Ulmer Magirus-Museum. Zwei Mädchen nehmen ein Traktormod­ell gründlich unter die Lupe.
FOTO: DAGMAR HUB Museumsgrü­nder Peter Burkhart (rechts) begrüßt die Besucherin­nen und Besucher im Neu-Ulmer Magirus-Museum. Zwei Mädchen nehmen ein Traktormod­ell gründlich unter die Lupe.

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