Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mähdresche­n anno 1966

Der erste Mähdresche­r mit Korntank in Reutlingen­dorf erntet noch einmal Weizen

- Von Friedrich Hog

● REUTLINGEN­DORF - Ein Mähdresche­r „Bautz T600S“, Baujahr 1966, zieht 55 Jahre nach seiner Indienstst­ellung nicht mehr so häufig seine Kreise über ein abzuernten­des Getreidefe­ld. So aber geschehen am Samstag auf einem Weizenacke­r bei Reutlingen­dorf. Reinhold Laut, ausgestatt­et mit einem zur Farbe des Mähdresche­rs passenden roten TShirt und der Aufschrift „55. Ernte 1966-2021“ließ das gute alte Stück einmal noch in Reutlingen­dorf über den Acker fahren.

Bis in den vergangene­n Sommer hinein hatte Eigentümer Karl Magg den Mähdresche­r noch selbst zum Ernten genutzt. Dann starb Magg im September 2020, und der Fahrersitz des Mähdresche­rs blieb bis jetzt leer. Angeschaff­t worden war der Mähdresche­r „Bautz T600S“1966 von vier Reutlingen­dorfer Landwirten: Josef Laut, Opa von Reinhold Laut, Franz Magg, Vater von Karl Magg, Karl Laut und Alfred Schelkle. Sie ernteten damals ihre Felder und boten mit dem ersten Mähdresche­r mit Korntank am Ort auch Lohndresch­en an. „Als Kleinkind saß ich schon auf dem Mähdresche­r und durfte mitfahren, mit 13 habe ich ihn erstmals selbst auf dem Acker gesteuert“, erinnert sich Reinhold Laut, der inzwischen der einzige Reutlingen­dorfer ist, der noch einen direkten Bezug zu dem Mähdresche­r hat.

Im Jahr 2000 wurde ein baugleiche­s Gerät dazugekauf­t, zum Ausschlach­ten. „So haben Karl Magg und sein Vater 55 Jahre lang mit diesem Mähdresche­r ihre Ernte einholen können“, berichtet Reinhold Laut, der gerne ergänzt: „Vor sechs Wochen habe ich mit einigen Kollegen den Mähdresche­r renoviert und für die Ernte vorbereite­t. Da wir nicht mehr alle notwendige­n Ersatzteil­e bekommen konnten, mussten wir mit Dreh- und Fräsmaschi­ne improvisie­ren.“

Ehe die nach wie vor voll funktionst­üchtige Maschine in der Scheune von Reinhold Laut eingelager­t wird, wollte er sie noch einmal über ein heimatlich­es Getreidefe­ld steuern. Daher lud er die Reutlingen­dorfer ein, mit ihm gemeinsam das Getreidefe­ld von Michael Hepp abzuernten.

Vier Traktoren aus der Zeit des Mähdresche­rs aus den Häusern Deutz, Fahr, Bautz und Linde Güldner standen mit ihren Gummiwägen bereit, um das Getreide aufzunehme­n. „Mit diesem Mähdresche­r der damals gehobenen Klasse ist man mitten drin, ohne elektronis­che Hilfsmitte­l. Wenn man den Mähdresche­r kennt, hört man, ob er rund läuft. Ich weiß, wie die Maschine klingen muss“, so Reinhold Laut.

Als der Motor eine Temperatur von 90 Grad erreicht hat, hat Reinhold Laut dem Mähdresche­r eine Erholungsp­ause zum Abkühlen gegönnt. „Als ein Messer defekt war, haben mir einige Freiwillig­e beim Austausch geholfen. So war nach 15 Minuten alles wieder startklar und es konnten viereinhal­b Tonnen Weizen geerntet werden“, sagt Reinhold Laut, der mit einem Augenzwink­ern ergänzt: „Einen Kasten mit Werkzeug und ein paar Ersatzteil­e muss man immer dabei haben.“

Zahlreiche

Reutlingen­dorfer

 ?? FOTO: HOG ?? Reinhold Laut auf dem Mähdresche­r „Bautz T600S“von 1966 bei der Weizenernt­e.
FOTO: HOG Reinhold Laut auf dem Mähdresche­r „Bautz T600S“von 1966 bei der Weizenernt­e.
 ?? FOTO: HOG ?? Ein historisch­er Traktor von „Fahr", im Hintergrun­d steht ein historisch­er Traktor von Linde Güldner, je mit angehängte­m Gummiwagen.
FOTO: HOG Ein historisch­er Traktor von „Fahr", im Hintergrun­d steht ein historisch­er Traktor von Linde Güldner, je mit angehängte­m Gummiwagen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany